Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789."Dies ist die Geschichte meiner Verirrung. Jch überlasse Dir es nun: einen Gebrauch davon zu machen, welchen Du willst, denn ich bin von Deiner Freundschaft versichert, daß Du keinen unrechten davon machen wirst. -- Aber meinen Namen laß weg, wo möglich. Lebe wohl. Auf die folgenden Stücke des Magazins warte ich gewiß. Jch bin etc. H. T." Jch will nun, nach dem Wunsch meines Freundes, einige wenige, aber allerdings nöthige Erläuterungen beifügen, welche die Geschichte psychologisch erklärbarer machen. -- Zuerst über die Veranlassung und Ursachen dieser sonderbaren Theaterwuth. Wenn mein Freund sagt, daß ihn die Schauspiele zu S... deswegen so hinrissen, weil er noch nicht viel dergleichen Dinge gesehen hatte, so hat er in so fern recht, als ihm seit acht oder mehrern Jahren nichts mehr von der Art unter die Augen gekommen war. Er muß aber dabei doch vergessen haben, was er mir öfters selbst erzählte, daß er schon in seiner frühen Jugend, im sechsten Jahre ungefähr, zum erstenmal mehrere Schauspiele in seiner Vaterstadt gesehen hatte, von welchen er immer noch mit schwärmerischem Vergnügen redete, und welche vermuthlich schon den ersten Grund zu dem nachmalichen starken Hang zum Theater in ihm gelegt hatten, um so mehr, da natürlich Schauspiele auf »Dies ist die Geschichte meiner Verirrung. Jch uͤberlasse Dir es nun: einen Gebrauch davon zu machen, welchen Du willst, denn ich bin von Deiner Freundschaft versichert, daß Du keinen unrechten davon machen wirst. — Aber meinen Namen laß weg, wo moͤglich. Lebe wohl. Auf die folgenden Stuͤcke des Magazins warte ich gewiß. Jch bin etc. H. T.« Jch will nun, nach dem Wunsch meines Freundes, einige wenige, aber allerdings noͤthige Erlaͤuterungen beifuͤgen, welche die Geschichte psychologisch erklaͤrbarer machen. — Zuerst uͤber die Veranlassung und Ursachen dieser sonderbaren Theaterwuth. Wenn mein Freund sagt, daß ihn die Schauspiele zu S... deswegen so hinrissen, weil er noch nicht viel dergleichen Dinge gesehen hatte, so hat er in so fern recht, als ihm seit acht oder mehrern Jahren nichts mehr von der Art unter die Augen gekommen war. Er muß aber dabei doch vergessen haben, was er mir oͤfters selbst erzaͤhlte, daß er schon in seiner fruͤhen Jugend, im sechsten Jahre ungefaͤhr, zum erstenmal mehrere Schauspiele in seiner Vaterstadt gesehen hatte, von welchen er immer noch mit schwaͤrmerischem Vergnuͤgen redete, und welche vermuthlich schon den ersten Grund zu dem nachmalichen starken Hang zum Theater in ihm gelegt hatten, um so mehr, da natuͤrlich Schauspiele auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0113" n="113"/><lb/> <p>»Dies ist die Geschichte meiner Verirrung. Jch uͤberlasse Dir es nun: einen Gebrauch davon zu machen, welchen Du willst, denn ich bin von Deiner Freundschaft versichert, daß Du keinen unrechten davon machen wirst. — Aber meinen Namen laß weg, wo moͤglich. Lebe wohl. Auf die folgenden Stuͤcke des Magazins warte ich gewiß. Jch bin etc.</p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">H. T.«</hi> </p> <p>Jch will nun, nach dem Wunsch meines Freundes, einige wenige, aber allerdings noͤthige Erlaͤuterungen beifuͤgen, welche die Geschichte psychologisch erklaͤrbarer machen. —</p> <p>Zuerst uͤber die Veranlassung und Ursachen dieser sonderbaren Theaterwuth. Wenn mein Freund sagt, daß ihn die Schauspiele zu S... deswegen so hinrissen, weil er noch nicht viel dergleichen Dinge gesehen hatte, so hat er in so fern recht, als ihm seit acht oder mehrern Jahren nichts mehr von der Art unter die Augen gekommen war. Er muß aber dabei doch vergessen haben, was er mir oͤfters selbst erzaͤhlte, daß er schon in seiner fruͤhen Jugend, im sechsten Jahre ungefaͤhr, zum erstenmal mehrere Schauspiele in seiner Vaterstadt gesehen hatte, von welchen er immer noch mit schwaͤrmerischem Vergnuͤgen redete, und welche vermuthlich schon den ersten Grund zu dem nachmalichen starken Hang zum Theater in ihm gelegt hatten, um so mehr, da natuͤrlich Schauspiele auf<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0113]
»Dies ist die Geschichte meiner Verirrung. Jch uͤberlasse Dir es nun: einen Gebrauch davon zu machen, welchen Du willst, denn ich bin von Deiner Freundschaft versichert, daß Du keinen unrechten davon machen wirst. — Aber meinen Namen laß weg, wo moͤglich. Lebe wohl. Auf die folgenden Stuͤcke des Magazins warte ich gewiß. Jch bin etc.
H. T.«
Jch will nun, nach dem Wunsch meines Freundes, einige wenige, aber allerdings noͤthige Erlaͤuterungen beifuͤgen, welche die Geschichte psychologisch erklaͤrbarer machen. —
Zuerst uͤber die Veranlassung und Ursachen dieser sonderbaren Theaterwuth. Wenn mein Freund sagt, daß ihn die Schauspiele zu S... deswegen so hinrissen, weil er noch nicht viel dergleichen Dinge gesehen hatte, so hat er in so fern recht, als ihm seit acht oder mehrern Jahren nichts mehr von der Art unter die Augen gekommen war. Er muß aber dabei doch vergessen haben, was er mir oͤfters selbst erzaͤhlte, daß er schon in seiner fruͤhen Jugend, im sechsten Jahre ungefaͤhr, zum erstenmal mehrere Schauspiele in seiner Vaterstadt gesehen hatte, von welchen er immer noch mit schwaͤrmerischem Vergnuͤgen redete, und welche vermuthlich schon den ersten Grund zu dem nachmalichen starken Hang zum Theater in ihm gelegt hatten, um so mehr, da natuͤrlich Schauspiele auf
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |