Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.
Auf diese Art führt also die Natur den Menschen selbst zur Schwärmerey; aber es giebt noch andere künstliche Quellen derselben. -- Wir dürfen nicht alles Wißbare, ja nicht einmal alles Wissenswürdige von der Natur kennen, wir dürfen nur die vordersten Aussenseiten ihres unermeßlichen Tempels von ferne sehen, um uns zu überzeugen, wie höchst eingeschränkt unsere Erkenntniß der Natur, und wie unzulänglich für die Befriedigung der wichtigsten und letzten Erkenntniß-Bedürfnisse sie ist. Von der ersten Ursache der Natur, ihrem Wesen, Eigenschaften, Einflusse auf die Welt und Zusammenhange mit uns, --
Auf diese Art fuͤhrt also die Natur den Menschen selbst zur Schwaͤrmerey; aber es giebt noch andere kuͤnstliche Quellen derselben. — Wir duͤrfen nicht alles Wißbare, ja nicht einmal alles Wissenswuͤrdige von der Natur kennen, wir duͤrfen nur die vordersten Aussenseiten ihres unermeßlichen Tempels von ferne sehen, um uns zu uͤberzeugen, wie hoͤchst eingeschraͤnkt unsere Erkenntniß der Natur, und wie unzulaͤnglich fuͤr die Befriedigung der wichtigsten und letzten Erkenntniß-Beduͤrfnisse sie ist. Von der ersten Ursache der Natur, ihrem Wesen, Eigenschaften, Einflusse auf die Welt und Zusammenhange mit uns, — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0039" n="39"/><lb/> bluͤhenden Blume sieht, in Fruͤhlingsluͤftchen saͤuseln, im schreckenden Donner wandeln hoͤrte. (Eine Bemerkung, welche einige der neuesten unsrer Weltweisen, vor allen andern aber der scharfsinnige Verfasser der Resultate der Jacobischen und Mendelssohnschen Philosophie beherzigen sollten, wenn sie in der Geschichte der Menschheit jene großen Begriffe schon sehr fruͤh, und oft so erhaben ausgebildet finden, und daruͤber als ein aus natuͤrlichen Ursachen unerklaͤrbares Phaͤnomen staunen, so daß sie als die erklaͤrtesten <choice><corr>Sceptiker,</corr><sic>Scoptiker</sic></choice> der Vernunft zum Trotz, eine Art von despotischen Zwangsphilosophie einfuͤhren, und uns die Offenbarungen der Bibel als eine unbezweifelbare goͤttliche Dogmatik aufdringen wollen.)</p> <p>Auf diese Art fuͤhrt also die Natur den Menschen selbst zur Schwaͤrmerey; aber es giebt noch andere kuͤnstliche Quellen derselben. —</p> <p>Wir duͤrfen nicht alles Wißbare, ja nicht einmal alles Wissenswuͤrdige von der Natur kennen, wir duͤrfen nur die vordersten Aussenseiten ihres unermeßlichen Tempels von ferne sehen, um uns zu uͤberzeugen, wie hoͤchst eingeschraͤnkt unsere Erkenntniß der Natur, und wie unzulaͤnglich fuͤr die Befriedigung der wichtigsten und letzten Erkenntniß-Beduͤrfnisse sie ist. Von der ersten Ursache der Natur, ihrem Wesen, Eigenschaften, Einflusse auf die Welt und Zusammenhange mit uns, —<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0039]
bluͤhenden Blume sieht, in Fruͤhlingsluͤftchen saͤuseln, im schreckenden Donner wandeln hoͤrte. (Eine Bemerkung, welche einige der neuesten unsrer Weltweisen, vor allen andern aber der scharfsinnige Verfasser der Resultate der Jacobischen und Mendelssohnschen Philosophie beherzigen sollten, wenn sie in der Geschichte der Menschheit jene großen Begriffe schon sehr fruͤh, und oft so erhaben ausgebildet finden, und daruͤber als ein aus natuͤrlichen Ursachen unerklaͤrbares Phaͤnomen staunen, so daß sie als die erklaͤrtesten Sceptiker, der Vernunft zum Trotz, eine Art von despotischen Zwangsphilosophie einfuͤhren, und uns die Offenbarungen der Bibel als eine unbezweifelbare goͤttliche Dogmatik aufdringen wollen.)
Auf diese Art fuͤhrt also die Natur den Menschen selbst zur Schwaͤrmerey; aber es giebt noch andere kuͤnstliche Quellen derselben. —
Wir duͤrfen nicht alles Wißbare, ja nicht einmal alles Wissenswuͤrdige von der Natur kennen, wir duͤrfen nur die vordersten Aussenseiten ihres unermeßlichen Tempels von ferne sehen, um uns zu uͤberzeugen, wie hoͤchst eingeschraͤnkt unsere Erkenntniß der Natur, und wie unzulaͤnglich fuͤr die Befriedigung der wichtigsten und letzten Erkenntniß-Beduͤrfnisse sie ist. Von der ersten Ursache der Natur, ihrem Wesen, Eigenschaften, Einflusse auf die Welt und Zusammenhange mit uns, —
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/39>, abgerufen am 16.02.2025. |