Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
Auf der andern Seite sind die Empfindungen, -- wenn das sinnliche, oder intellectuelle Ziel erreicht ist, sehr von einander unterschieden. Die gefundene Wahrheit ist viel angenehmer, und das Vergnügen dabei von längerer Dauer, als die Erfüllung eines sinnlichen Wunsches. Der Aufwand von Geisteskraft, die Anstrengung des Nachdenkens, die neuen aufgefaßten lichtvollen Jdeen geben dem neuen Vorrath gefundener
Auf der andern Seite sind die Empfindungen, — wenn das sinnliche, oder intellectuelle Ziel erreicht ist, sehr von einander unterschieden. Die gefundene Wahrheit ist viel angenehmer, und das Vergnuͤgen dabei von laͤngerer Dauer, als die Erfuͤllung eines sinnlichen Wunsches. Der Aufwand von Geisteskraft, die Anstrengung des Nachdenkens, die neuen aufgefaßten lichtvollen Jdeen geben dem neuen Vorrath gefundener <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0108" n="108"/><lb/> schiedenheit liegt ohnstreitig darin — bei Wuͤnschen, die die bloße Sinnlichkeit angehen, — ich rechne hierher alle Wuͤnsche, die nicht die Wahrheit oder bloße Notionen zum Gegenstande haben, — uͤbersieht man das Ziel, was erreicht werden soll; — <hi rendition="#b">das Object ist gegeben,</hi> man soll nun zu ihm hineilen, sich in seinen Besitz setzen; — hiebei steht es uns frei, seine Gestalt zu verschoͤnern,und tausend angenehme Verhaͤltnisse zwischen uns und ihm wenigstens zu <hi rendition="#b">fingiren. </hi> Bei dem Wunsche nach Wahrheit hingegen uͤbersehen wir das Ziel noch nicht, das Object ist noch nicht, wenigstens noch nicht anschaulich gegeben, wir sollen es erst suchen, wir koͤnnen es also noch nicht verschoͤnern, und stehen dabei ohnedem noch in Gefahr, ob uns nicht irgend ein Jrrthum einen unsichern Nebenweg fuͤhrt. Alles dies erschwert das Suchen nach Wahrheit, und es muß uns unaufhoͤrlich ein wenigstens versteckter <hi rendition="#b">Ehrgeiz</hi> antreiben, wenn wir immer muthig bei diesem Suchen fortschreiten sollen.</p> <p>Auf der andern Seite sind die Empfindungen, — wenn das <hi rendition="#b">sinnliche,</hi> oder <hi rendition="#b">intellectuelle</hi> Ziel erreicht ist, sehr von einander unterschieden. Die <hi rendition="#b">gefundene Wahrheit</hi> ist viel angenehmer, und das Vergnuͤgen dabei von laͤngerer Dauer, als die Erfuͤllung eines sinnlichen Wunsches. <hi rendition="#b">Der Aufwand von Geisteskraft, die Anstrengung des Nachdenkens, die neuen aufgefaßten lichtvollen Jdeen geben dem neuen Vorrath gefundener<lb/></hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0108]
schiedenheit liegt ohnstreitig darin — bei Wuͤnschen, die die bloße Sinnlichkeit angehen, — ich rechne hierher alle Wuͤnsche, die nicht die Wahrheit oder bloße Notionen zum Gegenstande haben, — uͤbersieht man das Ziel, was erreicht werden soll; — das Object ist gegeben, man soll nun zu ihm hineilen, sich in seinen Besitz setzen; — hiebei steht es uns frei, seine Gestalt zu verschoͤnern,und tausend angenehme Verhaͤltnisse zwischen uns und ihm wenigstens zu fingiren. Bei dem Wunsche nach Wahrheit hingegen uͤbersehen wir das Ziel noch nicht, das Object ist noch nicht, wenigstens noch nicht anschaulich gegeben, wir sollen es erst suchen, wir koͤnnen es also noch nicht verschoͤnern, und stehen dabei ohnedem noch in Gefahr, ob uns nicht irgend ein Jrrthum einen unsichern Nebenweg fuͤhrt. Alles dies erschwert das Suchen nach Wahrheit, und es muß uns unaufhoͤrlich ein wenigstens versteckter Ehrgeiz antreiben, wenn wir immer muthig bei diesem Suchen fortschreiten sollen.
Auf der andern Seite sind die Empfindungen, — wenn das sinnliche, oder intellectuelle Ziel erreicht ist, sehr von einander unterschieden. Die gefundene Wahrheit ist viel angenehmer, und das Vergnuͤgen dabei von laͤngerer Dauer, als die Erfuͤllung eines sinnlichen Wunsches. Der Aufwand von Geisteskraft, die Anstrengung des Nachdenkens, die neuen aufgefaßten lichtvollen Jdeen geben dem neuen Vorrath gefundener
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