Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite


richtet hat. Aus der Erzählung sieht man, daß der Herr ein Mann vom Stande war; ein solcher wehrt sich mit dem Degen, man läßt ihn also auch nach den natürlichen Gesetzen der Association mit einem Degen angegriffen werden, und ein Stich geht nach eben der Regel eher in die Seite als sonst wohin. Er war verwundet, an einer Quelle verwundet; es war nur ein Officier da: was war also natürlicher, als daß die Phantasie ihr ihren Gemahl durstig und den Officier ihn aus seinem Hute, aus Mangel eines andern Hülfsmittels, tränkend darstellte? Sie erkannte den Officier wieder, entweder weil er eine von den Gestalten hatte, dergleichen es viele giebt, und weil ihre Jmagination ihr eine solche Alltagsgestalt dargestellt hatte, oder auch weil der Zufall wollte, daß er eben die Bildung hatte, die sie im Traume gesehen hatte. Daß dieser Traum erfüllt wurde, war gleichfalls eine Wirkung des Zufalls, der so manche in unsern Augen sonderbare Dinge hervorbringt.


Eben dieß lezte war ohnstreitig der Fall bei einem Seite 75 St. 3, des 5ten Bandes angeführten Traume, der mir von dem kürzlich verstorbenen Consistorialrath Feddersen mitgetheilt worden ist.

Der Herzog von *** träumt 1769 vom 8. zum 9. October: es würde ihm am folgenden Tage ein fürchterliches Unglük begegnen. Er bittet seine


richtet hat. Aus der Erzaͤhlung sieht man, daß der Herr ein Mann vom Stande war; ein solcher wehrt sich mit dem Degen, man laͤßt ihn also auch nach den natuͤrlichen Gesetzen der Association mit einem Degen angegriffen werden, und ein Stich geht nach eben der Regel eher in die Seite als sonst wohin. Er war verwundet, an einer Quelle verwundet; es war nur ein Officier da: was war also natuͤrlicher, als daß die Phantasie ihr ihren Gemahl durstig und den Officier ihn aus seinem Hute, aus Mangel eines andern Huͤlfsmittels, traͤnkend darstellte? Sie erkannte den Officier wieder, entweder weil er eine von den Gestalten hatte, dergleichen es viele giebt, und weil ihre Jmagination ihr eine solche Alltagsgestalt dargestellt hatte, oder auch weil der Zufall wollte, daß er eben die Bildung hatte, die sie im Traume gesehen hatte. Daß dieser Traum erfuͤllt wurde, war gleichfalls eine Wirkung des Zufalls, der so manche in unsern Augen sonderbare Dinge hervorbringt.


Eben dieß lezte war ohnstreitig der Fall bei einem Seite 75 St. 3, des 5ten Bandes angefuͤhrten Traume, der mir von dem kuͤrzlich verstorbenen Consistorialrath Feddersen mitgetheilt worden ist.

Der Herzog von *** traͤumt 1769 vom 8. zum 9. October: es wuͤrde ihm am folgenden Tage ein fuͤrchterliches Ungluͤk begegnen. Er bittet seine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0016" n="16"/><lb/>
richtet                         hat. Aus der Erza&#x0364;hlung sieht man, daß der Herr ein Mann vom Stande war; ein                         solcher wehrt sich mit dem Degen, man la&#x0364;ßt ihn also auch nach den                         natu&#x0364;rlichen Gesetzen der Association mit einem Degen angegriffen werden, und                         ein Stich geht nach eben der Regel eher in die Seite als sonst wohin. Er war                         verwundet, an einer Quelle verwundet; es war nur ein Officier da: was war                         also natu&#x0364;rlicher, als daß die Phantasie ihr ihren Gemahl durstig und den                         Officier ihn aus seinem Hute, aus Mangel eines andern Hu&#x0364;lfsmittels, tra&#x0364;nkend                         darstellte? Sie erkannte den Officier wieder, entweder weil er eine von den                         Gestalten hatte, dergleichen es viele giebt, und weil ihre Jmagination ihr                         eine solche Alltagsgestalt dargestellt hatte, oder auch weil der Zufall                         wollte, daß er eben die Bildung hatte, die sie im Traume gesehen hatte. Daß                         dieser Traum erfu&#x0364;llt wurde, war gleichfalls eine Wirkung des Zufalls, der so                         manche in unsern Augen sonderbare Dinge hervorbringt.</p>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Eben dieß lezte war ohnstreitig der Fall bei einem Seite 75                         St. 3, des 5ten Bandes angefu&#x0364;hrten Traume, der mir von dem ku&#x0364;rzlich                         verstorbenen Consistorialrath <hi rendition="#b">Feddersen</hi> mitgetheilt                         worden ist.</p>
          <p>Der Herzog von *** tra&#x0364;umt 1769 vom 8. zum 9. October: es wu&#x0364;rde ihm am                         folgenden Tage ein fu&#x0364;rchterliches Unglu&#x0364;k begegnen. Er bittet seine<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0016] richtet hat. Aus der Erzaͤhlung sieht man, daß der Herr ein Mann vom Stande war; ein solcher wehrt sich mit dem Degen, man laͤßt ihn also auch nach den natuͤrlichen Gesetzen der Association mit einem Degen angegriffen werden, und ein Stich geht nach eben der Regel eher in die Seite als sonst wohin. Er war verwundet, an einer Quelle verwundet; es war nur ein Officier da: was war also natuͤrlicher, als daß die Phantasie ihr ihren Gemahl durstig und den Officier ihn aus seinem Hute, aus Mangel eines andern Huͤlfsmittels, traͤnkend darstellte? Sie erkannte den Officier wieder, entweder weil er eine von den Gestalten hatte, dergleichen es viele giebt, und weil ihre Jmagination ihr eine solche Alltagsgestalt dargestellt hatte, oder auch weil der Zufall wollte, daß er eben die Bildung hatte, die sie im Traume gesehen hatte. Daß dieser Traum erfuͤllt wurde, war gleichfalls eine Wirkung des Zufalls, der so manche in unsern Augen sonderbare Dinge hervorbringt. Eben dieß lezte war ohnstreitig der Fall bei einem Seite 75 St. 3, des 5ten Bandes angefuͤhrten Traume, der mir von dem kuͤrzlich verstorbenen Consistorialrath Feddersen mitgetheilt worden ist. Der Herzog von *** traͤumt 1769 vom 8. zum 9. October: es wuͤrde ihm am folgenden Tage ein fuͤrchterliches Ungluͤk begegnen. Er bittet seine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/16
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/16>, abgerufen am 24.11.2024.