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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

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Denken als einer immateriellen, oder bloß materiellen Substanz zugeschrieben werden müsse.

Nach dieser kurzen Einleitung will ich nun die verschiedenen Aufsätze in den drei letzten Bänden der Erfahrungsseelenkunde zu revidiren anfangen, welche gewisse Krankheiten und Verirrungen der menschlichen Vorstellungskraft und Jmagination betreffen, und zum Theil sehr lehrreiche Winke enthalten, wie man sich vor dergleichen Uebeln sichern und davon befreien könne.


Jm 4ten Bande, 1tes Stück S. 70. ff. steht ein lesenswürdiger Aufsatz von einem jungen aufgeklärten Gelehrten, Hrn. Lenz, welcher sich jetzt in Göttingen aufhält, und obigen Aufsatzes wegen mancherlei Verdrüßlichkeiten gehabt haben soll.

Daß übrigens einem jungen Mädgen von neun bis zehn Jahren, deren Eltern pietistisch gesinnt waren, und ihrem Kinde fürchterlich-schreckliche Begriffe von Teufel, Hölle und Verdammniß mogten beigebracht haben, nach einem frölich zugebrachten Geburtstage, -- wobei das Blut in eine stärkere Bewegung gekommen war, -- des Abends beim Zubettegehn der Teufel erscheint, und sie zu verschlingen droht, konnte sehr natürlich zugehn, indem zu der gehabten vermeinten Erscheinung schon alle


Denken als einer immateriellen, oder bloß materiellen Substanz zugeschrieben werden muͤsse.

Nach dieser kurzen Einleitung will ich nun die verschiedenen Aufsaͤtze in den drei letzten Baͤnden der Erfahrungsseelenkunde zu revidiren anfangen, welche gewisse Krankheiten und Verirrungen der menschlichen Vorstellungskraft und Jmagination betreffen, und zum Theil sehr lehrreiche Winke enthalten, wie man sich vor dergleichen Uebeln sichern und davon befreien koͤnne.


Jm 4ten Bande, 1tes Stuͤck S. 70. ff. steht ein lesenswuͤrdiger Aufsatz von einem jungen aufgeklaͤrten Gelehrten, Hrn. Lenz, welcher sich jetzt in Goͤttingen aufhaͤlt, und obigen Aufsatzes wegen mancherlei Verdruͤßlichkeiten gehabt haben soll.

Daß uͤbrigens einem jungen Maͤdgen von neun bis zehn Jahren, deren Eltern pietistisch gesinnt waren, und ihrem Kinde fuͤrchterlich-schreckliche Begriffe von Teufel, Hoͤlle und Verdammniß mogten beigebracht haben, nach einem froͤlich zugebrachten Geburtstage, — wobei das Blut in eine staͤrkere Bewegung gekommen war, — des Abends beim Zubettegehn der Teufel erscheint, und sie zu verschlingen droht, konnte sehr natuͤrlich zugehn, indem zu der gehabten vermeinten Erscheinung schon alle

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[5/0005] Denken als einer immateriellen, oder bloß materiellen Substanz zugeschrieben werden muͤsse. Nach dieser kurzen Einleitung will ich nun die verschiedenen Aufsaͤtze in den drei letzten Baͤnden der Erfahrungsseelenkunde zu revidiren anfangen, welche gewisse Krankheiten und Verirrungen der menschlichen Vorstellungskraft und Jmagination betreffen, und zum Theil sehr lehrreiche Winke enthalten, wie man sich vor dergleichen Uebeln sichern und davon befreien koͤnne. Jm 4ten Bande, 1tes Stuͤck S. 70. ff. steht ein lesenswuͤrdiger Aufsatz von einem jungen aufgeklaͤrten Gelehrten, Hrn. Lenz, welcher sich jetzt in Goͤttingen aufhaͤlt, und obigen Aufsatzes wegen mancherlei Verdruͤßlichkeiten gehabt haben soll. Daß uͤbrigens einem jungen Maͤdgen von neun bis zehn Jahren, deren Eltern pietistisch gesinnt waren, und ihrem Kinde fuͤrchterlich-schreckliche Begriffe von Teufel, Hoͤlle und Verdammniß mogten beigebracht haben, nach einem froͤlich zugebrachten Geburtstage, — wobei das Blut in eine staͤrkere Bewegung gekommen war, — des Abends beim Zubettegehn der Teufel erscheint, und sie zu verschlingen droht, konnte sehr natuͤrlich zugehn, indem zu der gehabten vermeinten Erscheinung schon alle

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/5>, abgerufen am 24.11.2024.