Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.
"Ach wäre ich so frey", fährt er fort, "von Vorwürfen des Spiels zu gewissen Zeiten, welches von jeher, bald mehr bald weniger meine einzige Zerstreuung war; da nur ein Zehntel der Natur in meine von Jugend auf schwache Augen fällt, da die Tonkunst mir fremd geblieben ist, und da nur wenige Arten von gesellschaftlichen Gesprächen mich unterhalten, nehmlich solche, wodurch ich merklich lernen, oder merklich lehren kann. Die von der ersten Art aber sind in meinem Alter schwer zu finden, die von der andern Art werden meinen Gesellschaftern bald unangenehm". Die Entschuldigungen seiner Spiellust, welche Herr
»Ach waͤre ich so frey«, faͤhrt er fort, »von Vorwuͤrfen des Spiels zu gewissen Zeiten, welches von jeher, bald mehr bald weniger meine einzige Zerstreuung war; da nur ein Zehntel der Natur in meine von Jugend auf schwache Augen faͤllt, da die Tonkunst mir fremd geblieben ist, und da nur wenige Arten von gesellschaftlichen Gespraͤchen mich unterhalten, nehmlich solche, wodurch ich merklich lernen, oder merklich lehren kann. Die von der ersten Art aber sind in meinem Alter schwer zu finden, die von der andern Art werden meinen Gesellschaftern bald unangenehm«. Die Entschuldigungen seiner Spiellust, welche Herr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0115" n="115"/><lb/> ner thaͤtigen Phantasie ein wichtiger, oder wichtig scheinender Gegenstand zeigte, sobald man ihm widersprach, und seine Plane verruͤckte, wich fast immer jene Cultur, jenes zu spaͤte Kunstwerk, ganz zuruͤck, und er handelte, wie ein isolirter sich selbst gelassener Naturmensch, der sich fuͤhlt, handeln wird, ohne auf die Verhaͤltnisse des uns so nothwendigen geselligen Lebens eine genaue Ruͤcksicht zu nehmen.</p> <p>»Ach waͤre ich so frey«, faͤhrt er fort, »von Vorwuͤrfen des Spiels zu gewissen Zeiten, welches von jeher, bald mehr bald weniger meine einzige Zerstreuung war; da nur ein Zehntel der Natur in meine von Jugend auf schwache Augen faͤllt, da die Tonkunst mir fremd geblieben ist, und da nur wenige Arten von gesellschaftlichen Gespraͤchen mich unterhalten, nehmlich solche, wodurch ich merklich <hi rendition="#b">lernen,</hi> oder merklich <hi rendition="#b">lehren</hi> kann. Die von der ersten Art aber sind in meinem Alter schwer zu finden, die von der andern Art werden meinen Gesellschaftern bald unangenehm«.</p> <p>Die Entschuldigungen seiner Spiellust, welche Herr <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0108"><note type="editorial">Basedow, Johann Bernhard</note>Basedow</persName></hi> hier angiebt, entschuldigen ihn sehr wegen jenes großen Hanges, der freylich leicht bey einer heftigen Gemuͤthsart, bey einer bestaͤndig regen Thaͤtigkeit der Seele, die gern unausgesetzt beschaͤftigt seyn will, ins Uebertriebene ausarten konnte, und endlich einen hohen Grad eines unsittlichen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0115]
ner thaͤtigen Phantasie ein wichtiger, oder wichtig scheinender Gegenstand zeigte, sobald man ihm widersprach, und seine Plane verruͤckte, wich fast immer jene Cultur, jenes zu spaͤte Kunstwerk, ganz zuruͤck, und er handelte, wie ein isolirter sich selbst gelassener Naturmensch, der sich fuͤhlt, handeln wird, ohne auf die Verhaͤltnisse des uns so nothwendigen geselligen Lebens eine genaue Ruͤcksicht zu nehmen.
»Ach waͤre ich so frey«, faͤhrt er fort, »von Vorwuͤrfen des Spiels zu gewissen Zeiten, welches von jeher, bald mehr bald weniger meine einzige Zerstreuung war; da nur ein Zehntel der Natur in meine von Jugend auf schwache Augen faͤllt, da die Tonkunst mir fremd geblieben ist, und da nur wenige Arten von gesellschaftlichen Gespraͤchen mich unterhalten, nehmlich solche, wodurch ich merklich lernen, oder merklich lehren kann. Die von der ersten Art aber sind in meinem Alter schwer zu finden, die von der andern Art werden meinen Gesellschaftern bald unangenehm«.
Die Entschuldigungen seiner Spiellust, welche Herr Basedow hier angiebt, entschuldigen ihn sehr wegen jenes großen Hanges, der freylich leicht bey einer heftigen Gemuͤthsart, bey einer bestaͤndig regen Thaͤtigkeit der Seele, die gern unausgesetzt beschaͤftigt seyn will, ins Uebertriebene ausarten konnte, und endlich einen hohen Grad eines unsittlichen
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/115>, abgerufen am 15.08.2024. |