Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


schweigen, fragte die Magd und meine Frau, alle bewunderten die Sache, meine Mutter ausgenommen, welche, wie ich glaube, wegen des Schnupfens nichts roch. Jch glaubte gleich, daß dieses wunderbare Phänomen den Tod von jemand anzeigen müßte, ich begab mich wieder in mein Bette, konnte aber nicht einschlafen. Aber nun trug sich noch etwas seltsameres zu. Jch hörte deutlich auf der öffentlichen Straße Schweine grunzen, obgleich keine vorhanden waren, und Enten schnattern, welches die ganze Nacht dauerte. Von so vielen Erscheinungen niedergeschlagen, wußte ich nicht, was ich des Morgens machen sollte. Jch lief von der Frühstückzeit an ausser der Stadt herum, kehre endlich wieder nach meinem Hause zurück, und erblicke meine Mutter, welche mich antrieb, dem vom Blitz getroffenen Nachbar zu Hülfe zu eilen, -- ich lief hinzu und fand ihn todt."

"Noch eine andre Erscheinung ist folgende. Als meine Mutter in den letzten Zügen lag, hört' ich, ob ich gleich bei hellem Sonnenlichte nichts sahe, funfzehn Schläge -- so ungefähr, als wenn das Wasser tropfenweise auf das Pflaster fällt. Die Nacht vorher zählte ich von dergleichen Schlägen an die 120. Aber ich stand bei mir an, ob nicht vielleicht einer meiner Hausleute mir bei meiner Angst einen Streich spielen wollte, weil die Schläge von der


schweigen, fragte die Magd und meine Frau, alle bewunderten die Sache, meine Mutter ausgenommen, welche, wie ich glaube, wegen des Schnupfens nichts roch. Jch glaubte gleich, daß dieses wunderbare Phaͤnomen den Tod von jemand anzeigen muͤßte, ich begab mich wieder in mein Bette, konnte aber nicht einschlafen. Aber nun trug sich noch etwas seltsameres zu. Jch hoͤrte deutlich auf der oͤffentlichen Straße Schweine grunzen, obgleich keine vorhanden waren, und Enten schnattern, welches die ganze Nacht dauerte. Von so vielen Erscheinungen niedergeschlagen, wußte ich nicht, was ich des Morgens machen sollte. Jch lief von der Fruͤhstuͤckzeit an ausser der Stadt herum, kehre endlich wieder nach meinem Hause zuruͤck, und erblicke meine Mutter, welche mich antrieb, dem vom Blitz getroffenen Nachbar zu Huͤlfe zu eilen, — ich lief hinzu und fand ihn todt.«

»Noch eine andre Erscheinung ist folgende. Als meine Mutter in den letzten Zuͤgen lag, hoͤrt' ich, ob ich gleich bei hellem Sonnenlichte nichts sahe, funfzehn Schlaͤge — so ungefaͤhr, als wenn das Wasser tropfenweise auf das Pflaster faͤllt. Die Nacht vorher zaͤhlte ich von dergleichen Schlaͤgen an die 120. Aber ich stand bei mir an, ob nicht vielleicht einer meiner Hausleute mir bei meiner Angst einen Streich spielen wollte, weil die Schlaͤge von der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0097" n="97"/><lb/>
schweigen, fragte die                         Magd und meine Frau, alle bewunderten die Sache, meine Mutter ausgenommen,                         welche, wie ich glaube, wegen des Schnupfens <choice><corr>nichts</corr><sic>nicht</sic></choice> roch. Jch glaubte                         gleich, daß dieses wunderbare Pha&#x0364;nomen den Tod von jemand anzeigen mu&#x0364;ßte,                         ich begab mich wieder in mein Bette, konnte aber nicht einschlafen. Aber nun                         trug sich noch etwas seltsameres zu. Jch ho&#x0364;rte deutlich auf der o&#x0364;ffentlichen                         Straße Schweine grunzen, obgleich keine vorhanden waren, und Enten                         schnattern, welches die ganze Nacht dauerte. Von so vielen Erscheinungen                         niedergeschlagen, wußte ich nicht, was ich des Morgens machen sollte. Jch                         lief von der Fru&#x0364;hstu&#x0364;ckzeit an ausser der Stadt herum, kehre endlich wieder                         nach meinem Hause zuru&#x0364;ck, und erblicke meine Mutter, welche mich antrieb,                         dem vom Blitz getroffenen Nachbar zu Hu&#x0364;lfe zu eilen, &#x2014; ich lief hinzu und                         fand ihn todt.«</p>
            <p>»Noch eine andre Erscheinung ist folgende. Als meine Mutter in den letzten                         Zu&#x0364;gen lag, ho&#x0364;rt' ich, ob ich gleich bei hellem Sonnenlichte nichts sahe,                         funfzehn Schla&#x0364;ge &#x2014; so ungefa&#x0364;hr, als wenn das Wasser tropfenweise auf das                         Pflaster fa&#x0364;llt. Die Nacht vorher za&#x0364;hlte ich von dergleichen Schla&#x0364;gen an die                         120. Aber ich stand bei mir an, ob nicht vielleicht einer meiner Hausleute                         mir bei meiner Angst einen Streich spielen wollte, weil die Schla&#x0364;ge von der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0097] schweigen, fragte die Magd und meine Frau, alle bewunderten die Sache, meine Mutter ausgenommen, welche, wie ich glaube, wegen des Schnupfens nichts roch. Jch glaubte gleich, daß dieses wunderbare Phaͤnomen den Tod von jemand anzeigen muͤßte, ich begab mich wieder in mein Bette, konnte aber nicht einschlafen. Aber nun trug sich noch etwas seltsameres zu. Jch hoͤrte deutlich auf der oͤffentlichen Straße Schweine grunzen, obgleich keine vorhanden waren, und Enten schnattern, welches die ganze Nacht dauerte. Von so vielen Erscheinungen niedergeschlagen, wußte ich nicht, was ich des Morgens machen sollte. Jch lief von der Fruͤhstuͤckzeit an ausser der Stadt herum, kehre endlich wieder nach meinem Hause zuruͤck, und erblicke meine Mutter, welche mich antrieb, dem vom Blitz getroffenen Nachbar zu Huͤlfe zu eilen, — ich lief hinzu und fand ihn todt.« »Noch eine andre Erscheinung ist folgende. Als meine Mutter in den letzten Zuͤgen lag, hoͤrt' ich, ob ich gleich bei hellem Sonnenlichte nichts sahe, funfzehn Schlaͤge — so ungefaͤhr, als wenn das Wasser tropfenweise auf das Pflaster faͤllt. Die Nacht vorher zaͤhlte ich von dergleichen Schlaͤgen an die 120. Aber ich stand bei mir an, ob nicht vielleicht einer meiner Hausleute mir bei meiner Angst einen Streich spielen wollte, weil die Schlaͤge von der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/97
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/97>, abgerufen am 22.11.2024.