Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.
"Wenn sich die Eifersucht, sagt Montaigne, von den Frauenzimmern, dieser armen, schwachen und ohnmächtigen Seelen bemächtigt, so ist es erbärmlich, wie grausam und tyrannisch sie dieselben hin und her reißt. Sie schleicht bei ihnen unter dem Namen der Freundschaft ein, allein, wenn sie dieselben einmal in ihrer Gewalt hat, so wird eben das, was sie sonst liebreich machte, die Ursache des grausamsten Hasses. Unter allen Krankheiten der Seele findet keine mehrere Nahrung und weniger Hülfsmittel, als diese. Die Gesundheit, die Verdienste und der Ruhm eines Mannes selbst geben zu ihrer Feindseligkeit und Raserei Anlaß. -- Dieses Fieber verunstaltet und verdirbt alles Schöne und Gute, was sie sonst an sich haben. Eine eifersüchtige Frau mag noch so schön und zurükhaltend seyn, so scheinen doch alle ihre Handlungen feindselig und ungestüm. Eine rasende Unruhe bringt sie auf lauter Ausschweifungen, wodurch sie freilich ihre Sache immer noch ärger macht." Jch führe zur Bestätigung der vorhergehenden Bemerkungen noch eine Stelle aus einem Buche an, welches voll von vortreflichen psychologischen Bemerkungen zu Entwicklungen unserer Leidenschaften ist, und vom gelehrten Publicum nicht so viel gelesen worden ist, als es verdient, nemlich aus Ewalds
»Wenn sich die Eifersucht, sagt Montaigne, von den Frauenzimmern, dieser armen, schwachen und ohnmaͤchtigen Seelen bemaͤchtigt, so ist es erbaͤrmlich, wie grausam und tyrannisch sie dieselben hin und her reißt. Sie schleicht bei ihnen unter dem Namen der Freundschaft ein, allein, wenn sie dieselben einmal in ihrer Gewalt hat, so wird eben das, was sie sonst liebreich machte, die Ursache des grausamsten Hasses. Unter allen Krankheiten der Seele findet keine mehrere Nahrung und weniger Huͤlfsmittel, als diese. Die Gesundheit, die Verdienste und der Ruhm eines Mannes selbst geben zu ihrer Feindseligkeit und Raserei Anlaß. — Dieses Fieber verunstaltet und verdirbt alles Schoͤne und Gute, was sie sonst an sich haben. Eine eifersuͤchtige Frau mag noch so schoͤn und zuruͤkhaltend seyn, so scheinen doch alle ihre Handlungen feindselig und ungestuͤm. Eine rasende Unruhe bringt sie auf lauter Ausschweifungen, wodurch sie freilich ihre Sache immer noch aͤrger macht.« Jch fuͤhre zur Bestaͤtigung der vorhergehenden Bemerkungen noch eine Stelle aus einem Buche an, welches voll von vortreflichen psychologischen Bemerkungen zu Entwicklungen unserer Leidenschaften ist, und vom gelehrten Publicum nicht so viel gelesen worden ist, als es verdient, nemlich aus Ewalds <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0064" n="64"/><lb/> sie liebte, mit langsamer Ueberlegung hinzurichten suchte.</p> <p>»Wenn sich die Eifersucht, sagt Montaigne, von den Frauenzimmern, dieser armen, schwachen und ohnmaͤchtigen Seelen bemaͤchtigt, so ist es erbaͤrmlich, wie grausam und tyrannisch sie dieselben hin und her reißt. Sie schleicht bei ihnen unter <choice><corr>dem</corr><sic>den</sic></choice> Namen der Freundschaft ein, allein, wenn sie <choice><corr>dieselben</corr><sic>dieselbe</sic></choice> einmal in ihrer Gewalt hat, so wird eben das, was sie sonst liebreich machte, die Ursache des grausamsten Hasses. <hi rendition="#b">Unter allen Krankheiten der Seele findet keine mehrere Nahrung und weniger Huͤlfsmittel, als diese.</hi> Die Gesundheit, die Verdienste und der Ruhm eines Mannes selbst geben zu ihrer Feindseligkeit und Raserei Anlaß. — Dieses Fieber verunstaltet und verdirbt alles Schoͤne und Gute, was sie sonst an sich haben. Eine eifersuͤchtige Frau mag noch so schoͤn und zuruͤkhaltend seyn, so scheinen doch alle ihre Handlungen feindselig und ungestuͤm. Eine rasende Unruhe bringt sie auf lauter Ausschweifungen, wodurch sie freilich ihre Sache immer noch aͤrger macht.«</p> <p>Jch fuͤhre zur Bestaͤtigung der vorhergehenden Bemerkungen noch eine Stelle aus einem Buche an, welches voll von vortreflichen psychologischen Bemerkungen <choice><corr>zu Entwicklungen</corr><sic>Entwicklungen</sic></choice> unserer Leidenschaften ist, und vom gelehrten Publicum nicht so viel gelesen worden ist, als es verdient, nemlich aus <hi rendition="#b">Ewalds</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0064]
sie liebte, mit langsamer Ueberlegung hinzurichten suchte.
»Wenn sich die Eifersucht, sagt Montaigne, von den Frauenzimmern, dieser armen, schwachen und ohnmaͤchtigen Seelen bemaͤchtigt, so ist es erbaͤrmlich, wie grausam und tyrannisch sie dieselben hin und her reißt. Sie schleicht bei ihnen unter dem Namen der Freundschaft ein, allein, wenn sie dieselben einmal in ihrer Gewalt hat, so wird eben das, was sie sonst liebreich machte, die Ursache des grausamsten Hasses. Unter allen Krankheiten der Seele findet keine mehrere Nahrung und weniger Huͤlfsmittel, als diese. Die Gesundheit, die Verdienste und der Ruhm eines Mannes selbst geben zu ihrer Feindseligkeit und Raserei Anlaß. — Dieses Fieber verunstaltet und verdirbt alles Schoͤne und Gute, was sie sonst an sich haben. Eine eifersuͤchtige Frau mag noch so schoͤn und zuruͤkhaltend seyn, so scheinen doch alle ihre Handlungen feindselig und ungestuͤm. Eine rasende Unruhe bringt sie auf lauter Ausschweifungen, wodurch sie freilich ihre Sache immer noch aͤrger macht.«
Jch fuͤhre zur Bestaͤtigung der vorhergehenden Bemerkungen noch eine Stelle aus einem Buche an, welches voll von vortreflichen psychologischen Bemerkungen zu Entwicklungen unserer Leidenschaften ist, und vom gelehrten Publicum nicht so viel gelesen worden ist, als es verdient, nemlich aus Ewalds
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