Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0108" n="106"/><lb/> foͤrmig mache. <hi rendition="#b">Gott</hi> ist eine hoͤchst reine Wesenheit, und ohne Vermischung mit etwas anders. Wir muͤssen daher rein gemacht werden, und ohne einige Vermischung einiger eignen Wuͤrksamkeit. Diese Einfaͤltigkeit Gottes macht seine Reinigkeit; daher ist es nothwendig, daß unsre Einfaͤltigkeit auch unsre Reinigkeit mache. Es kann aber diese Einfaͤltigkeit nicht erworben werden, ohne nur durch die Entbloͤßung. Wann Gott ein Wesen (oder Creatur), das in seiner Beschaffenheit von seiner Wesenheit verschieden und anders ist, mit dieser seiner Wesenheit vereinigen koͤnnte, ohne solches sich vorher gleichfoͤrmig zu machen; so wuͤrde Gott aufhoͤren rein zu seyn, und wuͤrde durch diese Vermischung eine seiner Reinigkeit entgegen seyende Eigenschaft an sich nehmen, und folglicher Weise wuͤrde er sich selbst zerstoͤren durch eine Sache, die der Natur seiner Wesenheit entgegen und zuwider ist. Demnach ist es eine Nothwendigkeit, daß Gott sich gleichfoͤrmig mache die Seele, welche er mit sich vereinigen will. Gleichwie nun aber alle und jede eigne Wuͤrksamkeit der Creatur macht, daß diese Creatur allezeit in der Vielfaͤltigkeit stehet, daß sie allezeit sich selbst gleich und aͤhnlich ist, und daß sie allezeit in sich selbst versenkt bleibt: so ist es nur die Bewuͤrkung Gottes, welche das Vermoͤgen hat, die Seele <hi rendition="#b">Gott</hi> gleichfoͤrmig zu machen, und folglicherweise sie zu reinigen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0108]
foͤrmig mache. Gott ist eine hoͤchst reine Wesenheit, und ohne Vermischung mit etwas anders. Wir muͤssen daher rein gemacht werden, und ohne einige Vermischung einiger eignen Wuͤrksamkeit. Diese Einfaͤltigkeit Gottes macht seine Reinigkeit; daher ist es nothwendig, daß unsre Einfaͤltigkeit auch unsre Reinigkeit mache. Es kann aber diese Einfaͤltigkeit nicht erworben werden, ohne nur durch die Entbloͤßung. Wann Gott ein Wesen (oder Creatur), das in seiner Beschaffenheit von seiner Wesenheit verschieden und anders ist, mit dieser seiner Wesenheit vereinigen koͤnnte, ohne solches sich vorher gleichfoͤrmig zu machen; so wuͤrde Gott aufhoͤren rein zu seyn, und wuͤrde durch diese Vermischung eine seiner Reinigkeit entgegen seyende Eigenschaft an sich nehmen, und folglicher Weise wuͤrde er sich selbst zerstoͤren durch eine Sache, die der Natur seiner Wesenheit entgegen und zuwider ist. Demnach ist es eine Nothwendigkeit, daß Gott sich gleichfoͤrmig mache die Seele, welche er mit sich vereinigen will. Gleichwie nun aber alle und jede eigne Wuͤrksamkeit der Creatur macht, daß diese Creatur allezeit in der Vielfaͤltigkeit stehet, daß sie allezeit sich selbst gleich und aͤhnlich ist, und daß sie allezeit in sich selbst versenkt bleibt: so ist es nur die Bewuͤrkung Gottes, welche das Vermoͤgen hat, die Seele Gott gleichfoͤrmig zu machen, und folglicherweise sie zu reinigen.
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