Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.
Dabei besuchte er nun fleißig die Universitätsbibliothek, wo er einen besondern Gefallen daran fand, des du Halde Beschreibung von China zu studiren, und sehr viel Zeit damit verschwendete. Gerade damals erschien auch: Siegwart, eine Klostergeschichte, und er las mit seinem Freunde N... das Buch zu mehrernmalen durch, und beide thaten sich bei der entsetzlichsten Langenweile einen gewissen Zwang an, in der einmal angefangenen Rührung alle drei Bände hindurch zu bleiben. Am Ende hatte Reiser nichts weniger im Sinn, als die ganze Geschichte in ein historisches Trauerspiel zu bringen, wozu er wirklich allerlei Entwürfe machte, und die schöne Zeit damit verschwendete. Wenn es ihm denn nicht wie er wünschte gerathen wollte, so hatte er nach jeder vergebenen Anstrengung dieser Art, die trübseeligsten und widrigsten Stunden, die man sich nur denken kann.
Dabei besuchte er nun fleißig die Universitaͤtsbibliothek, wo er einen besondern Gefallen daran fand, des du Halde Beschreibung von China zu studiren, und sehr viel Zeit damit verschwendete. Gerade damals erschien auch: Siegwart, eine Klostergeschichte, und er las mit seinem Freunde N... das Buch zu mehrernmalen durch, und beide thaten sich bei der entsetzlichsten Langenweile einen gewissen Zwang an, in der einmal angefangenen Ruͤhrung alle drei Baͤnde hindurch zu bleiben. Am Ende hatte Reiser nichts weniger im Sinn, als die ganze Geschichte in ein historisches Trauerspiel zu bringen, wozu er wirklich allerlei Entwuͤrfe machte, und die schoͤne Zeit damit verschwendete. Wenn es ihm denn nicht wie er wuͤnschte gerathen wollte, so hatte er nach jeder vergebenen Anstrengung dieser Art, die truͤbseeligsten und widrigsten Stunden, die man sich nur denken kann. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0027" n="27"/><lb/> war, so hatte man eine Art von Zutrauen zu seinen theatralischen Einsichten, man fragte ihn um Rath, und er wurde nun durch seine Theilnehmung an der Komoͤdie sowohl, als durch seine geschriebenen Gedichte unter den Studenten noch mehr bekannt, die ihn mit Hoͤflichkeit begegneten, welches ihm fuͤr seine Lage auf der Schule in H.... ein angenehmer Ersatz war. </p> <p>Dabei besuchte er nun fleißig die Universitaͤtsbibliothek, wo er einen besondern Gefallen daran fand, des <hi rendition="#b">du Halde</hi> Beschreibung von China zu studiren, und sehr viel Zeit damit verschwendete. </p> <p>Gerade damals erschien auch: Siegwart, eine Klostergeschichte, und er las mit seinem Freunde N... das Buch zu mehrernmalen durch, und beide thaten sich bei der entsetzlichsten Langenweile einen gewissen Zwang an, in der einmal angefangenen Ruͤhrung alle drei Baͤnde hindurch zu bleiben. </p> <p>Am Ende hatte Reiser nichts weniger im Sinn, als die ganze Geschichte in ein historisches Trauerspiel zu bringen, wozu er wirklich allerlei Entwuͤrfe machte, und die schoͤne Zeit damit verschwendete. </p> <p>Wenn es ihm denn nicht wie er wuͤnschte gerathen wollte, so hatte er nach jeder vergebenen Anstrengung dieser Art, die truͤbseeligsten und widrigsten Stunden, die man sich nur denken kann.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0027]
war, so hatte man eine Art von Zutrauen zu seinen theatralischen Einsichten, man fragte ihn um Rath, und er wurde nun durch seine Theilnehmung an der Komoͤdie sowohl, als durch seine geschriebenen Gedichte unter den Studenten noch mehr bekannt, die ihn mit Hoͤflichkeit begegneten, welches ihm fuͤr seine Lage auf der Schule in H.... ein angenehmer Ersatz war.
Dabei besuchte er nun fleißig die Universitaͤtsbibliothek, wo er einen besondern Gefallen daran fand, des du Halde Beschreibung von China zu studiren, und sehr viel Zeit damit verschwendete.
Gerade damals erschien auch: Siegwart, eine Klostergeschichte, und er las mit seinem Freunde N... das Buch zu mehrernmalen durch, und beide thaten sich bei der entsetzlichsten Langenweile einen gewissen Zwang an, in der einmal angefangenen Ruͤhrung alle drei Baͤnde hindurch zu bleiben.
Am Ende hatte Reiser nichts weniger im Sinn, als die ganze Geschichte in ein historisches Trauerspiel zu bringen, wozu er wirklich allerlei Entwuͤrfe machte, und die schoͤne Zeit damit verschwendete.
Wenn es ihm denn nicht wie er wuͤnschte gerathen wollte, so hatte er nach jeder vergebenen Anstrengung dieser Art, die truͤbseeligsten und widrigsten Stunden, die man sich nur denken kann.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/27>, abgerufen am 27.07.2024. |