Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.
Diese Vorstellung muß einen gewissen Grad von Stärke haben, um die Willkühr in diese Thätigkeit zu versetzen. Ueberschreitet sie denselben, so wirkt sie zu lebhaft, und es entstehet ein geschwindes undeutliches Plaudern oder auch ein Stottern; erreicht sie ihn nicht, so ist sie unvermögend die Wirkung überhaupt hervorzubringen; die Willkühr wird alsdann zwar in einer Art von Bestreben sich befinden, den Nervensaft in Bewegung zu setzen, aber da der Reiz der Vorstellung zu schwach ist; so wird es auch bloß beim unfruchtbaren Bestreben bleiben, ohne daß ein wirkliches Sprechen darauf erfolgt. Es ergiebt sich aber daraus sehr leicht, daß dieser erforderliche Grad der Vorstellung nicht unter allen Umständen derselbe seyn kann, sondern nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn muß. Nachdem diese reitzbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher sind, wird er kleiner oder größer seyn müssen. Wenn also ihre Nerven in einem widernatürlichen Zustande sich befinden, und dem gewöhnlichen Einströmen des Nervensafts zu großen Widerstand leisten, oder
Diese Vorstellung muß einen gewissen Grad von Staͤrke haben, um die Willkuͤhr in diese Thaͤtigkeit zu versetzen. Ueberschreitet sie denselben, so wirkt sie zu lebhaft, und es entstehet ein geschwindes undeutliches Plaudern oder auch ein Stottern; erreicht sie ihn nicht, so ist sie unvermoͤgend die Wirkung uͤberhaupt hervorzubringen; die Willkuͤhr wird alsdann zwar in einer Art von Bestreben sich befinden, den Nervensaft in Bewegung zu setzen, aber da der Reiz der Vorstellung zu schwach ist; so wird es auch bloß beim unfruchtbaren Bestreben bleiben, ohne daß ein wirkliches Sprechen darauf erfolgt. Es ergiebt sich aber daraus sehr leicht, daß dieser erforderliche Grad der Vorstellung nicht unter allen Umstaͤnden derselbe seyn kann, sondern nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn muß. Nachdem diese reitzbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher sind, wird er kleiner oder groͤßer seyn muͤssen. Wenn also ihre Nerven in einem widernatuͤrlichen Zustande sich befinden, und dem gewoͤhnlichen Einstroͤmen des Nervensafts zu großen Widerstand leisten, oder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0003" n="3"/><lb/> sie mag nun von selbst in uns oder durch aͤußere Veranlassung entstehen, vorher in unserer Seele gegenwaͤrtig sey, welche alsdann unsere Willkuͤhr rege macht, und sie bestimmt, in die Nerven der Sprachmuskeln den Nervensaft gerade so hin zu bewegen, als es die Aussprache des ihr entsprechenden Wortes erfordert. </p> <p>Diese Vorstellung muß einen gewissen Grad von Staͤrke haben, um die Willkuͤhr in diese Thaͤtigkeit zu versetzen. Ueberschreitet sie denselben, so wirkt sie zu lebhaft, und es entstehet ein geschwindes undeutliches Plaudern oder auch ein <hi rendition="#b">Stottern;</hi> erreicht sie ihn nicht, so ist sie unvermoͤgend die Wirkung uͤberhaupt hervorzubringen; die Willkuͤhr wird alsdann zwar in einer Art von Bestreben sich befinden, den Nervensaft in Bewegung zu setzen, aber da der Reiz der Vorstellung zu schwach ist; so wird es auch bloß beim unfruchtbaren Bestreben bleiben, ohne daß ein wirkliches Sprechen darauf erfolgt. </p> <p>Es ergiebt sich aber daraus sehr leicht, daß dieser erforderliche Grad der Vorstellung nicht unter allen Umstaͤnden derselbe seyn kann, sondern nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn muß. Nachdem diese reitzbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher sind, wird er kleiner oder groͤßer seyn muͤssen. Wenn also ihre Nerven in einem widernatuͤrlichen Zustande sich befinden, und dem gewoͤhnlichen Einstroͤmen des Nervensafts zu großen Widerstand leisten, oder<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [3/0003]
sie mag nun von selbst in uns oder durch aͤußere Veranlassung entstehen, vorher in unserer Seele gegenwaͤrtig sey, welche alsdann unsere Willkuͤhr rege macht, und sie bestimmt, in die Nerven der Sprachmuskeln den Nervensaft gerade so hin zu bewegen, als es die Aussprache des ihr entsprechenden Wortes erfordert.
Diese Vorstellung muß einen gewissen Grad von Staͤrke haben, um die Willkuͤhr in diese Thaͤtigkeit zu versetzen. Ueberschreitet sie denselben, so wirkt sie zu lebhaft, und es entstehet ein geschwindes undeutliches Plaudern oder auch ein Stottern; erreicht sie ihn nicht, so ist sie unvermoͤgend die Wirkung uͤberhaupt hervorzubringen; die Willkuͤhr wird alsdann zwar in einer Art von Bestreben sich befinden, den Nervensaft in Bewegung zu setzen, aber da der Reiz der Vorstellung zu schwach ist; so wird es auch bloß beim unfruchtbaren Bestreben bleiben, ohne daß ein wirkliches Sprechen darauf erfolgt.
Es ergiebt sich aber daraus sehr leicht, daß dieser erforderliche Grad der Vorstellung nicht unter allen Umstaͤnden derselbe seyn kann, sondern nach der verschiedenen Beschaffenheit der Sprachorgane verschieden seyn muß. Nachdem diese reitzbarer und beweglicher, oder stumpfer und unbeweglicher sind, wird er kleiner oder groͤßer seyn muͤssen. Wenn also ihre Nerven in einem widernatuͤrlichen Zustande sich befinden, und dem gewoͤhnlichen Einstroͤmen des Nervensafts zu großen Widerstand leisten, oder
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/3>, abgerufen am 07.07.2024. |