Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0019" n="17"/><lb/> spielen, sonderlich sehr lebhaft, sehr feurig empfindender Menschen wissen wir, daß die lebhaftesten Empfindungen und Vorstellungen gemeiniglich viel zu <hi rendition="#b">schnell</hi> voruͤber gehen, als daß sie sich, um mich so auszudruͤcken, tiefer in den Grund der Seele hinabsenken sollten. (Ja! in der Lebhaftigkeit der Gefuͤhle liegt sogar der vorzuͤglichste Grund, daß jene Menschen sollten einen <hi rendition="#b">fixirten</hi> Character erlangen koͤnnen.) Die Seele wird dadurch <hi rendition="#b">entweder</hi> wie betaͤubt, so daß sie sie nicht mit gehoͤriger Aufmerksamkeit auffassen, und mit ihren uͤbrigen Vorstellungen in Reih und Glied stellen kann; <hi rendition="#b">oder</hi> es loͤscht eine lebhafte Empfindung die andre augenblicklich wieder aus, weil sie gleichsam nicht Platz, nicht Spielraͤume genug in unserm Gehirn haben; <hi rendition="#b">oder</hi> die Lebhaftigkeit uͤberschreitet den Grad des Angenehmen oder Unangenehmen der Empfindung, welcher mit der gegenwaͤrtigen Disposition unsrer Natur heterogen ist, so, daß wir der Lebhaftigkeit der Eindruͤcke augenblicklich entgegen zu wirken anfangen. Nach psychologischen Gesetzen wird durchaus zur <hi rendition="#b">Dauer</hi> einer jeden Empfindung <hi rendition="#aq">a)</hi> eine <choice><corr><hi rendition="#b">Receptivitaͤt </hi></corr><sic>Recertistitaͤt</sic></choice> der Seele erfordert, vermoͤge welcher sie sich <hi rendition="#b">geneigt</hi> fuͤhlt, diese oder jene Empfindung <hi rendition="#b">vorzuͤglich</hi> aufzunehmen, (ein positives Streben zu jener Empfindung) weil sie entweder mit andern gleichartigen in der Seele schon vorhandenen eine Aehnlichkeit hat; oder weil eben die Seele muͤßig ist, und mit der ersten besten Sen-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [17/0019]
spielen, sonderlich sehr lebhaft, sehr feurig empfindender Menschen wissen wir, daß die lebhaftesten Empfindungen und Vorstellungen gemeiniglich viel zu schnell voruͤber gehen, als daß sie sich, um mich so auszudruͤcken, tiefer in den Grund der Seele hinabsenken sollten. (Ja! in der Lebhaftigkeit der Gefuͤhle liegt sogar der vorzuͤglichste Grund, daß jene Menschen sollten einen fixirten Character erlangen koͤnnen.) Die Seele wird dadurch entweder wie betaͤubt, so daß sie sie nicht mit gehoͤriger Aufmerksamkeit auffassen, und mit ihren uͤbrigen Vorstellungen in Reih und Glied stellen kann; oder es loͤscht eine lebhafte Empfindung die andre augenblicklich wieder aus, weil sie gleichsam nicht Platz, nicht Spielraͤume genug in unserm Gehirn haben; oder die Lebhaftigkeit uͤberschreitet den Grad des Angenehmen oder Unangenehmen der Empfindung, welcher mit der gegenwaͤrtigen Disposition unsrer Natur heterogen ist, so, daß wir der Lebhaftigkeit der Eindruͤcke augenblicklich entgegen zu wirken anfangen. Nach psychologischen Gesetzen wird durchaus zur Dauer einer jeden Empfindung a) eine Receptivitaͤt der Seele erfordert, vermoͤge welcher sie sich geneigt fuͤhlt, diese oder jene Empfindung vorzuͤglich aufzunehmen, (ein positives Streben zu jener Empfindung) weil sie entweder mit andern gleichartigen in der Seele schon vorhandenen eine Aehnlichkeit hat; oder weil eben die Seele muͤßig ist, und mit der ersten besten Sen-
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