in welches ich ohne Rettung gestürzt wäre, bewahrt hat. R. der meine immer zunehmende Abneigung vom Studiren sehen mußte, und doch nicht helfen konnte, reiste zu meinem Vater, und entdeckte ihm meine Umstände. Mein Vater berief mich alsdann auch zu sich, nahm mich ganz allein auf seine Stube, und stellte mir die Folgen meines unseeligen Hangs so lebhaft vor, daß ich zitterte. Jch antwortete ihm, ich könne mich eben nicht zufrieden geben, wenn ich keine Komödie sehen dürfe; dies erlaubte er mir dann, gab mir Geld dazu, und sagte mir aber, daß ich den Tag darauf, nachdem ich in der Komödie gewesen wäre, wieder zu ihm kommen sollte. Jch gieng darein, war wie im Himmel darin, aber als ich heraus kam, und noch mehr, als ich den Tag darauf zu meinem Vater reiste, war die lodernde Flamme schon etwas gedämpft. Als nun vollends seine so liebreichen Vorstellungen dazu kamen, so würkten diese und seine unvermuthete Erlaubniß, in die Komödie gehen zu dürfen, so viel bei mir, daß ich erwachte, und den Entschluß faßte, mich ganz diesem Taumel zu entreißen. Jch führte den Entschluß auch gleich dadurch aus, daß ich die Komödien, die ich zu dem vorgehabten Theater gesammelt hatte, ins Feuer warf, wo ich sie mit wahrer Herzensfreude hell auflodern sah." --
"Und von dieser Zeit an bin ich wieder ein vernünftiger Mensch geworden, nachdem ich länger als ein Jahr im unvernünftigen Taumel zugebracht hatte."
in welches ich ohne Rettung gestuͤrzt waͤre, bewahrt hat. R. der meine immer zunehmende Abneigung vom Studiren sehen mußte, und doch nicht helfen konnte, reiste zu meinem Vater, und entdeckte ihm meine Umstaͤnde. Mein Vater berief mich alsdann auch zu sich, nahm mich ganz allein auf seine Stube, und stellte mir die Folgen meines unseeligen Hangs so lebhaft vor, daß ich zitterte. Jch antwortete ihm, ich koͤnne mich eben nicht zufrieden geben, wenn ich keine Komoͤdie sehen duͤrfe; dies erlaubte er mir dann, gab mir Geld dazu, und sagte mir aber, daß ich den Tag darauf, nachdem ich in der Komoͤdie gewesen waͤre, wieder zu ihm kommen sollte. Jch gieng darein, war wie im Himmel darin, aber als ich heraus kam, und noch mehr, als ich den Tag darauf zu meinem Vater reiste, war die lodernde Flamme schon etwas gedaͤmpft. Als nun vollends seine so liebreichen Vorstellungen dazu kamen, so wuͤrkten diese und seine unvermuthete Erlaubniß, in die Komoͤdie gehen zu duͤrfen, so viel bei mir, daß ich erwachte, und den Entschluß faßte, mich ganz diesem Taumel zu entreißen. Jch fuͤhrte den Entschluß auch gleich dadurch aus, daß ich die Komoͤdien, die ich zu dem vorgehabten Theater gesammelt hatte, ins Feuer warf, wo ich sie mit wahrer Herzensfreude hell auflodern sah.« —
»Und von dieser Zeit an bin ich wieder ein vernuͤnftiger Mensch geworden, nachdem ich laͤnger als ein Jahr im unvernuͤnftigen Taumel zugebracht hatte.«
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0112"n="112"/><lb/>
in welches ich ohne Rettung gestuͤrzt waͤre, bewahrt hat. R. der meine immer zunehmende Abneigung vom Studiren sehen mußte, und doch nicht helfen konnte, reiste zu meinem Vater, und entdeckte ihm meine Umstaͤnde. Mein Vater berief mich alsdann auch zu sich, nahm mich ganz allein auf seine Stube, und stellte mir die Folgen meines unseeligen Hangs so lebhaft vor, daß ich zitterte. Jch antwortete ihm, ich koͤnne mich eben nicht zufrieden geben, wenn ich keine Komoͤdie sehen duͤrfe; dies erlaubte er mir dann, gab mir Geld dazu, und sagte mir aber, daß ich den Tag darauf, nachdem ich in der Komoͤdie gewesen waͤre, wieder zu ihm kommen sollte. Jch gieng darein, war wie im Himmel darin, aber als ich heraus kam, und noch mehr, als ich den Tag darauf zu meinem Vater reiste, war die lodernde Flamme schon etwas gedaͤmpft. Als nun vollends seine so liebreichen Vorstellungen dazu kamen, so wuͤrkten diese und seine unvermuthete Erlaubniß, in die Komoͤdie gehen zu duͤrfen, so viel bei mir, daß ich erwachte, und den Entschluß faßte, mich ganz diesem Taumel zu entreißen. Jch fuͤhrte den Entschluß auch gleich dadurch aus, daß ich die Komoͤdien, die ich zu dem vorgehabten Theater gesammelt hatte, ins Feuer warf, wo ich sie mit wahrer Herzensfreude hell auflodern sah.« —</p><p>»Und von dieser Zeit an bin ich wieder ein vernuͤnftiger Mensch geworden, nachdem ich laͤnger als ein Jahr im unvernuͤnftigen Taumel zugebracht hatte.«</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[112/0112]
in welches ich ohne Rettung gestuͤrzt waͤre, bewahrt hat. R. der meine immer zunehmende Abneigung vom Studiren sehen mußte, und doch nicht helfen konnte, reiste zu meinem Vater, und entdeckte ihm meine Umstaͤnde. Mein Vater berief mich alsdann auch zu sich, nahm mich ganz allein auf seine Stube, und stellte mir die Folgen meines unseeligen Hangs so lebhaft vor, daß ich zitterte. Jch antwortete ihm, ich koͤnne mich eben nicht zufrieden geben, wenn ich keine Komoͤdie sehen duͤrfe; dies erlaubte er mir dann, gab mir Geld dazu, und sagte mir aber, daß ich den Tag darauf, nachdem ich in der Komoͤdie gewesen waͤre, wieder zu ihm kommen sollte. Jch gieng darein, war wie im Himmel darin, aber als ich heraus kam, und noch mehr, als ich den Tag darauf zu meinem Vater reiste, war die lodernde Flamme schon etwas gedaͤmpft. Als nun vollends seine so liebreichen Vorstellungen dazu kamen, so wuͤrkten diese und seine unvermuthete Erlaubniß, in die Komoͤdie gehen zu duͤrfen, so viel bei mir, daß ich erwachte, und den Entschluß faßte, mich ganz diesem Taumel zu entreißen. Jch fuͤhrte den Entschluß auch gleich dadurch aus, daß ich die Komoͤdien, die ich zu dem vorgehabten Theater gesammelt hatte, ins Feuer warf, wo ich sie mit wahrer Herzensfreude hell auflodern sah.« —
»Und von dieser Zeit an bin ich wieder ein vernuͤnftiger Mensch geworden, nachdem ich laͤnger als ein Jahr im unvernuͤnftigen Taumel zugebracht hatte.«
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.
Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/112>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.