Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0058" n="56"/><lb/> sen haben! ein Urtheil, das vermuthlich paradoxer klingt, als es gemeint war, vielleicht aber auch auf Spuren der Denkungsart des gemeinen Mannes fuͤhren moͤchte, wenn wir ihm nachgehen koͤnnten. Fuͤr Dummheit konnte man dieses ruhige Wesen nicht halten, denn uͤbrigens zeigten seine Reden und Erzaͤhlungen noch eben den guten Verstand, der ihm Achtung erworben hatte. Daß es Verstellung gewesen, um ein heimliches Vorhaben, etwa der Flucht, oder Selbstentleibung, zu verbergen, hat auch im geringsten keine Wahrscheinlichkeit; man hat nie etwas bemerkt, daß auch nur auf eine entfernte Art darzu angelegt haͤtte scheinen koͤnnen. Noch weniger konnte er sich wohl mit der Hoffnung taͤuschen, das Leben zu erhalten. Dasjenige, was ihm bei seiner Erzaͤhlung weich machen und Thraͤnen ablocken konnte, waren, lange Zeit, nur seine Frau und Kinder, und das obengedachte vierjaͤhrige Schmidtische Kind; fuͤr die erstern bat er viel; soll ihnen auch, was ihm von Personen, die ihn in seinem Arrest besuchten, etwa geschenkt worden, alles geschickt, und kaum davon wenige Pfennige, zu einem Maaß Bier oder Trunk Brandwein, fuͤr sich behalten haben; das letzte, das Schmidtische Kind, nannte er unschuldig, wollte aber, wie man merken konnte, damals noch damit sagen, daß seine Rache an dessen Eltern nicht ungerecht gewesen sey.«</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0058]
sen haben! ein Urtheil, das vermuthlich paradoxer klingt, als es gemeint war, vielleicht aber auch auf Spuren der Denkungsart des gemeinen Mannes fuͤhren moͤchte, wenn wir ihm nachgehen koͤnnten. Fuͤr Dummheit konnte man dieses ruhige Wesen nicht halten, denn uͤbrigens zeigten seine Reden und Erzaͤhlungen noch eben den guten Verstand, der ihm Achtung erworben hatte. Daß es Verstellung gewesen, um ein heimliches Vorhaben, etwa der Flucht, oder Selbstentleibung, zu verbergen, hat auch im geringsten keine Wahrscheinlichkeit; man hat nie etwas bemerkt, daß auch nur auf eine entfernte Art darzu angelegt haͤtte scheinen koͤnnen. Noch weniger konnte er sich wohl mit der Hoffnung taͤuschen, das Leben zu erhalten. Dasjenige, was ihm bei seiner Erzaͤhlung weich machen und Thraͤnen ablocken konnte, waren, lange Zeit, nur seine Frau und Kinder, und das obengedachte vierjaͤhrige Schmidtische Kind; fuͤr die erstern bat er viel; soll ihnen auch, was ihm von Personen, die ihn in seinem Arrest besuchten, etwa geschenkt worden, alles geschickt, und kaum davon wenige Pfennige, zu einem Maaß Bier oder Trunk Brandwein, fuͤr sich behalten haben; das letzte, das Schmidtische Kind, nannte er unschuldig, wollte aber, wie man merken konnte, damals noch damit sagen, daß seine Rache an dessen Eltern nicht ungerecht gewesen sey.«
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |