Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
Es gab eine Zeit, wo die sogenannten Philosophen fast nichts aus eigenthümlichen und natürlichen Gründen zu erklären suchten, wo man sich gewisse Principien gewisser Erscheinungen fingirte, und die Folgerungen aus solchen unrichtig angenommenen Gründen für ausgemachte Erklärungen der Naturphänomene hielt, ohne sich weiter darum zu bekümmern, ob der Erfolg auch nur einigermaßen mit der Natur der Dinge homogen seyn könne. Die Alten haben, wenige Hypothesen ausgenommen, viel richtiger über die Natur der menschlichen Seele gedacht, als die Psychologen des mittlern Zeitalters, die sich die Köpfe durch eine Menge willkührlich angenommener verborgener Kräfte, die nach ihrer Meinung die Phänomene des Denkens, so wie auch alles übrige Unerklärbare erklären sollten, verwirren ließen. Man hätte nur immer *) Oder mühsam zu untersuchen, ob der Harmonist, Jnfluxionist, oder der Schüler des Cartesius das Nachtwandeln am besten mit seinem System vereinigen könne.
Es gab eine Zeit, wo die sogenannten Philosophen fast nichts aus eigenthuͤmlichen und natuͤrlichen Gruͤnden zu erklaͤren suchten, wo man sich gewisse Principien gewisser Erscheinungen fingirte, und die Folgerungen aus solchen unrichtig angenommenen Gruͤnden fuͤr ausgemachte Erklaͤrungen der Naturphaͤnomene hielt, ohne sich weiter darum zu bekuͤmmern, ob der Erfolg auch nur einigermaßen mit der Natur der Dinge homogen seyn koͤnne. Die Alten haben, wenige Hypothesen ausgenommen, viel richtiger uͤber die Natur der menschlichen Seele gedacht, als die Psychologen des mittlern Zeitalters, die sich die Koͤpfe durch eine Menge willkuͤhrlich angenommener verborgener Kraͤfte, die nach ihrer Meinung die Phaͤnomene des Denkens, so wie auch alles uͤbrige Unerklaͤrbare erklaͤren sollten, verwirren ließen. Man haͤtte nur immer *) Oder muͤhsam zu untersuchen, ob der Harmonist, Jnfluxionist, oder der Schuͤler des Cartesius das Nachtwandeln am besten mit seinem System vereinigen koͤnne.
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Phaͤnomens einzulassen*) , sich mehr bemuͤht haͤtten, dabei Untersuchungen uͤber die Denkkraft uͤberhaupt, uͤber die Eigenheit, Staͤrke und Associationen der Jdeen dieser Leute, sowie uͤber die Natur des Traums selbst und uͤber die Uebereinstimmung ihrer Handlungen bei verschlossenen Sinnen mit aͤußern Objecten und Umstaͤnden anzustellen.
Es gab eine Zeit, wo die sogenannten Philosophen fast nichts aus eigenthuͤmlichen und natuͤrlichen Gruͤnden zu erklaͤren suchten, wo man sich gewisse Principien gewisser Erscheinungen fingirte, und die Folgerungen aus solchen unrichtig angenommenen Gruͤnden fuͤr ausgemachte Erklaͤrungen der Naturphaͤnomene hielt, ohne sich weiter darum zu bekuͤmmern, ob der Erfolg auch nur einigermaßen mit der Natur der Dinge homogen seyn koͤnne. Die Alten haben, wenige Hypothesen ausgenommen, viel richtiger uͤber die Natur der menschlichen Seele gedacht, als die Psychologen des mittlern Zeitalters, die sich die Koͤpfe durch eine Menge willkuͤhrlich angenommener verborgener Kraͤfte, die nach ihrer Meinung die Phaͤnomene des Denkens, so wie auch alles uͤbrige Unerklaͤrbare erklaͤren sollten, verwirren ließen. Man haͤtte nur immer
*) Oder muͤhsam zu untersuchen, ob der Harmonist, Jnfluxionist, oder der Schuͤler des Cartesius das Nachtwandeln am besten mit seinem System vereinigen koͤnne.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/78>, abgerufen am 23.02.2025. |