Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


angefeuert werde, - und doch blieb diese alberne Begierde in mir zurück. Aeussern Ruhm und Ehre habe ich demungeachtet nicht sehr begehrt; ja sogar verachtet. Jch wünschte, daß meine Existenz bekannt sey, nicht was und wie ich grade sey. - Soviel es erlaubt war, habe ich mir selbst gelebt, und habe aus Hoffnung künftiger Dinge das Gegenwärtige verachtet." Kurz, der Wunsch zu einer Art Fortexistenz scheint ihm am Ende doch sehr natürlich zu seyn, da er lobenswürdig bleibt.

Das zehnte Kapitel handelt von der Einrichtung seines Lebens. "Jch habe mein Leben, sagt er, so eingerichtet, nicht wie ich's gewollt, sondern wie es mir erlaubt war; habe auch nicht die Lebensart gewählt, die ich wählen sollte, sondern wovon ich glaubte, daß es die bessere seyn würde. Auch wählte ich nicht eine und die nämliche Art des Lebens, da alles gefahrvoll, lästig und unvollkommen in der Welt ist, sondern welche mir zu jeder Zeit grade die bequemste schien. Daher ist es dann gekommen, daß man mich für einen unbeständigen, veränderlichen Mann gehalten hat; denn das ist ganz natürlich, daß die, welche keine gewisse und festgesetzte Lebensart beobachten, mehrere Plane versuchen, und verschiedene schiefe Wege einschlagen. Die eigentliche Absicht meiner Handlungen war, mich auf irgend eine Art zu verewigen. Reichthümer, Ehrenstellen, Macht und Ansehn waren nicht


angefeuert werde, – und doch blieb diese alberne Begierde in mir zuruͤck. Aeussern Ruhm und Ehre habe ich demungeachtet nicht sehr begehrt; ja sogar verachtet. Jch wuͤnschte, daß meine Existenz bekannt sey, nicht was und wie ich grade sey. – Soviel es erlaubt war, habe ich mir selbst gelebt, und habe aus Hoffnung kuͤnftiger Dinge das Gegenwaͤrtige verachtet.« Kurz, der Wunsch zu einer Art Fortexistenz scheint ihm am Ende doch sehr natuͤrlich zu seyn, da er lobenswuͤrdig bleibt.

Das zehnte Kapitel handelt von der Einrichtung seines Lebens. »Jch habe mein Leben, sagt er, so eingerichtet, nicht wie ich's gewollt, sondern wie es mir erlaubt war; habe auch nicht die Lebensart gewaͤhlt, die ich waͤhlen sollte, sondern wovon ich glaubte, daß es die bessere seyn wuͤrde. Auch waͤhlte ich nicht eine und die naͤmliche Art des Lebens, da alles gefahrvoll, laͤstig und unvollkommen in der Welt ist, sondern welche mir zu jeder Zeit grade die bequemste schien. Daher ist es dann gekommen, daß man mich fuͤr einen unbestaͤndigen, veraͤnderlichen Mann gehalten hat; denn das ist ganz natuͤrlich, daß die, welche keine gewisse und festgesetzte Lebensart beobachten, mehrere Plane versuchen, und verschiedene schiefe Wege einschlagen. Die eigentliche Absicht meiner Handlungen war, mich auf irgend eine Art zu verewigen. Reichthuͤmer, Ehrenstellen, Macht und Ansehn waren nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0113" n="111"/><lb/>
angefeuert werde, &#x2013; und doch blieb diese                   alberne Begierde in mir zuru&#x0364;ck. Aeussern Ruhm und Ehre habe ich demungeachtet                   nicht sehr begehrt; ja sogar verachtet. Jch wu&#x0364;nschte, daß meine Existenz bekannt                   sey, nicht was und wie ich grade sey. &#x2013; Soviel es erlaubt war, habe ich mir selbst                   gelebt, und habe aus Hoffnung ku&#x0364;nftiger Dinge das Gegenwa&#x0364;rtige verachtet.« Kurz,                   der Wunsch zu einer Art Fortexistenz scheint ihm am Ende doch sehr natu&#x0364;rlich zu                   seyn, da er lobenswu&#x0364;rdig bleibt.</p>
          <p>Das zehnte Kapitel handelt von der Einrichtung seines Lebens. »Jch habe mein                   Leben, sagt er, so eingerichtet, nicht wie ich's gewollt, sondern wie es mir                   erlaubt war; habe auch nicht die Lebensart gewa&#x0364;hlt, die ich wa&#x0364;hlen sollte, sondern                   wovon ich glaubte, daß es die bessere seyn wu&#x0364;rde. Auch wa&#x0364;hlte ich nicht eine und                   die na&#x0364;mliche Art des Lebens, da alles gefahrvoll, la&#x0364;stig und unvollkommen in der                   Welt ist, sondern welche mir zu jeder Zeit grade die bequemste schien. Daher ist                   es dann gekommen, daß man mich fu&#x0364;r einen unbesta&#x0364;ndigen, vera&#x0364;nderlichen Mann                   gehalten hat; denn das ist ganz natu&#x0364;rlich, daß die, welche keine gewisse und                   festgesetzte Lebensart beobachten, mehrere Plane versuchen, und verschiedene                   schiefe Wege einschlagen. Die eigentliche Absicht meiner Handlungen war, mich auf                   irgend eine Art zu <hi rendition="#b">verewigen.</hi> Reichthu&#x0364;mer, Ehrenstellen,                   Macht und Ansehn waren nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0113] angefeuert werde, – und doch blieb diese alberne Begierde in mir zuruͤck. Aeussern Ruhm und Ehre habe ich demungeachtet nicht sehr begehrt; ja sogar verachtet. Jch wuͤnschte, daß meine Existenz bekannt sey, nicht was und wie ich grade sey. – Soviel es erlaubt war, habe ich mir selbst gelebt, und habe aus Hoffnung kuͤnftiger Dinge das Gegenwaͤrtige verachtet.« Kurz, der Wunsch zu einer Art Fortexistenz scheint ihm am Ende doch sehr natuͤrlich zu seyn, da er lobenswuͤrdig bleibt. Das zehnte Kapitel handelt von der Einrichtung seines Lebens. »Jch habe mein Leben, sagt er, so eingerichtet, nicht wie ich's gewollt, sondern wie es mir erlaubt war; habe auch nicht die Lebensart gewaͤhlt, die ich waͤhlen sollte, sondern wovon ich glaubte, daß es die bessere seyn wuͤrde. Auch waͤhlte ich nicht eine und die naͤmliche Art des Lebens, da alles gefahrvoll, laͤstig und unvollkommen in der Welt ist, sondern welche mir zu jeder Zeit grade die bequemste schien. Daher ist es dann gekommen, daß man mich fuͤr einen unbestaͤndigen, veraͤnderlichen Mann gehalten hat; denn das ist ganz natuͤrlich, daß die, welche keine gewisse und festgesetzte Lebensart beobachten, mehrere Plane versuchen, und verschiedene schiefe Wege einschlagen. Die eigentliche Absicht meiner Handlungen war, mich auf irgend eine Art zu verewigen. Reichthuͤmer, Ehrenstellen, Macht und Ansehn waren nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/113
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/113>, abgerufen am 09.11.2024.