Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.Die Erscheinungen, die ganz wider den Lauf der Natur sind und sich selten zutragen, geschehen doch eben so nothwendig, als die, welche ganz natürlich und sich täglich ereignen. Unter den unendlichen Verbindungen, welche die Natur macht, müssen sich auch die ausserordentlichsten Zusammensetzungen befinden, wie es auch würklich ist: freilich aber viel seltner, als andere, die ganz denen Gesetzen der Natur gemäß zu seyn scheinen. Man kann daher dafür stehen, und vielleicht mit Gewisheit, daß von einer Million oder tausend Millionen Kindern, welche gebohren werden, eins mit zwei Köpfen, oder vier Füssen mit zerbrochenen Gliedern, oder mit der sonderbarsten Ungestalt, welche man nur annehmen will, zur Welt kommen wird. Es geht daher ganz natürlich zu, ohne daß die Einbildungskraft der Mutter daran Theil hat, daß ein Kind mit zerbrochenen Gliedern zur Welt kommt: ja es ist sogar möglich, daß dieses mehr als einmal sich zuträgt, nur daß auf eine ganz natürliche Weise die Frau, die mit einem solchen Kinde hat niederkommen sollen, dem Rädern des Verbrechers zugesehen hat, und daß man denn daher von dem, was sie gesehen hatte, und von ihrer erhitzten Einbildungskraft die unvollkommene Bildung des Kindes hergeschrieben hat." Jn wie fern diese Meinung des grossen Beobachters gegründet und die Beweise richtig und Die Erscheinungen, die ganz wider den Lauf der Natur sind und sich selten zutragen, geschehen doch eben so nothwendig, als die, welche ganz natuͤrlich und sich taͤglich ereignen. Unter den unendlichen Verbindungen, welche die Natur macht, muͤssen sich auch die ausserordentlichsten Zusammensetzungen befinden, wie es auch wuͤrklich ist: freilich aber viel seltner, als andere, die ganz denen Gesetzen der Natur gemaͤß zu seyn scheinen. Man kann daher dafuͤr stehen, und vielleicht mit Gewisheit, daß von einer Million oder tausend Millionen Kindern, welche gebohren werden, eins mit zwei Koͤpfen, oder vier Fuͤssen mit zerbrochenen Gliedern, oder mit der sonderbarsten Ungestalt, welche man nur annehmen will, zur Welt kommen wird. Es geht daher ganz natuͤrlich zu, ohne daß die Einbildungskraft der Mutter daran Theil hat, daß ein Kind mit zerbrochenen Gliedern zur Welt kommt: ja es ist sogar moͤglich, daß dieses mehr als einmal sich zutraͤgt, nur daß auf eine ganz natuͤrliche Weise die Frau, die mit einem solchen Kinde hat niederkommen sollen, dem Raͤdern des Verbrechers zugesehen hat, und daß man denn daher von dem, was sie gesehen hatte, und von ihrer erhitzten Einbildungskraft die unvollkommene Bildung des Kindes hergeschrieben hat.« Jn wie fern diese Meinung des grossen Beobachters gegruͤndet und die Beweise richtig und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0033" n="31"/><lb/> <p>Die Erscheinungen, die ganz wider den Lauf der Natur sind und sich selten zutragen, geschehen doch eben so nothwendig, als die, welche ganz natuͤrlich und sich taͤglich ereignen. Unter den unendlichen Verbindungen, welche die Natur macht, muͤssen sich auch die ausserordentlichsten Zusammensetzungen befinden, wie es auch wuͤrklich ist: freilich aber viel seltner, als andere, die ganz denen Gesetzen der Natur gemaͤß zu seyn scheinen. Man kann daher dafuͤr stehen, und vielleicht mit Gewisheit, daß von einer Million oder tausend Millionen Kindern, welche gebohren werden, eins mit zwei Koͤpfen, oder vier Fuͤssen mit zerbrochenen Gliedern, oder mit der sonderbarsten Ungestalt, welche man nur annehmen will, zur Welt kommen wird. </p> <p>Es geht daher ganz natuͤrlich zu, ohne daß die Einbildungskraft der Mutter daran Theil hat, daß ein Kind mit zerbrochenen Gliedern zur Welt kommt: ja es ist sogar moͤglich, daß dieses mehr als einmal sich zutraͤgt, nur daß auf eine ganz natuͤrliche Weise die Frau, die mit einem solchen Kinde hat niederkommen sollen, dem Raͤdern des Verbrechers zugesehen hat, und daß man denn daher von dem, was sie gesehen hatte, und von ihrer erhitzten Einbildungskraft die unvollkommene Bildung des Kindes hergeschrieben hat.« </p> <p>Jn wie fern diese Meinung des grossen Beobachters gegruͤndet und die Beweise richtig und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0033]
Die Erscheinungen, die ganz wider den Lauf der Natur sind und sich selten zutragen, geschehen doch eben so nothwendig, als die, welche ganz natuͤrlich und sich taͤglich ereignen. Unter den unendlichen Verbindungen, welche die Natur macht, muͤssen sich auch die ausserordentlichsten Zusammensetzungen befinden, wie es auch wuͤrklich ist: freilich aber viel seltner, als andere, die ganz denen Gesetzen der Natur gemaͤß zu seyn scheinen. Man kann daher dafuͤr stehen, und vielleicht mit Gewisheit, daß von einer Million oder tausend Millionen Kindern, welche gebohren werden, eins mit zwei Koͤpfen, oder vier Fuͤssen mit zerbrochenen Gliedern, oder mit der sonderbarsten Ungestalt, welche man nur annehmen will, zur Welt kommen wird.
Es geht daher ganz natuͤrlich zu, ohne daß die Einbildungskraft der Mutter daran Theil hat, daß ein Kind mit zerbrochenen Gliedern zur Welt kommt: ja es ist sogar moͤglich, daß dieses mehr als einmal sich zutraͤgt, nur daß auf eine ganz natuͤrliche Weise die Frau, die mit einem solchen Kinde hat niederkommen sollen, dem Raͤdern des Verbrechers zugesehen hat, und daß man denn daher von dem, was sie gesehen hatte, und von ihrer erhitzten Einbildungskraft die unvollkommene Bildung des Kindes hergeschrieben hat.«
Jn wie fern diese Meinung des grossen Beobachters gegruͤndet und die Beweise richtig und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |