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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.

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Auffallend ist die körperliche Bewegung bei der Musik, welche man schon oft bei kleinen Kindern wahrnimmt, die sich auf eine freudige Art heben, wenn sie eine ihnen angenehme Musik hören.

Der Schall scheint gleichsam in dem Gehöre einen Punkt zu finden, wo er zurückprallt, eine andere Richtung nimmt, wodurch er sich im Körper verbreitet, und daselbst eine ihm gleichförmige Bewegung verursacht, welche sich außerhalb des Körpers dem Auge darstellt.

Der Takt scheint auf den ersten Anblick eine Sache zu seyn, die bloß den Verstand angeht, wenn man ihn aber näher betrachtet, so scheint er dem Verstande nur mehr anzugehen, als die Bemerkung des Verhältnisses der Töne in Ansehung ihrer Höhe und Tiefe.

Wenn bloß ein guter Verstand dazu gehörte, einen richtigen Takt zu halten, so müßte ein jeder, der jenen hätte, auch dieses können.

Nun findet man aber Leute, die jenen besitzen, und dieses doch nicht lernen können; und man kann es bald merken, wenn sie es zu können scheinen, daß es doch nicht andem ist, indem man an ihrem Ausdruck hört, daß sie die Nothwendigkeit davon nicht wirklich in sich fühlen, sondern dieses Gefühl nur affektiren.

Ein wahrer Musikus aber braucht seinen Verstand nicht anzustrengen, um ein richtiges Zeitmaaß zu beobachten, sondern sein Gefühl hält ihn


Auffallend ist die koͤrperliche Bewegung bei der Musik, welche man schon oft bei kleinen Kindern wahrnimmt, die sich auf eine freudige Art heben, wenn sie eine ihnen angenehme Musik hoͤren.

Der Schall scheint gleichsam in dem Gehoͤre einen Punkt zu finden, wo er zuruͤckprallt, eine andere Richtung nimmt, wodurch er sich im Koͤrper verbreitet, und daselbst eine ihm gleichfoͤrmige Bewegung verursacht, welche sich außerhalb des Koͤrpers dem Auge darstellt.

Der Takt scheint auf den ersten Anblick eine Sache zu seyn, die bloß den Verstand angeht, wenn man ihn aber naͤher betrachtet, so scheint er dem Verstande nur mehr anzugehen, als die Bemerkung des Verhaͤltnisses der Toͤne in Ansehung ihrer Hoͤhe und Tiefe.

Wenn bloß ein guter Verstand dazu gehoͤrte, einen richtigen Takt zu halten, so muͤßte ein jeder, der jenen haͤtte, auch dieses koͤnnen.

Nun findet man aber Leute, die jenen besitzen, und dieses doch nicht lernen koͤnnen; und man kann es bald merken, wenn sie es zu koͤnnen scheinen, daß es doch nicht andem ist, indem man an ihrem Ausdruck hoͤrt, daß sie die Nothwendigkeit davon nicht wirklich in sich fuͤhlen, sondern dieses Gefuͤhl nur affektiren.

Ein wahrer Musikus aber braucht seinen Verstand nicht anzustrengen, um ein richtiges Zeitmaaß zu beobachten, sondern sein Gefuͤhl haͤlt ihn

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[101/0103] Auffallend ist die koͤrperliche Bewegung bei der Musik, welche man schon oft bei kleinen Kindern wahrnimmt, die sich auf eine freudige Art heben, wenn sie eine ihnen angenehme Musik hoͤren. Der Schall scheint gleichsam in dem Gehoͤre einen Punkt zu finden, wo er zuruͤckprallt, eine andere Richtung nimmt, wodurch er sich im Koͤrper verbreitet, und daselbst eine ihm gleichfoͤrmige Bewegung verursacht, welche sich außerhalb des Koͤrpers dem Auge darstellt. Der Takt scheint auf den ersten Anblick eine Sache zu seyn, die bloß den Verstand angeht, wenn man ihn aber naͤher betrachtet, so scheint er dem Verstande nur mehr anzugehen, als die Bemerkung des Verhaͤltnisses der Toͤne in Ansehung ihrer Hoͤhe und Tiefe. Wenn bloß ein guter Verstand dazu gehoͤrte, einen richtigen Takt zu halten, so muͤßte ein jeder, der jenen haͤtte, auch dieses koͤnnen. Nun findet man aber Leute, die jenen besitzen, und dieses doch nicht lernen koͤnnen; und man kann es bald merken, wenn sie es zu koͤnnen scheinen, daß es doch nicht andem ist, indem man an ihrem Ausdruck hoͤrt, daß sie die Nothwendigkeit davon nicht wirklich in sich fuͤhlen, sondern dieses Gefuͤhl nur affektiren. Ein wahrer Musikus aber braucht seinen Verstand nicht anzustrengen, um ein richtiges Zeitmaaß zu beobachten, sondern sein Gefuͤhl haͤlt ihn

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/103>, abgerufen am 09.11.2024.