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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.

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Nachtrag. Auszug aus dem Leben H. Cardans. Jn psychologischer Rücksicht.

Hieronymus Cardan, ein Mailändischer Arzt, gehört unstreitig zu den sonderbarsten und seltsamsten Menschen, die es je gegeben hat. Bayle rechnet ihn zu den größten Männern seiner Zeit, und seine große Menge, zum Theil mit vielem Scharfsinn ausgearbeiteten, Werke*) zeigen offenbar, daß er ein Mann von einer sehr ausgebreiteten Gelehrsamkeit und ein großer, sinnreicher Kopf gewesen sey; ob es gleich fast unerklärbar scheint, wie eben dieser Mann von einer Menge der sonderbarsten Grillen und der paradoxesten Meinungen so sehr eingenommen seyn konnte, daß er sie mit dem vollkommensten Ernst lebenslang vertheidigte. Er hat sein eigenes Leben, die ganz sonderbaren Schicksale, die er erlebt, sein ganz eigenes und bizarres Temperament, seine Tugenden und Fehler, und die mannigfaltigen schwärmerischen Grillen seiner Einbildungs-

*) Die 1663 zu Lion herausgekommene Ausgabe seiner Werke besteht aus zehn dicken Folianten.

Nachtrag. Auszug aus dem Leben H. Cardans. Jn psychologischer Ruͤcksicht.

Hieronymus Cardan, ein Mailaͤndischer Arzt, gehoͤrt unstreitig zu den sonderbarsten und seltsamsten Menschen, die es je gegeben hat. Bayle rechnet ihn zu den groͤßten Maͤnnern seiner Zeit, und seine große Menge, zum Theil mit vielem Scharfsinn ausgearbeiteten, Werke*) zeigen offenbar, daß er ein Mann von einer sehr ausgebreiteten Gelehrsamkeit und ein großer, sinnreicher Kopf gewesen sey; ob es gleich fast unerklaͤrbar scheint, wie eben dieser Mann von einer Menge der sonderbarsten Grillen und der paradoxesten Meinungen so sehr eingenommen seyn konnte, daß er sie mit dem vollkommensten Ernst lebenslang vertheidigte. Er hat sein eigenes Leben, die ganz sonderbaren Schicksale, die er erlebt, sein ganz eigenes und bizarres Temperament, seine Tugenden und Fehler, und die mannigfaltigen schwaͤrmerischen Grillen seiner Einbildungs-

*) Die 1663 zu Lion herausgekommene Ausgabe seiner Werke besteht aus zehn dicken Folianten.
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[99/0101] Nachtrag. Auszug aus dem Leben H. Cardans. Jn psychologischer Ruͤcksicht. Hieronymus Cardan, ein Mailaͤndischer Arzt, gehoͤrt unstreitig zu den sonderbarsten und seltsamsten Menschen, die es je gegeben hat. Bayle rechnet ihn zu den groͤßten Maͤnnern seiner Zeit, und seine große Menge, zum Theil mit vielem Scharfsinn ausgearbeiteten, Werke*) zeigen offenbar, daß er ein Mann von einer sehr ausgebreiteten Gelehrsamkeit und ein großer, sinnreicher Kopf gewesen sey; ob es gleich fast unerklaͤrbar scheint, wie eben dieser Mann von einer Menge der sonderbarsten Grillen und der paradoxesten Meinungen so sehr eingenommen seyn konnte, daß er sie mit dem vollkommensten Ernst lebenslang vertheidigte. Er hat sein eigenes Leben, die ganz sonderbaren Schicksale, die er erlebt, sein ganz eigenes und bizarres Temperament, seine Tugenden und Fehler, und die mannigfaltigen schwaͤrmerischen Grillen seiner Einbildungs- *) Die 1663 zu Lion herausgekommene Ausgabe seiner Werke besteht aus zehn dicken Folianten.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0601_1788/101>, abgerufen am 25.11.2024.