Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0053" n="51"/><lb/> freien Stuͤcken verlauten ließ: <hi rendition="#b">Der erschlagene Schmidt habe nicht viel Geld bei sich gehabt.</hi> Am andern Orte, wo die aͤlteste Schmidtische Tochter Amme war, die er aber wider seinen Willen nicht zu sprechen bekam, weinte er, und hielt sich nicht lange auf; an dem dritten aber verbarg er die Unruhe seines Gewissens durch eine <hi rendition="#b">angenommene</hi> Freimuͤthigkeit groͤßtentheils, so, daß er daselbst einige Tassen Caffee mittrank, eine kleine Schuldpost bezahlte, und wieder etwas Waare gegen Bezahlung mitnahm; es entfuhr ihm blos ein tiefer Seufzer, mit den Worten: <hi rendition="#b">Er wuͤrde doch wohl auch durch dieses Ungluͤck zu thun bekommen!</hi> Er besann sich aber hierbei wieder, und half sich durch; man frug ihn, wie er denn das meinte? und er war mit der Antwort fertig: <hi rendition="#b">daß er doch wohl Vormund der Schmidtischen Kinder werden muͤßte.</hi> Jndessen verrieth sich seine Unruhe und Angst durch ein verstoͤrtes Wesen der Magd im Hause so, daß sie auch, als <hi rendition="#b">Simmen</hi> weg war, ihren Verdacht nicht bergen konnte, und sich deswegen mit ihrem Herrn uͤberwarf. Es ist kaum zu glauben, daß ein Mensch so sehr seine Empfindungen unterdruͤcken, oder so geschwind und in der Maße, eine Person annehmen, und wieder eine Rolle spielen kann, die demjenigen so zuwider ist, was in seinem Herzen vorgeht; aber er that entweder das erste oder bewies das letzte, doch stuffenweise, an dem zweiten Orte noch nicht so mei-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0053]
freien Stuͤcken verlauten ließ: Der erschlagene Schmidt habe nicht viel Geld bei sich gehabt. Am andern Orte, wo die aͤlteste Schmidtische Tochter Amme war, die er aber wider seinen Willen nicht zu sprechen bekam, weinte er, und hielt sich nicht lange auf; an dem dritten aber verbarg er die Unruhe seines Gewissens durch eine angenommene Freimuͤthigkeit groͤßtentheils, so, daß er daselbst einige Tassen Caffee mittrank, eine kleine Schuldpost bezahlte, und wieder etwas Waare gegen Bezahlung mitnahm; es entfuhr ihm blos ein tiefer Seufzer, mit den Worten: Er wuͤrde doch wohl auch durch dieses Ungluͤck zu thun bekommen! Er besann sich aber hierbei wieder, und half sich durch; man frug ihn, wie er denn das meinte? und er war mit der Antwort fertig: daß er doch wohl Vormund der Schmidtischen Kinder werden muͤßte. Jndessen verrieth sich seine Unruhe und Angst durch ein verstoͤrtes Wesen der Magd im Hause so, daß sie auch, als Simmen weg war, ihren Verdacht nicht bergen konnte, und sich deswegen mit ihrem Herrn uͤberwarf. Es ist kaum zu glauben, daß ein Mensch so sehr seine Empfindungen unterdruͤcken, oder so geschwind und in der Maße, eine Person annehmen, und wieder eine Rolle spielen kann, die demjenigen so zuwider ist, was in seinem Herzen vorgeht; aber er that entweder das erste oder bewies das letzte, doch stuffenweise, an dem zweiten Orte noch nicht so mei-
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