Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
"Der unglückliche Rendant vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sey, zu dem er wolle, und trägt nun, da er doppelt bestürzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor, -- und erhält das Geld." Da bei der Erzählung fast jeder Traumgeschichte eine Menge von Umständen ausgelassen worden, die zur natürlichen Erklärung des Phänomens nothwendig sind, und auch dies wohl hier der Fall ist: so scheint erwähnter Traum, so wie er da erzählt wird, in der That sonderbar, und bedeutend genug zu seyn. Allein konnte nicht der Rendant bei seinem hin und her Grübeln: -- woher wohl Geld anzuschaffen sey? nicht auch mit auf jenes Haus wenigstens Vermuthungsweise gefallen seyn?*) Selbst die Nebenideen von andern in der Gegend liegenden Häusern, wodurch er sich im Schlafe orientirt, laßen dies vermuthen. Man konnte ihn auch von jenem Manne gesagt haben, was aber der Rendant wieder vergessen hatte.
»Der ungluͤckliche Rendant vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sey, zu dem er wolle, und traͤgt nun, da er doppelt bestuͤrzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor, — und erhaͤlt das Geld.« Da bei der Erzaͤhlung fast jeder Traumgeschichte eine Menge von Umstaͤnden ausgelassen worden, die zur natuͤrlichen Erklaͤrung des Phaͤnomens nothwendig sind, und auch dies wohl hier der Fall ist: so scheint erwaͤhnter Traum, so wie er da erzaͤhlt wird, in der That sonderbar, und bedeutend genug zu seyn. Allein konnte nicht der Rendant bei seinem hin und her Gruͤbeln: — woher wohl Geld anzuschaffen sey? nicht auch mit auf jenes Haus wenigstens Vermuthungsweise gefallen seyn?*) Selbst die Nebenideen von andern in der Gegend liegenden Haͤusern, wodurch er sich im Schlafe orientirt, laßen dies vermuthen. Man konnte ihn auch von jenem Manne gesagt haben, was aber der Rendant wieder vergessen hatte.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0006" n="6"/><lb/> terthuͤr an der Treppe, die nicht befestigt war, einwaͤrts nach der Treppe zu oͤfnet, so daß er durch diese ihm entgegenstoßende Gitterthuͤr leicht haͤtte in Gefahr gerathen koͤnnen, getroffen zu werden, oder gar herabzufallen. Gleich nach Eroͤfnung des Zimmers kommt jemand heraus, der ihn um Verzeihung bittet, daß er durch die ploͤzliche Erweiterung seiner Thuͤr, sein Heraufgehen aufgehalten und gehindert habe, und entschuldigt sich deshalb mit der Eilfertigkeit seiner Geschaͤfte.«</p> <p>»Der ungluͤckliche Rendant vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sey, zu dem er wolle, und traͤgt nun, da er doppelt bestuͤrzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor, — und erhaͤlt das Geld.«</p> <p><hi rendition="#b">Da bei der Erzaͤhlung fast jeder Traumgeschichte eine Menge von Umstaͤnden ausgelassen worden, die zur natuͤrlichen Erklaͤrung des Phaͤnomens nothwendig sind,</hi> und auch dies wohl hier der Fall ist: so scheint erwaͤhnter Traum, so wie er da erzaͤhlt wird, in der That sonderbar, und bedeutend genug zu seyn. Allein konnte nicht der Rendant bei seinem hin und her Gruͤbeln: — woher wohl Geld anzuschaffen sey? nicht auch mit auf jenes Haus wenigstens <hi rendition="#b">Vermuthungsweise</hi> gefallen seyn?*) <note place="foot">Man konnte ihn auch von jenem Manne gesagt haben, was aber der Rendant wieder vergessen hatte.</note> Selbst die Nebenideen von andern in der Gegend liegenden Haͤusern, wodurch er sich im Schlafe orientirt, laßen dies vermuthen.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0006]
terthuͤr an der Treppe, die nicht befestigt war, einwaͤrts nach der Treppe zu oͤfnet, so daß er durch diese ihm entgegenstoßende Gitterthuͤr leicht haͤtte in Gefahr gerathen koͤnnen, getroffen zu werden, oder gar herabzufallen. Gleich nach Eroͤfnung des Zimmers kommt jemand heraus, der ihn um Verzeihung bittet, daß er durch die ploͤzliche Erweiterung seiner Thuͤr, sein Heraufgehen aufgehalten und gehindert habe, und entschuldigt sich deshalb mit der Eilfertigkeit seiner Geschaͤfte.«
»Der ungluͤckliche Rendant vermuthet, daß dies eben derselbe Mann sey, zu dem er wolle, und traͤgt nun, da er doppelt bestuͤrzt ist, sein Anliegen ohne Umwege vor, — und erhaͤlt das Geld.«
Da bei der Erzaͤhlung fast jeder Traumgeschichte eine Menge von Umstaͤnden ausgelassen worden, die zur natuͤrlichen Erklaͤrung des Phaͤnomens nothwendig sind, und auch dies wohl hier der Fall ist: so scheint erwaͤhnter Traum, so wie er da erzaͤhlt wird, in der That sonderbar, und bedeutend genug zu seyn. Allein konnte nicht der Rendant bei seinem hin und her Gruͤbeln: — woher wohl Geld anzuschaffen sey? nicht auch mit auf jenes Haus wenigstens Vermuthungsweise gefallen seyn?*) Selbst die Nebenideen von andern in der Gegend liegenden Haͤusern, wodurch er sich im Schlafe orientirt, laßen dies vermuthen.
Man konnte ihn auch von jenem Manne gesagt haben, was aber der Rendant wieder vergessen hatte.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/6 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/6>, abgerufen am 16.02.2025. |