Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.Zur Seelenzeichenkunde. M... in R. -- Man nannte ihn immer den Jupiter, wegen der auffallenden Aehnlichkeit seines Kopfes mit dem Kopfe des Jupiters, so wie die Alten ihn sich dachten und bildeten. -- Nichts als eine gar zu sehr hervorstehende Unterlippe und hervorstehendes Kinn machten die Bildung unvollkommen. -- Jn seinem Wesen schien kein einziger falscher Zug seyn, alles schien an ihm zu sagen, das er der Falschheit nicht bedürfe. -- Der edlere Theil seines Wesens zeichnete sich bis auf die Unterlippe, von da an senkte sich alles zum thierischen Genuß. -- Es kann wohl nicht leicht eine Bildung geben, wo der Ausdruck der ganz thierischen Natur, so stark und nahe, an den Ausdruck des Erhabensten grenzt. -- Der Vater der Götter und Menschen ist zum Stier geworden. Am Morgen hebt sich M... bis zu der zartesten Empfindung in der Kunst empor -- am Abend sucht er wieder geflissentlich das ganz Platte, Grobe Zur Seelenzeichenkunde. M... in R. — Man nannte ihn immer den Jupiter, wegen der auffallenden Aehnlichkeit seines Kopfes mit dem Kopfe des Jupiters, so wie die Alten ihn sich dachten und bildeten. — Nichts als eine gar zu sehr hervorstehende Unterlippe und hervorstehendes Kinn machten die Bildung unvollkommen. — Jn seinem Wesen schien kein einziger falscher Zug seyn, alles schien an ihm zu sagen, das er der Falschheit nicht beduͤrfe. — Der edlere Theil seines Wesens zeichnete sich bis auf die Unterlippe, von da an senkte sich alles zum thierischen Genuß. — Es kann wohl nicht leicht eine Bildung geben, wo der Ausdruck der ganz thierischen Natur, so stark und nahe, an den Ausdruck des Erhabensten grenzt. — Der Vater der Goͤtter und Menschen ist zum Stier geworden. Am Morgen hebt sich M... bis zu der zartesten Empfindung in der Kunst empor — am Abend sucht er wieder geflissentlich das ganz Platte, Grobe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0108" n="106"/><lb/><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head>Zur Seelenzeichenkunde.</head><lb/> <div n="3"> <note type="editorial"><1.> <M... in R.... in Z...></note> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref20"><note type="editorial"/>Z.</persName> </bibl> </note> <p>M... in R. — Man nannte ihn immer den Jupiter, wegen der auffallenden Aehnlichkeit seines Kopfes mit dem Kopfe des Jupiters, so wie die Alten ihn sich dachten und bildeten. — </p> <p>Nichts als eine gar zu sehr hervorstehende Unterlippe und hervorstehendes Kinn machten die Bildung unvollkommen. — </p> <p>Jn seinem Wesen schien kein einziger falscher Zug seyn, alles schien an ihm zu sagen, das er der Falschheit nicht beduͤrfe. — </p> <p>Der edlere Theil seines Wesens zeichnete sich bis auf die Unterlippe, von da an senkte sich alles zum thierischen Genuß. — </p> <p>Es kann wohl nicht leicht eine Bildung geben, wo der Ausdruck der ganz thierischen Natur, so stark und nahe, an den Ausdruck des Erhabensten grenzt. — </p> <p>Der Vater der Goͤtter und Menschen ist zum Stier geworden. </p> <p>Am Morgen hebt sich M... bis zu der zartesten Empfindung in der Kunst empor — am Abend sucht er wieder geflissentlich das ganz Platte, Grobe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0108]
Zur Seelenzeichenkunde.
M... in R. — Man nannte ihn immer den Jupiter, wegen der auffallenden Aehnlichkeit seines Kopfes mit dem Kopfe des Jupiters, so wie die Alten ihn sich dachten und bildeten. —
Nichts als eine gar zu sehr hervorstehende Unterlippe und hervorstehendes Kinn machten die Bildung unvollkommen. —
Jn seinem Wesen schien kein einziger falscher Zug seyn, alles schien an ihm zu sagen, das er der Falschheit nicht beduͤrfe. —
Der edlere Theil seines Wesens zeichnete sich bis auf die Unterlippe, von da an senkte sich alles zum thierischen Genuß. —
Es kann wohl nicht leicht eine Bildung geben, wo der Ausdruck der ganz thierischen Natur, so stark und nahe, an den Ausdruck des Erhabensten grenzt. —
Der Vater der Goͤtter und Menschen ist zum Stier geworden.
Am Morgen hebt sich M... bis zu der zartesten Empfindung in der Kunst empor — am Abend sucht er wieder geflissentlich das ganz Platte, Grobe
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