Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.
Nun hatte aber dieser Zustand eine sonderbare Wirkung auf R..: die ersten acht Tage brachte er in einer Art von gänzlicher Abspannung und Gleichgültigkeit zu, wodurch er den Zustand, den er vergeblich zu besingen gestrebt hatte, nun gewissermaßen in sich selber darstellte. Er schien aus dem Lethe getrunken zu haben, und kein Fünkchen von Lebenslust mehr bei ihm übrig zu seyn. Die letztern acht Tage aber, war er in einem Zustande, den er, wenn er ihn isoliert betrachtet, unter die glücklichsten seines Lebens zählen muß. Durch die lange fortdauernde Abspannung hatten sich allmälig die schlafenden Kräfte wieder erholt. Sein Schlummer wurde immer sanfter; durch seine Adern schien sich ein neues Leben zu verbreiten; seine jugendlichen Hofnungen erwachten wieder eine nach der andern; Ruhm und Beifall krönten ihn wieder; schöne Träume ließen ihn in eine goldne Zukunft blicken. Er war von diesem langen Schlafe wie berauscht, und fühlte sich in einem angenehmen Taumel, so oft er von dem süßen Schlummer ein wenig aufdämmerte. Sein Wachen selber war ein fortgesetzter Traum, und er hätte alles darum gegeben in diesem Zustande ewig bleiben zu dürfen.
Nun hatte aber dieser Zustand eine sonderbare Wirkung auf R..: die ersten acht Tage brachte er in einer Art von gaͤnzlicher Abspannung und Gleichguͤltigkeit zu, wodurch er den Zustand, den er vergeblich zu besingen gestrebt hatte, nun gewissermaßen in sich selber darstellte. Er schien aus dem Lethe getrunken zu haben, und kein Fuͤnkchen von Lebenslust mehr bei ihm uͤbrig zu seyn. Die letztern acht Tage aber, war er in einem Zustande, den er, wenn er ihn isoliert betrachtet, unter die gluͤcklichsten seines Lebens zaͤhlen muß. Durch die lange fortdauernde Abspannung hatten sich allmaͤlig die schlafenden Kraͤfte wieder erholt. Sein Schlummer wurde immer sanfter; durch seine Adern schien sich ein neues Leben zu verbreiten; seine jugendlichen Hofnungen erwachten wieder eine nach der andern; Ruhm und Beifall kroͤnten ihn wieder; schoͤne Traͤume ließen ihn in eine goldne Zukunft blicken. Er war von diesem langen Schlafe wie berauscht, und fuͤhlte sich in einem angenehmen Taumel, so oft er von dem suͤßen Schlummer ein wenig aufdaͤmmerte. Sein Wachen selber war ein fortgesetzter Traum, und er haͤtte alles darum gegeben in diesem Zustande ewig bleiben zu duͤrfen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0125" n="125"/><lb/> Wunsch geaͤußert hatte, daß er nur einmal ein paar Wochen lang ganz einsam zu seyn wuͤnschte. </p> <p>Nun hatte aber dieser Zustand eine sonderbare Wirkung auf R..: die ersten acht Tage brachte er in einer Art von gaͤnzlicher Abspannung und Gleichguͤltigkeit zu, wodurch er den Zustand, den er vergeblich zu besingen gestrebt hatte, nun gewissermaßen in sich selber darstellte. Er schien aus dem Lethe getrunken zu haben, und kein Fuͤnkchen von Lebenslust mehr bei ihm uͤbrig zu seyn. </p> <p>Die letztern acht Tage aber, war er in einem Zustande, den er, wenn er ihn isoliert betrachtet, unter die gluͤcklichsten seines Lebens zaͤhlen muß. </p> <p>Durch die lange fortdauernde Abspannung hatten sich allmaͤlig die schlafenden Kraͤfte wieder erholt. </p> <p>Sein Schlummer wurde immer sanfter; durch seine Adern schien sich ein neues Leben zu verbreiten; seine jugendlichen Hofnungen erwachten wieder eine nach der andern; Ruhm und Beifall kroͤnten ihn wieder; schoͤne Traͤume ließen ihn in eine goldne Zukunft blicken. Er war von diesem langen Schlafe wie berauscht, und fuͤhlte sich in einem angenehmen Taumel, so oft er von dem suͤßen Schlummer ein wenig aufdaͤmmerte. </p> <p>Sein Wachen selber war ein fortgesetzter Traum, und er haͤtte alles darum gegeben in diesem Zustande ewig bleiben zu duͤrfen. </p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> <back><lb/> </back> </text> </TEI> [125/0125]
Wunsch geaͤußert hatte, daß er nur einmal ein paar Wochen lang ganz einsam zu seyn wuͤnschte.
Nun hatte aber dieser Zustand eine sonderbare Wirkung auf R..: die ersten acht Tage brachte er in einer Art von gaͤnzlicher Abspannung und Gleichguͤltigkeit zu, wodurch er den Zustand, den er vergeblich zu besingen gestrebt hatte, nun gewissermaßen in sich selber darstellte. Er schien aus dem Lethe getrunken zu haben, und kein Fuͤnkchen von Lebenslust mehr bei ihm uͤbrig zu seyn.
Die letztern acht Tage aber, war er in einem Zustande, den er, wenn er ihn isoliert betrachtet, unter die gluͤcklichsten seines Lebens zaͤhlen muß.
Durch die lange fortdauernde Abspannung hatten sich allmaͤlig die schlafenden Kraͤfte wieder erholt.
Sein Schlummer wurde immer sanfter; durch seine Adern schien sich ein neues Leben zu verbreiten; seine jugendlichen Hofnungen erwachten wieder eine nach der andern; Ruhm und Beifall kroͤnten ihn wieder; schoͤne Traͤume ließen ihn in eine goldne Zukunft blicken. Er war von diesem langen Schlafe wie berauscht, und fuͤhlte sich in einem angenehmen Taumel, so oft er von dem suͤßen Schlummer ein wenig aufdaͤmmerte.
Sein Wachen selber war ein fortgesetzter Traum, und er haͤtte alles darum gegeben in diesem Zustande ewig bleiben zu duͤrfen.
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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