Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
"Ruhig also, ja vergnügt über seine Grausamkeiten, verließ der Mörder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte, wusch Knittel und Messer im Schnee ab, wiewohl er hernach das letzte aus Abscheu nicht wieder brauchen mögen, machte sich auf den Weg und kam unbemerkt in seine Wohnung zurück. Am nächsten Morgen ging er auf einige Dörfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufordern hatte; und bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele gutes Muths gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, nachzudenken, was er verübt habe. Damals mögen denn auch wohl die Versuchungen bei ihm wieder erwacht seyn, sich selbst das Leben zu nehmen, wozu er aber, nach seinen Privateröffnungen, nicht habe gelangen können." "Unterdessen war am Orte der Entleibten am Morgen nach der That es einem Nachbar befremdend vorgekommen, noch um sieben Uhr die Fenster des Schmidtschen Hauses geschlossen zu sehen. Er gehet also hinzu, findet das Haus unverschlossen, und beim Eintritt in dasselbe die mittlere, etwas blödsinnige Tochter, die deswegen der Mörder auch zu verschonen willens gewesen seyn will, eben aufgestanden, noch erst halb angekleidet, und
»Ruhig also, ja vergnuͤgt uͤber seine Grausamkeiten, verließ der Moͤrder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte, wusch Knittel und Messer im Schnee ab, wiewohl er hernach das letzte aus Abscheu nicht wieder brauchen moͤgen, machte sich auf den Weg und kam unbemerkt in seine Wohnung zuruͤck. Am naͤchsten Morgen ging er auf einige Doͤrfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufordern hatte; und bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele gutes Muths gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, nachzudenken, was er veruͤbt habe. Damals moͤgen denn auch wohl die Versuchungen bei ihm wieder erwacht seyn, sich selbst das Leben zu nehmen, wozu er aber, nach seinen Privateroͤffnungen, nicht habe gelangen koͤnnen.« »Unterdessen war am Orte der Entleibten am Morgen nach der That es einem Nachbar befremdend vorgekommen, noch um sieben Uhr die Fenster des Schmidtschen Hauses geschlossen zu sehen. Er gehet also hinzu, findet das Haus unverschlossen, und beim Eintritt in dasselbe die mittlere, etwas bloͤdsinnige Tochter, die deswegen der Moͤrder auch zu verschonen willens gewesen seyn will, eben aufgestanden, noch erst halb angekleidet, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0051" n="49"/><lb/> danken, den fernern Gang seiner Geschichte zu vergleichen.«</p> <p>»<hi rendition="#b">Ruhig also, ja vergnuͤgt uͤber seine Grausamkeiten,</hi> verließ der Moͤrder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte, wusch Knittel und Messer im Schnee ab, wiewohl er hernach das letzte aus Abscheu nicht wieder brauchen moͤgen, machte sich auf den Weg und kam unbemerkt in seine Wohnung zuruͤck. Am naͤchsten Morgen ging er auf einige Doͤrfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufordern hatte; und bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele <hi rendition="#b">gutes Muths</hi> gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, <hi rendition="#b">nachzudenken,</hi> was er veruͤbt habe. Damals moͤgen denn auch wohl die Versuchungen bei ihm wieder erwacht seyn, sich selbst das Leben zu nehmen, wozu er aber, nach seinen Privateroͤffnungen, nicht habe gelangen koͤnnen.«</p> <p>»Unterdessen war am Orte der Entleibten am Morgen nach der That es einem Nachbar befremdend vorgekommen, noch um sieben Uhr die Fenster des <hi rendition="#b">Schmidtschen</hi> Hauses geschlossen zu sehen. Er gehet also hinzu, findet das Haus unverschlossen, und beim Eintritt in dasselbe die mittlere, etwas bloͤdsinnige Tochter, die <hi rendition="#b">deswegen</hi> der Moͤrder auch zu verschonen willens gewesen seyn will, eben aufgestanden, noch erst halb angekleidet, und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [49/0051]
danken, den fernern Gang seiner Geschichte zu vergleichen.«
»Ruhig also, ja vergnuͤgt uͤber seine Grausamkeiten, verließ der Moͤrder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte, wusch Knittel und Messer im Schnee ab, wiewohl er hernach das letzte aus Abscheu nicht wieder brauchen moͤgen, machte sich auf den Weg und kam unbemerkt in seine Wohnung zuruͤck. Am naͤchsten Morgen ging er auf einige Doͤrfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufordern hatte; und bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele gutes Muths gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, nachzudenken, was er veruͤbt habe. Damals moͤgen denn auch wohl die Versuchungen bei ihm wieder erwacht seyn, sich selbst das Leben zu nehmen, wozu er aber, nach seinen Privateroͤffnungen, nicht habe gelangen koͤnnen.«
»Unterdessen war am Orte der Entleibten am Morgen nach der That es einem Nachbar befremdend vorgekommen, noch um sieben Uhr die Fenster des Schmidtschen Hauses geschlossen zu sehen. Er gehet also hinzu, findet das Haus unverschlossen, und beim Eintritt in dasselbe die mittlere, etwas bloͤdsinnige Tochter, die deswegen der Moͤrder auch zu verschonen willens gewesen seyn will, eben aufgestanden, noch erst halb angekleidet, und
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/51>, abgerufen am 21.02.2025. |