Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
"Auf dem Richtplatze selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Rührung, bezeigte, daß er geneigt, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetztem Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmäßig, vergessen war: Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fürbitte für die Seinigen und Wünsche zu Gott für aller Wohlfahrt, war ihr Jnhalt." "Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heiterer Mine einsegnen, betete innbrünstig, sorgte noch beim Auskleiden für seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und büßte seine Verbrechen. Er starb also, zwar den Tod eines Missethäters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig, weil er noch gelernet hatte, ihn mit christlichen Vertrauen zu Gott und Hoffnung eines bessern Lebens zu sterben; er starb
»Auf dem Richtplatze selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Ruͤhrung, bezeigte, daß er geneigt, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetztem Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmaͤßig, vergessen war: Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fuͤrbitte fuͤr die Seinigen und Wuͤnsche zu Gott fuͤr aller Wohlfahrt, war ihr Jnhalt.« »Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heiterer Mine einsegnen, betete innbruͤnstig, sorgte noch beim Auskleiden fuͤr seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und buͤßte seine Verbrechen. Er starb also, zwar den Tod eines Missethaͤters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig, weil er noch gelernet hatte, ihn mit christlichen Vertrauen zu Gott und Hoffnung eines bessern Lebens zu sterben; er starb <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0069" n="67"/><lb/> kurze Worte oder durch Minen die Anwendung, die er davon auf sich machte, und die Empfindung seines Herzens dabei, zu erkennen.«</p> <p>»Auf dem Richtplatze selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Ruͤhrung, bezeigte, daß er geneigt, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetztem Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmaͤßig, vergessen war: Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fuͤrbitte fuͤr die Seinigen und Wuͤnsche zu Gott fuͤr aller Wohlfahrt, war ihr Jnhalt.«</p> <p>»Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heiterer Mine einsegnen, betete innbruͤnstig, sorgte noch beim Auskleiden fuͤr seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und buͤßte seine Verbrechen. Er starb also, zwar den Tod eines Missethaͤters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig, weil er noch gelernet hatte, ihn mit christlichen Vertrauen zu Gott und Hoffnung eines bessern Lebens zu sterben; er starb<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0069]
kurze Worte oder durch Minen die Anwendung, die er davon auf sich machte, und die Empfindung seines Herzens dabei, zu erkennen.«
»Auf dem Richtplatze selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Ruͤhrung, bezeigte, daß er geneigt, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetztem Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmaͤßig, vergessen war: Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fuͤrbitte fuͤr die Seinigen und Wuͤnsche zu Gott fuͤr aller Wohlfahrt, war ihr Jnhalt.«
»Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heiterer Mine einsegnen, betete innbruͤnstig, sorgte noch beim Auskleiden fuͤr seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und buͤßte seine Verbrechen. Er starb also, zwar den Tod eines Missethaͤters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig, weil er noch gelernet hatte, ihn mit christlichen Vertrauen zu Gott und Hoffnung eines bessern Lebens zu sterben; er starb
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/69>, abgerufen am 23.02.2025. |