Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
"Freilich haben alsdann diejenigen nicht Unrecht, die ihn für einen feinen Heuchler erklären. Die Vorblicke von Ehrlichkeit, von Ehrliebe, von Güte des Herzens, die in seinem Betragen hervorstechen, könnten wir für nichts anders halten, als was Cicero in einer bekannten Schilderung: adumbrata non expressa signa virtutum & vitia radicibus quibusdam virtutum nixa nennt. Jn dem Falle, daß strafbare Begierden und Affecten sich seines Herzens möchten bemeistert haben, ist freilich alsdann nicht anders zu erwarten, als daß er diese Geschicklichkeit, sich zu verstellen, und einen guten Schein anzunehmen, mit zum Dienst seiner bösen Begierden angewendet, und er alsdenn als ein arglistiger böser Heuchler gehandelt haben werde." "1764 erhielt er, wie schon gesagt, Urlaub, und kam in dem nehmlichen Jahre glücklich und mit Ehren an seinem Geburtsorte an. Er fand hier nach seiner Zurückkunft allerlei Verstrickungen, die ihn zu dem Entschluß brachten, den er wohl bei seiner Abreise nicht gehabt hatte, seinen Dienst zu verlassen, und nicht wieder zu seinem Regimente zurückzukehren; er suchte beim Obrist von Belling um seinen Abschied nach, der ihm aber seinen Gesuch zweimal abschlägt."
»Freilich haben alsdann diejenigen nicht Unrecht, die ihn fuͤr einen feinen Heuchler erklaͤren. Die Vorblicke von Ehrlichkeit, von Ehrliebe, von Guͤte des Herzens, die in seinem Betragen hervorstechen, koͤnnten wir fuͤr nichts anders halten, als was Cicero in einer bekannten Schilderung: adumbrata non expressa signa virtutum & vitia radicibus quibusdam virtutum nixa nennt. Jn dem Falle, daß strafbare Begierden und Affecten sich seines Herzens moͤchten bemeistert haben, ist freilich alsdann nicht anders zu erwarten, als daß er diese Geschicklichkeit, sich zu verstellen, und einen guten Schein anzunehmen, mit zum Dienst seiner boͤsen Begierden angewendet, und er alsdenn als ein arglistiger boͤser Heuchler gehandelt haben werde.« »1764 erhielt er, wie schon gesagt, Urlaub, und kam in dem nehmlichen Jahre gluͤcklich und mit Ehren an seinem Geburtsorte an. Er fand hier nach seiner Zuruͤckkunft allerlei Verstrickungen, die ihn zu dem Entschluß brachten, den er wohl bei seiner Abreise nicht gehabt hatte, seinen Dienst zu verlassen, und nicht wieder zu seinem Regimente zuruͤckzukehren; er suchte beim Obrist von Belling um seinen Abschied nach, der ihm aber seinen Gesuch zweimal abschlaͤgt.« <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0035" n="33"/><lb/> oder Strafe, was gelobt wuͤrde, was ihm zur Empfehlung dienen koͤnnte, nachahmen.«</p> <p>»Freilich haben alsdann diejenigen nicht Unrecht, die ihn fuͤr einen feinen Heuchler erklaͤren. Die Vorblicke von Ehrlichkeit, von Ehrliebe, von Guͤte des Herzens, die in seinem Betragen hervorstechen, koͤnnten wir fuͤr nichts anders halten, als was Cicero in einer bekannten Schilderung: <hi rendition="#aq">adumbrata non expressa signa virtutum & vitia radicibus quibusdam virtutum nixa</hi> nennt. Jn dem Falle, daß strafbare Begierden und Affecten sich seines Herzens moͤchten bemeistert haben, ist freilich alsdann nicht anders zu erwarten, als daß er diese Geschicklichkeit, sich zu verstellen, und einen guten Schein anzunehmen, mit zum Dienst seiner boͤsen Begierden angewendet, und er alsdenn als ein arglistiger boͤser Heuchler gehandelt haben werde.«</p> <p>»1764 erhielt er, wie schon gesagt, Urlaub, und kam in dem nehmlichen Jahre gluͤcklich und mit Ehren an seinem Geburtsorte an. Er fand hier nach seiner Zuruͤckkunft allerlei Verstrickungen, die ihn zu dem Entschluß brachten, den er wohl bei seiner Abreise nicht gehabt hatte, seinen Dienst zu verlassen, und nicht wieder zu seinem Regimente zuruͤckzukehren; er suchte beim Obrist von <hi rendition="#b">Belling</hi> um seinen Abschied nach, der ihm aber seinen Gesuch zweimal abschlaͤgt.«</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0035]
oder Strafe, was gelobt wuͤrde, was ihm zur Empfehlung dienen koͤnnte, nachahmen.«
»Freilich haben alsdann diejenigen nicht Unrecht, die ihn fuͤr einen feinen Heuchler erklaͤren. Die Vorblicke von Ehrlichkeit, von Ehrliebe, von Guͤte des Herzens, die in seinem Betragen hervorstechen, koͤnnten wir fuͤr nichts anders halten, als was Cicero in einer bekannten Schilderung: adumbrata non expressa signa virtutum & vitia radicibus quibusdam virtutum nixa nennt. Jn dem Falle, daß strafbare Begierden und Affecten sich seines Herzens moͤchten bemeistert haben, ist freilich alsdann nicht anders zu erwarten, als daß er diese Geschicklichkeit, sich zu verstellen, und einen guten Schein anzunehmen, mit zum Dienst seiner boͤsen Begierden angewendet, und er alsdenn als ein arglistiger boͤser Heuchler gehandelt haben werde.«
»1764 erhielt er, wie schon gesagt, Urlaub, und kam in dem nehmlichen Jahre gluͤcklich und mit Ehren an seinem Geburtsorte an. Er fand hier nach seiner Zuruͤckkunft allerlei Verstrickungen, die ihn zu dem Entschluß brachten, den er wohl bei seiner Abreise nicht gehabt hatte, seinen Dienst zu verlassen, und nicht wieder zu seinem Regimente zuruͤckzukehren; er suchte beim Obrist von Belling um seinen Abschied nach, der ihm aber seinen Gesuch zweimal abschlaͤgt.«
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/35>, abgerufen am 17.02.2025. |