Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite


nen Beweis zu unterstützen, so scheint es ja, als ob der Beweis selbst auf schwachen Füßen stehe.

Hr. P. glaubt, "durch dergleichen Untersuchungen, sei der Nutzen gestiftet worden, daß man nicht mehr, so wie sonst, mit einer fanatischen Leichtgläubigkeit an Traumbedeutungen hänge, daß man dadurch den Mechanismus unsrer Einbildungskraft näher kennen gelernt habe; und daß dadurch dem Aberglauben wenigstens einiger Abbruch geschehen sei."

Allein durch dergleichen Untersuchungen ist schlechterdings kein Nutzen gestiftet worden; man hängt ihnen zum Trotz an Traumbedeutungen; dem Aberglauben ist nicht der mindeste Abbruch dadurch geschehen; und der Mechanismus der Einbildungskraft, läßt sich durch keine Räsonnements auseinanderlegen, wobei man selber mechanisch zu Werke geht, indem man sich damit begnügt, wenn über die Sachen nur etwas hin und her geredet wird, ohne je in Erwegung zu ziehen, daß jenseit der unübersehbaren Fläche wohl etwas liegen könne, welches von Menschengedanken noch nicht erforschet ist. --

Wenn man aber nun freilich bedenkt, wie manche Leiden der Einbildungskraft es giebt, und daß es für manche Menschen äußerst gefährlich seyn kann,


nen Beweis zu unterstuͤtzen, so scheint es ja, als ob der Beweis selbst auf schwachen Fuͤßen stehe.

Hr. P. glaubt, »durch dergleichen Untersuchungen, sei der Nutzen gestiftet worden, daß man nicht mehr, so wie sonst, mit einer fanatischen Leichtglaͤubigkeit an Traumbedeutungen haͤnge, daß man dadurch den Mechanismus unsrer Einbildungskraft naͤher kennen gelernt habe; und daß dadurch dem Aberglauben wenigstens einiger Abbruch geschehen sei.«

Allein durch dergleichen Untersuchungen ist schlechterdings kein Nutzen gestiftet worden; man haͤngt ihnen zum Trotz an Traumbedeutungen; dem Aberglauben ist nicht der mindeste Abbruch dadurch geschehen; und der Mechanismus der Einbildungskraft, laͤßt sich durch keine Raͤsonnements auseinanderlegen, wobei man selber mechanisch zu Werke geht, indem man sich damit begnuͤgt, wenn uͤber die Sachen nur etwas hin und her geredet wird, ohne je in Erwegung zu ziehen, daß jenseit der unuͤbersehbaren Flaͤche wohl etwas liegen koͤnne, welches von Menschengedanken noch nicht erforschet ist. —

Wenn man aber nun freilich bedenkt, wie manche Leiden der Einbildungskraft es giebt, und daß es fuͤr manche Menschen aͤußerst gefaͤhrlich seyn kann,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0009" n="9"/><lb/>
nen Beweis zu unterstu&#x0364;tzen, so scheint                         es ja, als ob der Beweis selbst auf schwachen Fu&#x0364;ßen stehe.</p>
          <p>Hr. <persName ref="#ref2"><note type="editorial">Pockels, Carl Friedrich</note>P.</persName> glaubt,                         »durch dergleichen Untersuchungen, sei der Nutzen gestiftet worden, daß man                         nicht mehr, so wie sonst, mit einer fanatischen Leichtgla&#x0364;ubigkeit an                         Traumbedeutungen ha&#x0364;nge, daß man dadurch den Mechanismus unsrer                         Einbildungskraft na&#x0364;her kennen gelernt habe; und daß dadurch dem Aberglauben                         wenigstens einiger Abbruch geschehen sei.«</p>
          <p>Allein durch dergleichen Untersuchungen ist schlechterdings kein Nutzen                         gestiftet worden; man ha&#x0364;ngt ihnen zum Trotz an Traumbedeutungen; dem                         Aberglauben ist nicht der mindeste Abbruch dadurch geschehen; und der                         Mechanismus der Einbildungskraft, la&#x0364;ßt sich durch keine Ra&#x0364;sonnements                         auseinanderlegen, wobei man selber mechanisch zu Werke geht, indem man sich                         damit begnu&#x0364;gt, wenn u&#x0364;ber die Sachen nur etwas hin und her geredet wird, ohne                         je in Erwegung zu ziehen, daß jenseit der unu&#x0364;bersehbaren Fla&#x0364;che wohl etwas                         liegen ko&#x0364;nne, welches von Menschengedanken noch nicht erforschet ist. &#x2014;</p>
          <p>Wenn man aber nun freilich bedenkt, wie manche Leiden der Einbildungskraft es                         giebt, und daß es fu&#x0364;r manche Menschen a&#x0364;ußerst gefa&#x0364;hrlich seyn kann,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0009] nen Beweis zu unterstuͤtzen, so scheint es ja, als ob der Beweis selbst auf schwachen Fuͤßen stehe. Hr. P. glaubt, »durch dergleichen Untersuchungen, sei der Nutzen gestiftet worden, daß man nicht mehr, so wie sonst, mit einer fanatischen Leichtglaͤubigkeit an Traumbedeutungen haͤnge, daß man dadurch den Mechanismus unsrer Einbildungskraft naͤher kennen gelernt habe; und daß dadurch dem Aberglauben wenigstens einiger Abbruch geschehen sei.« Allein durch dergleichen Untersuchungen ist schlechterdings kein Nutzen gestiftet worden; man haͤngt ihnen zum Trotz an Traumbedeutungen; dem Aberglauben ist nicht der mindeste Abbruch dadurch geschehen; und der Mechanismus der Einbildungskraft, laͤßt sich durch keine Raͤsonnements auseinanderlegen, wobei man selber mechanisch zu Werke geht, indem man sich damit begnuͤgt, wenn uͤber die Sachen nur etwas hin und her geredet wird, ohne je in Erwegung zu ziehen, daß jenseit der unuͤbersehbaren Flaͤche wohl etwas liegen koͤnne, welches von Menschengedanken noch nicht erforschet ist. — Wenn man aber nun freilich bedenkt, wie manche Leiden der Einbildungskraft es giebt, und daß es fuͤr manche Menschen aͤußerst gefaͤhrlich seyn kann,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/9
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/9>, abgerufen am 27.11.2024.