Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Zum Denken gehört vorzüglich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschlüpft, wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann. Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Rücksicht gewiß in der genauesten Verbindung miteinander. -- Welche unendlich feine Nüancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und nützlichen Bemerkungen ist dieß nicht für den Jugendbeobachter! Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf -- man muß einen Haufen junger Leute beisammen und oft beisammen sehn -- dann zeigen sich nach und nach eine Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschlüsse geben. Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte für die einzelnen Charaktere, woraus sich die Modifikationen derselben erklären lassen; nur muß man die Resultate nicht zu früh ziehen, und über den Sammlungen von Beobachtungen nicht ermüden. Z.
Zum Denken gehoͤrt vorzuͤglich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschluͤpft, wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann. Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Ruͤcksicht gewiß in der genauesten Verbindung miteinander. — Welche unendlich feine Nuͤancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und nuͤtzlichen Bemerkungen ist dieß nicht fuͤr den Jugendbeobachter! Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf — man muß einen Haufen junger Leute beisammen und oft beisammen sehn — dann zeigen sich nach und nach eine Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschluͤsse geben. Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte fuͤr die einzelnen Charaktere, woraus sich die Modifikationen derselben erklaͤren lassen; nur muß man die Resultate nicht zu fruͤh ziehen, und uͤber den Sammlungen von Beobachtungen nicht ermuͤden. Z. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0113" n="111"/><lb/> sollen, muͤssen,</hi> u.s.w. auf eine unertraͤgliche Weise nachschleppen lassen — und am allerbedeutendsten ist gewiß dieß Merkzeichen, wenn es sich schon in der fruͤhern Jugend oder Kindheit aͤußert. </p> <p>Zum Denken gehoͤrt vorzuͤglich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschluͤpft, wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann. </p> <p>Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Ruͤcksicht gewiß in der genauesten Verbindung miteinander. — </p> <p>Welche unendlich feine Nuͤancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und nuͤtzlichen Bemerkungen ist dieß nicht fuͤr den Jugendbeobachter! </p> <p>Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf — man muß einen Haufen junger Leute beisammen und oft beisammen sehn — dann zeigen sich nach und nach eine Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschluͤsse geben. </p> <p>Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte fuͤr die einzelnen Charaktere, woraus sich die Modifikationen derselben erklaͤren lassen; nur muß man die Resultate nicht zu fruͤh ziehen, und uͤber den Sammlungen von Beobachtungen nicht ermuͤden. </p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#b"> Z.</hi> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0113]
sollen, muͤssen, u.s.w. auf eine unertraͤgliche Weise nachschleppen lassen — und am allerbedeutendsten ist gewiß dieß Merkzeichen, wenn es sich schon in der fruͤhern Jugend oder Kindheit aͤußert.
Zum Denken gehoͤrt vorzuͤglich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschluͤpft, wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann.
Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Ruͤcksicht gewiß in der genauesten Verbindung miteinander. —
Welche unendlich feine Nuͤancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und nuͤtzlichen Bemerkungen ist dieß nicht fuͤr den Jugendbeobachter!
Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf — man muß einen Haufen junger Leute beisammen und oft beisammen sehn — dann zeigen sich nach und nach eine Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschluͤsse geben.
Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte fuͤr die einzelnen Charaktere, woraus sich die Modifikationen derselben erklaͤren lassen; nur muß man die Resultate nicht zu fruͤh ziehen, und uͤber den Sammlungen von Beobachtungen nicht ermuͤden.
Z.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/113>, abgerufen am 16.02.2025. |