Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0106" n="106"/><lb/> Stadtdoctors gethan worden, um desto gewisser, und baͤlder wieder hergestellt zu werden. — Jn der Diaͤt hielt ich ihn weit strenger, als ich es im Hause seines Vaters thun konnte. — Er trank auf der Universitaͤt gern Wein, und dieser mochte unstreitig das Seine zu seinem Uebel beygetragen haben. — Auch jezt begehrte er in lichten Zwischenraͤumen dieses Getraͤnk mit Ungestuͤmm. Jch ließ ihm nicht das geringste weder von Wein, noch von Fleisch und dergleichen reichen. Mit den leichtesten aufs sorgfaͤltigste zubereiteten Speisen, mit Milch und Wasser mußte er seinen oft unbaͤndigen Hunger, und Durst, nach und nach, — nie auf einmal stillen. Das Herz blutete mir oft wenn er bald mit gebieterischem Ungestuͤmm, bald mit drohender Wuth, bald mit den Traͤhnen des Kindes seine Lieblingsspeisen, und Weine begehrte, und ich haͤtte in dem Augenblick nicht Vater seyn duͤrfen. — Ein paar der besten Geschichtschreiber, und einige Englische Romane wurden ihm nach einiger Zeit zur Unterhaltung gegeben. Am Ende forderte er selbst sein Klavier welches er sehr artig spielte. Jn der That war er mir hierin nur um einige Tage zuvorgekommen; denn da mir die Wichtigkeit der Musik in der Heilkunst der Seelen lange schon aus den auffallendsten Beyspielen bekannt war, so hatt' ich sie gleich anfaͤnglich in den Plan zu seiner Genesung aufgenommen. — Von seinem Zimmer hatte er die lachendste Aussicht<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0106]
Stadtdoctors gethan worden, um desto gewisser, und baͤlder wieder hergestellt zu werden. — Jn der Diaͤt hielt ich ihn weit strenger, als ich es im Hause seines Vaters thun konnte. — Er trank auf der Universitaͤt gern Wein, und dieser mochte unstreitig das Seine zu seinem Uebel beygetragen haben. — Auch jezt begehrte er in lichten Zwischenraͤumen dieses Getraͤnk mit Ungestuͤmm. Jch ließ ihm nicht das geringste weder von Wein, noch von Fleisch und dergleichen reichen. Mit den leichtesten aufs sorgfaͤltigste zubereiteten Speisen, mit Milch und Wasser mußte er seinen oft unbaͤndigen Hunger, und Durst, nach und nach, — nie auf einmal stillen. Das Herz blutete mir oft wenn er bald mit gebieterischem Ungestuͤmm, bald mit drohender Wuth, bald mit den Traͤhnen des Kindes seine Lieblingsspeisen, und Weine begehrte, und ich haͤtte in dem Augenblick nicht Vater seyn duͤrfen. — Ein paar der besten Geschichtschreiber, und einige Englische Romane wurden ihm nach einiger Zeit zur Unterhaltung gegeben. Am Ende forderte er selbst sein Klavier welches er sehr artig spielte. Jn der That war er mir hierin nur um einige Tage zuvorgekommen; denn da mir die Wichtigkeit der Musik in der Heilkunst der Seelen lange schon aus den auffallendsten Beyspielen bekannt war, so hatt' ich sie gleich anfaͤnglich in den Plan zu seiner Genesung aufgenommen. — Von seinem Zimmer hatte er die lachendste Aussicht
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