Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.
Wer war froher als B. J.? Er nahm dieses Anerbieten des Predigers mit Dankbarkeit an, kam beinahe nicht aus des Predigers Hause, und saß Tag und Nacht über den kabalistischen Büchern. Dieses aber inkommodirte den Herrn Prediger ungemein; er hatte seit kurzer Zeit eine sehr hübsche junge Frau geheirathet, sein elendes Häuschen bestand aus einem einzigen Zimmer, welches zugleich Wohn- Studier- und Schlafstube war. Hier wachte also B. J. ganze Nächte durch. Seine Uebersinnlichkeit kam daher mit des Predigers Sinnlichkeiten nicht selten in Kollision. Dieser dachte folglich auf Mittel den angehenden Kabalisten auf eine gute Art loß zu werden. Er sagte ihm daher einst: hören Sie Herr B. J. Jch merke, daß es Sie zu sehr inkommodiren muß, der Bücher wegen beständig außer Jhrem Hause bei mir zuzubringen. Sie können in Gottes Nahmen dieselben einzeln mit nach Hause nehmen, und also nach ihrer Kommodität studiren. Dem B. J. war nichts willkommener als dieses. Er nahm daher von dem Prediger ein Buch nach dem andern nach Hause, und studirte darin so lange, bis er die ganze Kabala inne zu haben glaubte. Er begnügte sich nicht blos mit der Erkenntniß ihrer Prinzipien und mannigfaltigen Systeme, sondern suchte auch von diesen den gehörigen
Wer war froher als B. J.? Er nahm dieses Anerbieten des Predigers mit Dankbarkeit an, kam beinahe nicht aus des Predigers Hause, und saß Tag und Nacht uͤber den kabalistischen Buͤchern. Dieses aber inkommodirte den Herrn Prediger ungemein; er hatte seit kurzer Zeit eine sehr huͤbsche junge Frau geheirathet, sein elendes Haͤuschen bestand aus einem einzigen Zimmer, welches zugleich Wohn- Studier- und Schlafstube war. Hier wachte also B. J. ganze Naͤchte durch. Seine Uebersinnlichkeit kam daher mit des Predigers Sinnlichkeiten nicht selten in Kollision. Dieser dachte folglich auf Mittel den angehenden Kabalisten auf eine gute Art loß zu werden. Er sagte ihm daher einst: hoͤren Sie Herr B. J. Jch merke, daß es Sie zu sehr inkommodiren muß, der Buͤcher wegen bestaͤndig außer Jhrem Hause bei mir zuzubringen. Sie koͤnnen in Gottes Nahmen dieselben einzeln mit nach Hause nehmen, und also nach ihrer Kommoditaͤt studiren. Dem B. J. war nichts willkommener als dieses. Er nahm daher von dem Prediger ein Buch nach dem andern nach Hause, und studirte darin so lange, bis er die ganze Kabala inne zu haben glaubte. Er begnuͤgte sich nicht blos mit der Erkenntniß ihrer Prinzipien und mannigfaltigen Systeme, sondern suchte auch von diesen den gehoͤrigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0039" n="37"/><lb/> sie in seinem eignen Hause nach Belieben zu studiren.</p> <p>Wer war froher als <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi>? Er nahm dieses Anerbieten des Predigers mit Dankbarkeit an, kam beinahe nicht aus des Predigers Hause, und saß Tag und Nacht uͤber den kabalistischen Buͤchern.</p> <p>Dieses aber inkommodirte den Herrn Prediger ungemein; er hatte seit kurzer Zeit eine sehr huͤbsche junge Frau geheirathet, sein elendes Haͤuschen bestand aus einem einzigen Zimmer, welches zugleich Wohn- Studier- und Schlafstube war. Hier wachte also <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> ganze Naͤchte durch. Seine Uebersinnlichkeit kam daher mit des Predigers Sinnlichkeiten nicht selten in Kollision.</p> <p>Dieser dachte folglich auf Mittel den angehenden Kabalisten auf eine gute Art loß zu werden. Er sagte ihm daher einst: hoͤren Sie Herr <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> Jch merke, daß es Sie zu sehr inkommodiren muß, der Buͤcher wegen bestaͤndig außer Jhrem Hause bei mir zuzubringen. Sie koͤnnen in Gottes Nahmen dieselben einzeln mit nach Hause nehmen, und also nach ihrer Kommoditaͤt studiren.</p> <p>Dem <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> war nichts willkommener als dieses. Er nahm daher von dem Prediger ein Buch nach dem andern nach Hause, und studirte darin so lange, bis er die ganze Kabala inne zu haben glaubte. Er begnuͤgte sich nicht blos mit der Erkenntniß ihrer Prinzipien und mannigfaltigen Systeme, sondern suchte auch von diesen den gehoͤrigen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0039]
sie in seinem eignen Hause nach Belieben zu studiren.
Wer war froher als B. J.? Er nahm dieses Anerbieten des Predigers mit Dankbarkeit an, kam beinahe nicht aus des Predigers Hause, und saß Tag und Nacht uͤber den kabalistischen Buͤchern.
Dieses aber inkommodirte den Herrn Prediger ungemein; er hatte seit kurzer Zeit eine sehr huͤbsche junge Frau geheirathet, sein elendes Haͤuschen bestand aus einem einzigen Zimmer, welches zugleich Wohn- Studier- und Schlafstube war. Hier wachte also B. J. ganze Naͤchte durch. Seine Uebersinnlichkeit kam daher mit des Predigers Sinnlichkeiten nicht selten in Kollision.
Dieser dachte folglich auf Mittel den angehenden Kabalisten auf eine gute Art loß zu werden. Er sagte ihm daher einst: hoͤren Sie Herr B. J. Jch merke, daß es Sie zu sehr inkommodiren muß, der Buͤcher wegen bestaͤndig außer Jhrem Hause bei mir zuzubringen. Sie koͤnnen in Gottes Nahmen dieselben einzeln mit nach Hause nehmen, und also nach ihrer Kommoditaͤt studiren.
Dem B. J. war nichts willkommener als dieses. Er nahm daher von dem Prediger ein Buch nach dem andern nach Hause, und studirte darin so lange, bis er die ganze Kabala inne zu haben glaubte. Er begnuͤgte sich nicht blos mit der Erkenntniß ihrer Prinzipien und mannigfaltigen Systeme, sondern suchte auch von diesen den gehoͤrigen
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