Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.
S. 18. No. 3. Alles woran mein unsterblicher Freund M. Mendelssohn auch nur den entferntesten Antheil hat, muß interessant seyn. Gewiß dieses Stück ist es. Der Held gehört zu der zahlreichen Klasse der Wahnwitzigen aus Ehrgeiz; und ich fühle mich gezwungen zu gestehn (sollte es auch gegen einen Prinzen seyn, für den ich die tiefste Hochachtung hege, der aber in diesem Falle, wie es mir scheint, entweder gar nichts oder mehr hätte thun sollen), es war grausam, diesen Menschen mit einer Hoffnung zu körnen, die man doch gar nicht zu erfüllen dachte, und von deren Erfüllung, wie es sich von selbst verstehet, die Wiederherstellung seiner Vernunft abhing. So wie er war, hätte er der Gesellschaft nützlich seyn können. Die Worte S. 27. "Nennen Sie es Eitelkeit," die er zu Mendelssohn sagte, tragen den Stempel einer nicht gemeinen Seele. Welch ein Trost für
S. 18. No. 3. Alles woran mein unsterblicher Freund M. Mendelssohn auch nur den entferntesten Antheil hat, muß interessant seyn. Gewiß dieses Stuͤck ist es. Der Held gehoͤrt zu der zahlreichen Klasse der Wahnwitzigen aus Ehrgeiz; und ich fuͤhle mich gezwungen zu gestehn (sollte es auch gegen einen Prinzen seyn, fuͤr den ich die tiefste Hochachtung hege, der aber in diesem Falle, wie es mir scheint, entweder gar nichts oder mehr haͤtte thun sollen), es war grausam, diesen Menschen mit einer Hoffnung zu koͤrnen, die man doch gar nicht zu erfuͤllen dachte, und von deren Erfuͤllung, wie es sich von selbst verstehet, die Wiederherstellung seiner Vernunft abhing. So wie er war, haͤtte er der Gesellschaft nuͤtzlich seyn koͤnnen. Die Worte S. 27. »Nennen Sie es Eitelkeit,« die er zu Mendelssohn sagte, tragen den Stempel einer nicht gemeinen Seele. Welch ein Trost fuͤr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0071" n="71"/><lb/> Nachkommen im Jahre 2440 werden uns wacker auslachen. — Doch nein! sie werden zu weise seyn, um uͤber die Verirrungen des menschlichen Geistes, oder wohl gar des menschlichen Herzens zu lachen — sie werden vielmehr die Ausschweifungen eines Jahrhunderts beweinen, das spottet, belacht und bezweifelt, statt gruͤndlich durchzudenken, so wie wir die Barbarei, die Leichtglaͤubigkeit, und die Dummheit des mittlern Zeitalters beweinen oder belachen, je nachdem wir mehr Demokrite oder Heraklite sind. </p> <p>S. 18. No. 3. Alles woran mein unsterblicher Freund M. Mendelssohn auch nur den entferntesten Antheil hat, muß interessant seyn. Gewiß dieses Stuͤck ist es. Der Held gehoͤrt zu der zahlreichen Klasse der <hi rendition="#b">Wahnwitzigen aus Ehrgeiz;</hi> und ich fuͤhle mich gezwungen zu gestehn (sollte es auch <hi rendition="#b">gegen</hi> einen Prinzen seyn, fuͤr den ich die tiefste Hochachtung hege, der aber in diesem Falle, wie es mir scheint, entweder gar nichts oder mehr haͤtte thun sollen), es war grausam, diesen Menschen mit einer Hoffnung zu koͤrnen, die man doch gar nicht zu erfuͤllen dachte, und von deren Erfuͤllung, wie es sich von selbst verstehet, die Wiederherstellung seiner Vernunft abhing. So wie er war, haͤtte er der Gesellschaft nuͤtzlich seyn koͤnnen. Die Worte S. 27. »Nennen Sie es Eitelkeit,« die er zu Mendelssohn sagte, tragen den Stempel einer nicht gemeinen Seele. Welch ein Trost fuͤr<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0071]
Nachkommen im Jahre 2440 werden uns wacker auslachen. — Doch nein! sie werden zu weise seyn, um uͤber die Verirrungen des menschlichen Geistes, oder wohl gar des menschlichen Herzens zu lachen — sie werden vielmehr die Ausschweifungen eines Jahrhunderts beweinen, das spottet, belacht und bezweifelt, statt gruͤndlich durchzudenken, so wie wir die Barbarei, die Leichtglaͤubigkeit, und die Dummheit des mittlern Zeitalters beweinen oder belachen, je nachdem wir mehr Demokrite oder Heraklite sind.
S. 18. No. 3. Alles woran mein unsterblicher Freund M. Mendelssohn auch nur den entferntesten Antheil hat, muß interessant seyn. Gewiß dieses Stuͤck ist es. Der Held gehoͤrt zu der zahlreichen Klasse der Wahnwitzigen aus Ehrgeiz; und ich fuͤhle mich gezwungen zu gestehn (sollte es auch gegen einen Prinzen seyn, fuͤr den ich die tiefste Hochachtung hege, der aber in diesem Falle, wie es mir scheint, entweder gar nichts oder mehr haͤtte thun sollen), es war grausam, diesen Menschen mit einer Hoffnung zu koͤrnen, die man doch gar nicht zu erfuͤllen dachte, und von deren Erfuͤllung, wie es sich von selbst verstehet, die Wiederherstellung seiner Vernunft abhing. So wie er war, haͤtte er der Gesellschaft nuͤtzlich seyn koͤnnen. Die Worte S. 27. »Nennen Sie es Eitelkeit,« die er zu Mendelssohn sagte, tragen den Stempel einer nicht gemeinen Seele. Welch ein Trost fuͤr
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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