Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.ihm, daß er die Gegend bei der Skopischen Fähre erblickte, und von einem Menschen, der wie ein Jäger gekleidet war, durch den Kopf geschossen würde. Als mein Freund an die Fähre kam, erzählte er seinen Begleitern den Traum, welche ihn verlachten. Sie kamen insgesammt glücklich über die Saale hinüber, hielten sich einige Tage in Halle auf, und kehrten vergnügt nach Jena zurück. Sie mußten wieder über die Fähre. Mein Freund blieb zu Pferde sitzen, und hinter ihm stieg ein Jäger mit einer Flinte hinein. Dieser sahe eine Elster über's Wasser fliegen, und sagte: Jch will doch sehen, ob ich dich im Fluge wegbüchsen kann. Mein Freund erinnerte ihn, daß er erst absteigen wolle, weil sein Pferd etwas schüchtern sey; allein er schoß zu, ehe jener noch ausgeredet hatte, und sogleich sprang das Pferd meines Freundes in den Fluß hinein. Er hätte gewiß ertrinken müssen, wenn nicht der Jäger, der ein guter Schwimmer war, sogleich seine Kleider von sich geworfen, in's Wasser gesprungen wäre, und ihn herausgezogen hätte. 4) Sehr sonderbar ist vornehmlich folgender Zufall. Ein junger Gelehrter hatte seine Aeltern im Mecklenburgischen besucht, und war im Begriff, auf der Post zurück zu reisen, als ihm zwei Offiziere ihren bequemen Wagen anboten, indem sie mit ihm fast den nämlichen Weg zu nehmen gesonnen waren. Jener nahm ihr Anerbieten mit Freuden an, und man bestimmte Ort und Stunde, wenn sie zusam- ihm, daß er die Gegend bei der Skopischen Faͤhre erblickte, und von einem Menschen, der wie ein Jaͤger gekleidet war, durch den Kopf geschossen wuͤrde. Als mein Freund an die Faͤhre kam, erzaͤhlte er seinen Begleitern den Traum, welche ihn verlachten. Sie kamen insgesammt gluͤcklich uͤber die Saale hinuͤber, hielten sich einige Tage in Halle auf, und kehrten vergnuͤgt nach Jena zuruͤck. Sie mußten wieder uͤber die Faͤhre. Mein Freund blieb zu Pferde sitzen, und hinter ihm stieg ein Jaͤger mit einer Flinte hinein. Dieser sahe eine Elster uͤber's Wasser fliegen, und sagte: Jch will doch sehen, ob ich dich im Fluge wegbuͤchsen kann. Mein Freund erinnerte ihn, daß er erst absteigen wolle, weil sein Pferd etwas schuͤchtern sey; allein er schoß zu, ehe jener noch ausgeredet hatte, und sogleich sprang das Pferd meines Freundes in den Fluß hinein. Er haͤtte gewiß ertrinken muͤssen, wenn nicht der Jaͤger, der ein guter Schwimmer war, sogleich seine Kleider von sich geworfen, in's Wasser gesprungen waͤre, und ihn herausgezogen haͤtte. 4) Sehr sonderbar ist vornehmlich folgender Zufall. Ein junger Gelehrter hatte seine Aeltern im Mecklenburgischen besucht, und war im Begriff, auf der Post zuruͤck zu reisen, als ihm zwei Offiziere ihren bequemen Wagen anboten, indem sie mit ihm fast den naͤmlichen Weg zu nehmen gesonnen waren. Jener nahm ihr Anerbieten mit Freuden an, und man bestimmte Ort und Stunde, wenn sie zusam- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <list> <item><pb facs="#f0076" n="74"/><lb/> ihm, daß er die Gegend bei der Skopischen Faͤhre erblickte, und von einem Menschen, der wie ein Jaͤger gekleidet war, durch den Kopf geschossen wuͤrde. Als mein Freund an die Faͤhre kam, erzaͤhlte er seinen Begleitern den Traum, welche ihn verlachten. Sie kamen insgesammt gluͤcklich uͤber die Saale hinuͤber, hielten sich einige Tage in Halle auf, und kehrten vergnuͤgt nach Jena zuruͤck. Sie mußten wieder uͤber die Faͤhre. Mein Freund blieb zu Pferde sitzen, und hinter ihm stieg ein Jaͤger mit einer Flinte hinein. Dieser sahe eine Elster uͤber's Wasser fliegen, und sagte: Jch will doch sehen, ob ich dich im Fluge wegbuͤchsen kann. Mein Freund erinnerte ihn, daß er erst absteigen wolle, weil sein Pferd etwas schuͤchtern sey; allein er schoß zu, ehe jener noch ausgeredet hatte, und sogleich sprang das Pferd meines Freundes in den Fluß hinein. Er haͤtte gewiß ertrinken muͤssen, wenn nicht der Jaͤger, der ein guter Schwimmer war, sogleich seine Kleider von sich geworfen, in's Wasser gesprungen waͤre, und ihn herausgezogen haͤtte.</item> <item>4) Sehr sonderbar ist vornehmlich folgender Zufall. Ein junger Gelehrter hatte seine Aeltern im Mecklenburgischen besucht, und war im Begriff, auf der Post zuruͤck zu reisen, als ihm zwei Offiziere ihren bequemen Wagen anboten, indem sie mit ihm fast den naͤmlichen Weg zu nehmen gesonnen waren. Jener nahm ihr Anerbieten mit Freuden an, und man bestimmte Ort und Stunde, wenn sie zusam-<lb/></item> </list> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [74/0076]
ihm, daß er die Gegend bei der Skopischen Faͤhre erblickte, und von einem Menschen, der wie ein Jaͤger gekleidet war, durch den Kopf geschossen wuͤrde. Als mein Freund an die Faͤhre kam, erzaͤhlte er seinen Begleitern den Traum, welche ihn verlachten. Sie kamen insgesammt gluͤcklich uͤber die Saale hinuͤber, hielten sich einige Tage in Halle auf, und kehrten vergnuͤgt nach Jena zuruͤck. Sie mußten wieder uͤber die Faͤhre. Mein Freund blieb zu Pferde sitzen, und hinter ihm stieg ein Jaͤger mit einer Flinte hinein. Dieser sahe eine Elster uͤber's Wasser fliegen, und sagte: Jch will doch sehen, ob ich dich im Fluge wegbuͤchsen kann. Mein Freund erinnerte ihn, daß er erst absteigen wolle, weil sein Pferd etwas schuͤchtern sey; allein er schoß zu, ehe jener noch ausgeredet hatte, und sogleich sprang das Pferd meines Freundes in den Fluß hinein. Er haͤtte gewiß ertrinken muͤssen, wenn nicht der Jaͤger, der ein guter Schwimmer war, sogleich seine Kleider von sich geworfen, in's Wasser gesprungen waͤre, und ihn herausgezogen haͤtte.
4) Sehr sonderbar ist vornehmlich folgender Zufall. Ein junger Gelehrter hatte seine Aeltern im Mecklenburgischen besucht, und war im Begriff, auf der Post zuruͤck zu reisen, als ihm zwei Offiziere ihren bequemen Wagen anboten, indem sie mit ihm fast den naͤmlichen Weg zu nehmen gesonnen waren. Jener nahm ihr Anerbieten mit Freuden an, und man bestimmte Ort und Stunde, wenn sie zusam-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/76>, abgerufen am 16.02.2025. |