Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.
Band 1. St. 3. S. 1. I. Ein merkwürdiges und schön geschriebenes Stück, das aber eher in ein Magazin zur Erziehung als zur Erfahrungsseelenkunde gehört. Einige Stellen aus den Originalbriefen des H. R. G. die man S. 8. 12. 14. hervorgesucht hat, wären hier am besten angebracht gewesen, denn sie hätten besser als Facta, einen Blick in die Seele des R. G. werfen lassen. S. 28. III. Jch erwartete von der Selbstmörderin, daß sie Schriften nachgelassen haben würde, woraus die Bewegungsgründe erhelleten, die man in ihr vermuthet. Durch die Art, wie der Fall hier erzählt wird, und durch die blos auf Wahrscheinlichkeit und Vermuthungen gegründeten Motive, verliert die ganze Geschichte an Jnteresse. Man hat eine Anekdote von einem Engländer, der sich zu Rom das Leben nahm, und ein Schreiben hinterließ, worin er als Ursache dieser Handlung, nach seinen eigenen Ausdrücken angab: daß er unmöglich der Ungeduld habe widerstehen können, zu erfahren, was das zukünftige Leben sey, und was darin vorginge.
Band 1. St. 3. S. 1. I. Ein merkwuͤrdiges und schoͤn geschriebenes Stuͤck, das aber eher in ein Magazin zur Erziehung als zur Erfahrungsseelenkunde gehoͤrt. Einige Stellen aus den Originalbriefen des H. R. G. die man S. 8. 12. 14. hervorgesucht hat, waͤren hier am besten angebracht gewesen, denn sie haͤtten besser als Facta, einen Blick in die Seele des R. G. werfen lassen. S. 28. III. Jch erwartete von der Selbstmoͤrderin, daß sie Schriften nachgelassen haben wuͤrde, woraus die Bewegungsgruͤnde erhelleten, die man in ihr vermuthet. Durch die Art, wie der Fall hier erzaͤhlt wird, und durch die blos auf Wahrscheinlichkeit und Vermuthungen gegruͤndeten Motive, verliert die ganze Geschichte an Jnteresse. Man hat eine Anekdote von einem Englaͤnder, der sich zu Rom das Leben nahm, und ein Schreiben hinterließ, worin er als Ursache dieser Handlung, nach seinen eigenen Ausdruͤcken angab: daß er unmoͤglich der Ungeduld habe widerstehen koͤnnen, zu erfahren, was das zukuͤnftige Leben sey, und was darin vorginge. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0085" n="85"/><lb/> einsichtsvollen Paͤdagogen nicht genug zur Fortsetzung aufmuntern. Man muß in dieser Art <hi rendition="#b">viel</hi> thun, wenn man <hi rendition="#b">etwas</hi> gethan haben will. Eine Menge solcher Faͤlle muß in verschiedenen Ruͤcksichten sehr nuͤtzlich seyn. </p> <p>Band 1. St. 3. S. 1. <hi rendition="#aq">I.</hi> Ein merkwuͤrdiges und schoͤn geschriebenes Stuͤck, das aber eher in ein Magazin zur <hi rendition="#b">Erziehung</hi> als zur <hi rendition="#b">Erfahrungsseelenkunde</hi> gehoͤrt. Einige Stellen aus den Originalbriefen des H. R. G. die man S. 8. 12. 14. hervorgesucht hat, waͤren hier am besten angebracht gewesen, denn sie haͤtten besser als Facta, einen Blick in die Seele des R. G. werfen lassen. </p> <p>S. 28. <hi rendition="#aq">III.</hi> Jch erwartete von der Selbstmoͤrderin, daß sie Schriften nachgelassen haben wuͤrde, woraus die Bewegungsgruͤnde erhelleten, die man in ihr vermuthet. Durch die Art, wie der Fall hier erzaͤhlt wird, und durch die blos auf Wahrscheinlichkeit und Vermuthungen gegruͤndeten Motive, verliert die ganze Geschichte an Jnteresse. Man hat eine Anekdote von einem Englaͤnder, der sich zu Rom das Leben nahm, und ein Schreiben hinterließ, worin er als Ursache dieser Handlung, nach seinen eigenen Ausdruͤcken angab: <hi rendition="#b">daß er unmoͤglich der Ungeduld habe widerstehen koͤnnen, zu erfahren, was das zukuͤnftige Leben sey, und was darin vorginge.</hi> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0085]
einsichtsvollen Paͤdagogen nicht genug zur Fortsetzung aufmuntern. Man muß in dieser Art viel thun, wenn man etwas gethan haben will. Eine Menge solcher Faͤlle muß in verschiedenen Ruͤcksichten sehr nuͤtzlich seyn.
Band 1. St. 3. S. 1. I. Ein merkwuͤrdiges und schoͤn geschriebenes Stuͤck, das aber eher in ein Magazin zur Erziehung als zur Erfahrungsseelenkunde gehoͤrt. Einige Stellen aus den Originalbriefen des H. R. G. die man S. 8. 12. 14. hervorgesucht hat, waͤren hier am besten angebracht gewesen, denn sie haͤtten besser als Facta, einen Blick in die Seele des R. G. werfen lassen.
S. 28. III. Jch erwartete von der Selbstmoͤrderin, daß sie Schriften nachgelassen haben wuͤrde, woraus die Bewegungsgruͤnde erhelleten, die man in ihr vermuthet. Durch die Art, wie der Fall hier erzaͤhlt wird, und durch die blos auf Wahrscheinlichkeit und Vermuthungen gegruͤndeten Motive, verliert die ganze Geschichte an Jnteresse. Man hat eine Anekdote von einem Englaͤnder, der sich zu Rom das Leben nahm, und ein Schreiben hinterließ, worin er als Ursache dieser Handlung, nach seinen eigenen Ausdruͤcken angab: daß er unmoͤglich der Ungeduld habe widerstehen koͤnnen, zu erfahren, was das zukuͤnftige Leben sey, und was darin vorginge.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/85>, abgerufen am 17.02.2025. |