Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0053" n="53"/><lb/> Diese gutgemeinte Zubereitung oder vielmehr die fleißig hingebrachten andern Mittel, zur Begnadigung zu gelangen, die dem uͤbrigens redlichen und frommen Geistlichen von Herzen gingen, musten Gering, der schon ein ruhiger und wiederkehrender Suͤnder zu seyn schien, nicht misfallen; denn er arbeitete nicht nur fleißig an seiner leiblichen Erloͤsung, wie sich das nach einigen Wochen auswies, sondern mag auch sicher geglaubt haben: nach dieser Methode ist es mit deiner Bekehrung immer fruͤh genug, nimmer zu spaͤt, bist immer willkommen, wirst immer zu Gnaden aufgenommen, wenn du nur koͤmmst. Gering entkam endlich, nachdem er sich muͤhsam mit Kunst und Fleiß durchgebrochen, vollkommen nach Wunsch, sezte auch seine alte Profession wo ich nicht irre dreyviertel Jahr eifrig fort, bis er auf der Osnabruͤckschen Graͤnze ertapt, wohl gemaͤstet und weit korpulenter zuruͤkgebracht wurde. Seine Ruͤkreise von einigen Tagen bis <choice><corr>Bielefeld</corr><sic>Bilefeld</sic></choice> war indeß die lezte Gelegenheit, wo er seinen moralischen Character in der aller allerschwaͤrzesten und schaͤndlichsten Gestalt zeigen konnte. Spott uͤber die ehrwuͤrdigsten Gegenstaͤnde, Laͤsterungen uͤber die allwaltende Hand, der er leicht zu entkommen glaubte, nur diesesmal sich irrte, besonders ließ er den gottlosesten Witz sehen, und das mußte auch der Geistliche in einer benachbarten Landstadt erfahren, der beim Voruͤbergehen in das eben von Gering eingenommene Logis aus Neugierde trat, und mit ein paar<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0053]
Diese gutgemeinte Zubereitung oder vielmehr die fleißig hingebrachten andern Mittel, zur Begnadigung zu gelangen, die dem uͤbrigens redlichen und frommen Geistlichen von Herzen gingen, musten Gering, der schon ein ruhiger und wiederkehrender Suͤnder zu seyn schien, nicht misfallen; denn er arbeitete nicht nur fleißig an seiner leiblichen Erloͤsung, wie sich das nach einigen Wochen auswies, sondern mag auch sicher geglaubt haben: nach dieser Methode ist es mit deiner Bekehrung immer fruͤh genug, nimmer zu spaͤt, bist immer willkommen, wirst immer zu Gnaden aufgenommen, wenn du nur koͤmmst. Gering entkam endlich, nachdem er sich muͤhsam mit Kunst und Fleiß durchgebrochen, vollkommen nach Wunsch, sezte auch seine alte Profession wo ich nicht irre dreyviertel Jahr eifrig fort, bis er auf der Osnabruͤckschen Graͤnze ertapt, wohl gemaͤstet und weit korpulenter zuruͤkgebracht wurde. Seine Ruͤkreise von einigen Tagen bis Bielefeld war indeß die lezte Gelegenheit, wo er seinen moralischen Character in der aller allerschwaͤrzesten und schaͤndlichsten Gestalt zeigen konnte. Spott uͤber die ehrwuͤrdigsten Gegenstaͤnde, Laͤsterungen uͤber die allwaltende Hand, der er leicht zu entkommen glaubte, nur diesesmal sich irrte, besonders ließ er den gottlosesten Witz sehen, und das mußte auch der Geistliche in einer benachbarten Landstadt erfahren, der beim Voruͤbergehen in das eben von Gering eingenommene Logis aus Neugierde trat, und mit ein paar
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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