Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
Diese nächtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung öfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspürt hätte. Einmal schob ich mit Hülfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und
Diese naͤchtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung oͤfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspuͤrt haͤtte. Einmal schob ich mit Huͤlfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0024" n="24"/><lb/> gewesen war, fuͤhlte auf einem gewissen Platze einen Schauer, den ich am besten mit einer elektrischen Erschuͤtterung vergleichen kann. Wir beide waren allein. Jch mußte mehrmals in ihn dringen, bis er mir sagte, daß ihn dieser Schauer fast immer an Orten anwandle, wo Jemand begraben liegt. Er fuͤgte hinzu, die Dunkelheit der Nacht wuͤrde vermuthlich seine Wahrnehmung bestaͤtigen. Abends um 9 Uhr (es war Fruͤhling 1759.) <choice><corr>kehrte</corr><sic>Kehrte</sic></choice> ich mit ihm in den Garten zuruͤck, und er versicherte mich, auf dem besagten Platze, nicht eine lange hagere Gestalt, sondern eine kaum fuͤnf Fuß hohe Dunstsaͤule zu erblicken, die ihm einer weiblichen Figur aͤhnlich schien. Jch trat dicht auf die Stelle, konnte ihn aber nicht dazu bewegen ein gleiches zu thun. Jch fuhr mit dem Stocke und mit der bloßen Hand uͤberall umher, ohne weder einen Widerstand noch einen andern Eindruck zu empfinden. Mein Gefaͤhrte versicherte mich, so wie ich die Dunstsaͤule zertheilte, floͤße sie wieder, gleich einer getrennten Flamme, zusammen.</p> <p>Diese naͤchtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung oͤfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspuͤrt haͤtte. Einmal schob ich mit Huͤlfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0024]
gewesen war, fuͤhlte auf einem gewissen Platze einen Schauer, den ich am besten mit einer elektrischen Erschuͤtterung vergleichen kann. Wir beide waren allein. Jch mußte mehrmals in ihn dringen, bis er mir sagte, daß ihn dieser Schauer fast immer an Orten anwandle, wo Jemand begraben liegt. Er fuͤgte hinzu, die Dunkelheit der Nacht wuͤrde vermuthlich seine Wahrnehmung bestaͤtigen. Abends um 9 Uhr (es war Fruͤhling 1759.) kehrte ich mit ihm in den Garten zuruͤck, und er versicherte mich, auf dem besagten Platze, nicht eine lange hagere Gestalt, sondern eine kaum fuͤnf Fuß hohe Dunstsaͤule zu erblicken, die ihm einer weiblichen Figur aͤhnlich schien. Jch trat dicht auf die Stelle, konnte ihn aber nicht dazu bewegen ein gleiches zu thun. Jch fuhr mit dem Stocke und mit der bloßen Hand uͤberall umher, ohne weder einen Widerstand noch einen andern Eindruck zu empfinden. Mein Gefaͤhrte versicherte mich, so wie ich die Dunstsaͤule zertheilte, floͤße sie wieder, gleich einer getrennten Flamme, zusammen.
Diese naͤchtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung oͤfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspuͤrt haͤtte. Einmal schob ich mit Huͤlfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |