Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.
Franz war jezt 16 Jahr alt, hatte in öffentlichen Prüfungen schon verschiedene Preise erhalten, und war nicht nur in den meisten Sprachen und Wissenschaften, die auf dem Gymnasium getrieben wurden, der Erste, sondern hatte sich noch durch sein Privatstudium andere gründliche Vorbereitungskenntniße für die Universität erworben. Geliebt und geehrt von seinen Lehrern und Mitschülern verließ er das L--sche Gymnasium, und blieb ein Halbjahr bey seinen Eltern auf dem Lande, wo er in Geräuschloser Zurükgezogenheit sich ganz der Philologie und Philosophie weihte, nur selten, und immer nur wissenschaftlicher Gegenstände wegen die Stadt besuchte, und auf seinem Dorfe außer seinen Eltern mit niemand als mit dem Amtmann, einem geistvollen Belletristen, und mit seinem gelehrten Herrn Pfarrer Umgang pflog, und, wie sich Se. Hochwürden ausdrükten, Honigsüsse Lateinische Verse schrieb. Sowohl eigner Drang des Jünglings, als der Rath verschiedner erleuchteter Freunde bestimmten endlich den Vater, seinen Liebling auf die Universität nach T**. zu schicken. Seine Vorkenntnisse,
Franz war jezt 16 Jahr alt, hatte in oͤffentlichen Pruͤfungen schon verschiedene Preise erhalten, und war nicht nur in den meisten Sprachen und Wissenschaften, die auf dem Gymnasium getrieben wurden, der Erste, sondern hatte sich noch durch sein Privatstudium andere gruͤndliche Vorbereitungskenntniße fuͤr die Universitaͤt erworben. Geliebt und geehrt von seinen Lehrern und Mitschuͤlern verließ er das L—sche Gymnasium, und blieb ein Halbjahr bey seinen Eltern auf dem Lande, wo er in Geraͤuschloser Zuruͤkgezogenheit sich ganz der Philologie und Philosophie weihte, nur selten, und immer nur wissenschaftlicher Gegenstaͤnde wegen die Stadt besuchte, und auf seinem Dorfe außer seinen Eltern mit niemand als mit dem Amtmann, einem geistvollen Belletristen, und mit seinem gelehrten Herrn Pfarrer Umgang pflog, und, wie sich Se. Hochwuͤrden ausdruͤkten, Honigsuͤsse Lateinische Verse schrieb. Sowohl eigner Drang des Juͤnglings, als der Rath verschiedner erleuchteter Freunde bestimmten endlich den Vater, seinen Liebling auf die Universitaͤt nach T**. zu schicken. Seine Vorkenntnisse, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0096" n="96"/><lb/> guter Gott, und wie so ganz anders waͤre alles geworden; — wie gluͤklich lebte der Alte jezt mit seinem Kinde! Wie ruhig haͤtt er auf dieser Stuͤze entschlummern koͤnnen! —</p> <p>Franz war jezt 16 Jahr alt, hatte in oͤffentlichen Pruͤfungen schon verschiedene Preise erhalten, und war nicht nur in den meisten Sprachen und Wissenschaften, die auf dem Gymnasium getrieben wurden, der Erste, sondern hatte sich noch durch sein Privatstudium andere gruͤndliche Vorbereitungskenntniße fuͤr die Universitaͤt erworben. Geliebt und geehrt von seinen Lehrern und Mitschuͤlern verließ er das L—sche Gymnasium, und blieb ein Halbjahr bey seinen Eltern auf dem Lande, wo er in Geraͤuschloser Zuruͤkgezogenheit sich ganz der Philologie und Philosophie weihte, nur selten, und immer nur wissenschaftlicher Gegenstaͤnde wegen die Stadt besuchte, und auf seinem Dorfe außer seinen Eltern mit niemand als mit dem Amtmann, einem geistvollen Belletristen, und mit seinem gelehrten Herrn Pfarrer Umgang pflog, und, wie sich <choice><corr>Se.</corr><sic>Sr.</sic></choice> Hochwuͤrden ausdruͤkten, Honigsuͤsse Lateinische Verse schrieb.</p> <p>Sowohl eigner Drang des Juͤnglings, als der Rath verschiedner erleuchteter Freunde bestimmten endlich den Vater, seinen Liebling auf die Universitaͤt nach T**. zu schicken. Seine Vorkenntnisse,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0096]
guter Gott, und wie so ganz anders waͤre alles geworden; — wie gluͤklich lebte der Alte jezt mit seinem Kinde! Wie ruhig haͤtt er auf dieser Stuͤze entschlummern koͤnnen! —
Franz war jezt 16 Jahr alt, hatte in oͤffentlichen Pruͤfungen schon verschiedene Preise erhalten, und war nicht nur in den meisten Sprachen und Wissenschaften, die auf dem Gymnasium getrieben wurden, der Erste, sondern hatte sich noch durch sein Privatstudium andere gruͤndliche Vorbereitungskenntniße fuͤr die Universitaͤt erworben. Geliebt und geehrt von seinen Lehrern und Mitschuͤlern verließ er das L—sche Gymnasium, und blieb ein Halbjahr bey seinen Eltern auf dem Lande, wo er in Geraͤuschloser Zuruͤkgezogenheit sich ganz der Philologie und Philosophie weihte, nur selten, und immer nur wissenschaftlicher Gegenstaͤnde wegen die Stadt besuchte, und auf seinem Dorfe außer seinen Eltern mit niemand als mit dem Amtmann, einem geistvollen Belletristen, und mit seinem gelehrten Herrn Pfarrer Umgang pflog, und, wie sich Se. Hochwuͤrden ausdruͤkten, Honigsuͤsse Lateinische Verse schrieb.
Sowohl eigner Drang des Juͤnglings, als der Rath verschiedner erleuchteter Freunde bestimmten endlich den Vater, seinen Liebling auf die Universitaͤt nach T**. zu schicken. Seine Vorkenntnisse,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/96>, abgerufen am 16.07.2024. |