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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.

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dieselben doch dessen gewöhnliche Dauer nicht. Das Gähnen und Ausstrecken der Aerme, waren Anzeigen ihrer beginnenden Erwachung, und sie hatte keinen Begriff von allem, was ihr unterdessen widerfahren war; außer daß sie vom Stechen, und den gewöhnlichen Stellungen einige Schmerzen und Müdigkeit empfand.

So waren ihre ersten Zufälle beschaffen, da im Jahre 1737 im April und May sich ein anderer Zufall dazu gesellete, und mehr als funfzigmal ihr begegnete. Jm Anfange und Ende derselben hatte sie die vorige Unbeweglichkeit und Unempfindlichkeit; aber die Zwischenzeit, welche zuweilen vom Morgen bis an den Abend währte, konnte eine Belebung heißen, wenn jene einer Ersterbung ähnlich schien. Herr Lazerme und viele andere sind glaubwürdige Zeugen von dem, was ich erzählen werde, und welches ich selbst würde für Verstellungen gehalten haben, wenn mich nicht unzählige Proben versichert hätten, daß dabei keine Verstellung statt haben konnte.

Den 5ten April gedachten Jahres besuchte ich das Hospital des Morgens um 10 Uhr, und fand sie krank im Bette, von Mattigkeit und Kopfschmerzen. Sie erstarrete darauf, wie sonst; aber nach fünf oder sechs Minuten fing sie an zu gähnen, richtete sich im Bette auf zum Sitzen, und fing folgendes Schauspiel an, welches sie schon mehrmal getrieben hatte. Sie redete mit einer Leb-


dieselben doch dessen gewoͤhnliche Dauer nicht. Das Gaͤhnen und Ausstrecken der Aerme, waren Anzeigen ihrer beginnenden Erwachung, und sie hatte keinen Begriff von allem, was ihr unterdessen widerfahren war; außer daß sie vom Stechen, und den gewoͤhnlichen Stellungen einige Schmerzen und Muͤdigkeit empfand.

So waren ihre ersten Zufaͤlle beschaffen, da im Jahre 1737 im April und May sich ein anderer Zufall dazu gesellete, und mehr als funfzigmal ihr begegnete. Jm Anfange und Ende derselben hatte sie die vorige Unbeweglichkeit und Unempfindlichkeit; aber die Zwischenzeit, welche zuweilen vom Morgen bis an den Abend waͤhrte, konnte eine Belebung heißen, wenn jene einer Ersterbung aͤhnlich schien. Herr Lazerme und viele andere sind glaubwuͤrdige Zeugen von dem, was ich erzaͤhlen werde, und welches ich selbst wuͤrde fuͤr Verstellungen gehalten haben, wenn mich nicht unzaͤhlige Proben versichert haͤtten, daß dabei keine Verstellung statt haben konnte.

Den 5ten April gedachten Jahres besuchte ich das Hospital des Morgens um 10 Uhr, und fand sie krank im Bette, von Mattigkeit und Kopfschmerzen. Sie erstarrete darauf, wie sonst; aber nach fuͤnf oder sechs Minuten fing sie an zu gaͤhnen, richtete sich im Bette auf zum Sitzen, und fing folgendes Schauspiel an, welches sie schon mehrmal getrieben hatte. Sie redete mit einer Leb-

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[82/0082] dieselben doch dessen gewoͤhnliche Dauer nicht. Das Gaͤhnen und Ausstrecken der Aerme, waren Anzeigen ihrer beginnenden Erwachung, und sie hatte keinen Begriff von allem, was ihr unterdessen widerfahren war; außer daß sie vom Stechen, und den gewoͤhnlichen Stellungen einige Schmerzen und Muͤdigkeit empfand. So waren ihre ersten Zufaͤlle beschaffen, da im Jahre 1737 im April und May sich ein anderer Zufall dazu gesellete, und mehr als funfzigmal ihr begegnete. Jm Anfange und Ende derselben hatte sie die vorige Unbeweglichkeit und Unempfindlichkeit; aber die Zwischenzeit, welche zuweilen vom Morgen bis an den Abend waͤhrte, konnte eine Belebung heißen, wenn jene einer Ersterbung aͤhnlich schien. Herr Lazerme und viele andere sind glaubwuͤrdige Zeugen von dem, was ich erzaͤhlen werde, und welches ich selbst wuͤrde fuͤr Verstellungen gehalten haben, wenn mich nicht unzaͤhlige Proben versichert haͤtten, daß dabei keine Verstellung statt haben konnte. Den 5ten April gedachten Jahres besuchte ich das Hospital des Morgens um 10 Uhr, und fand sie krank im Bette, von Mattigkeit und Kopfschmerzen. Sie erstarrete darauf, wie sonst; aber nach fuͤnf oder sechs Minuten fing sie an zu gaͤhnen, richtete sich im Bette auf zum Sitzen, und fing folgendes Schauspiel an, welches sie schon mehrmal getrieben hatte. Sie redete mit einer Leb-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/82>, abgerufen am 12.12.2024.