Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.2. Noch ein Beitrag zu dem Leben eines reichen jungen Mannes, welcher das Stehlen und Geldborgen nicht lassen konnte (Siehe das vorhergehende Stück.)Der Hang dieses Menschen zum Stehlen und Geldleihen war auf keine Weise einzuschränken, ob man gleich alle Mittel dagegen versucht hat. Er hielt eine Menge Stockschläge aus, wenn man ihn damit wegen seines Bettelns bestrafte, und in dem nehmlichen Augenblick sprach er wieder einen Vorübergehenden um Geld an, oder bestahl seine Nachbarn. Man versuchte endlich das strengste Mittel für ihn, -- und er mußte für jedes Vergehen der Art eine Geldsumme erlegen. Er that dies jedesmahl mit einem unaussprechlichen Kampfe, und gestand oft, daß kein Mensch eine Jdee von der schmerzhaften Empfindung haben könne, die er alsdenn in sich wahrnehme, wann er, anstatt etwas zu erhalten, seinen heftigen Wunsch noch oben drein mit seinem eigenen Gelde bezahlen müßte, -- und doch war auch dieses für ihn äußerst gewaltsame Mittel nicht stark genug, seine Geldbegierde zu mäßigen. Er wurde von dieser Begierde so sehr verfolgt, daß er oft Meilen-weit ging, um in fremden Oertern 2. Noch ein Beitrag zu dem Leben eines reichen jungen Mannes, welcher das Stehlen und Geldborgen nicht lassen konnte (Siehe das vorhergehende Stuͤck.)Der Hang dieses Menschen zum Stehlen und Geldleihen war auf keine Weise einzuschraͤnken, ob man gleich alle Mittel dagegen versucht hat. Er hielt eine Menge Stockschlaͤge aus, wenn man ihn damit wegen seines Bettelns bestrafte, und in dem nehmlichen Augenblick sprach er wieder einen Voruͤbergehenden um Geld an, oder bestahl seine Nachbarn. Man versuchte endlich das strengste Mittel fuͤr ihn, — und er mußte fuͤr jedes Vergehen der Art eine Geldsumme erlegen. Er that dies jedesmahl mit einem unaussprechlichen Kampfe, und gestand oft, daß kein Mensch eine Jdee von der schmerzhaften Empfindung haben koͤnne, die er alsdenn in sich wahrnehme, wann er, anstatt etwas zu erhalten, seinen heftigen Wunsch noch oben drein mit seinem eigenen Gelde bezahlen muͤßte, — und doch war auch dieses fuͤr ihn aͤußerst gewaltsame Mittel nicht stark genug, seine Geldbegierde zu maͤßigen. Er wurde von dieser Begierde so sehr verfolgt, daß er oft Meilen-weit ging, um in fremden Oertern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0040" n="40"/><lb/><lb/> </div> <div n="3"> <head>2. Noch ein Beitrag zu dem Leben eines reichen jungen Mannes, welcher das Stehlen und Geldborgen nicht lassen konnte <note type="editorial"><bibl><persName ref="#ref2"><note type="editorial"/>Pockels, C. F.</persName></bibl></note> (Siehe das vorhergehende Stuͤck.)</head><lb/> <p>Der Hang dieses Menschen zum Stehlen und Geldleihen war auf keine Weise einzuschraͤnken, ob man gleich alle Mittel dagegen versucht hat. Er hielt eine Menge Stockschlaͤge aus, wenn man ihn damit wegen seines Bettelns bestrafte, und in dem nehmlichen Augenblick sprach er wieder einen Voruͤbergehenden um Geld an, oder bestahl seine Nachbarn. Man versuchte endlich das strengste Mittel fuͤr ihn, — und er mußte fuͤr jedes Vergehen der Art eine Geldsumme erlegen. Er that dies jedesmahl mit einem unaussprechlichen Kampfe, und gestand oft, daß kein Mensch eine Jdee von der schmerzhaften Empfindung haben koͤnne, die er alsdenn in sich wahrnehme, wann er, anstatt etwas zu erhalten, seinen heftigen Wunsch noch oben drein mit seinem eigenen Gelde bezahlen muͤßte, — und doch war auch dieses fuͤr ihn aͤußerst gewaltsame Mittel nicht stark genug, seine Geldbegierde zu maͤßigen. Er wurde von dieser Begierde so sehr verfolgt, daß er oft Meilen-weit ging, um in fremden Oertern<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0040]
2. Noch ein Beitrag zu dem Leben eines reichen jungen Mannes, welcher das Stehlen und Geldborgen nicht lassen konnte (Siehe das vorhergehende Stuͤck.)
Der Hang dieses Menschen zum Stehlen und Geldleihen war auf keine Weise einzuschraͤnken, ob man gleich alle Mittel dagegen versucht hat. Er hielt eine Menge Stockschlaͤge aus, wenn man ihn damit wegen seines Bettelns bestrafte, und in dem nehmlichen Augenblick sprach er wieder einen Voruͤbergehenden um Geld an, oder bestahl seine Nachbarn. Man versuchte endlich das strengste Mittel fuͤr ihn, — und er mußte fuͤr jedes Vergehen der Art eine Geldsumme erlegen. Er that dies jedesmahl mit einem unaussprechlichen Kampfe, und gestand oft, daß kein Mensch eine Jdee von der schmerzhaften Empfindung haben koͤnne, die er alsdenn in sich wahrnehme, wann er, anstatt etwas zu erhalten, seinen heftigen Wunsch noch oben drein mit seinem eigenen Gelde bezahlen muͤßte, — und doch war auch dieses fuͤr ihn aͤußerst gewaltsame Mittel nicht stark genug, seine Geldbegierde zu maͤßigen. Er wurde von dieser Begierde so sehr verfolgt, daß er oft Meilen-weit ging, um in fremden Oertern
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