Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.Nach diesem Lehrer, den ich nun 2 Jahre hatte, kamen wieder andere Lehrer zum Vorschein, die zugleich die alte Schulform wieder aufstellten; was soll nun aus dem Menschen werden, der sich unter so vielen Abwechselungen, die man mit seiner Bildung vornahm, und immer so entgegengesetzt waren, leidend wie ein Ball verhalten mußte? so gings mir. Was mußten nicht da für Schattirungen, für Mischungen des Characters entstehen? welcher Wirrwarr, und schiefe, unrichtige, unvollkommene Jdeen mußten das Gehirn durchkreutzen? Jst es ein Wunder, wenn so der Schwärmer erzeugt wird? Soll daraus nicht erklärbar seyn, was sich mit mir von dieser Zeit an zugetragen hat. Diese Veränderung der Lehrer und der Schulform brachte wieder all' die traurigen Anfälle jener unglücklicher Characterstimmungen zurück. Aber oft, wenn das Schicksal schwer über mir lag und meine Seele mit Kummer, Mißmuth und trübem Nachdenken erfüllte; wenn ich dann mir eine Bewegung machte, die auf etwas anderweitiges als auf den traurigen Pfad dieser alles verbitternden Gedanken führte; dann ward mirs so wohl und leicht, und Friede herrschte in meiner Seele, und mit frohem Sinne unternahm ich jedes mir aufstoßende Geschäft, wobei mich nur süßes, glückliches Wonnegefühl begleitete. Nach diesem Lehrer, den ich nun 2 Jahre hatte, kamen wieder andere Lehrer zum Vorschein, die zugleich die alte Schulform wieder aufstellten; was soll nun aus dem Menschen werden, der sich unter so vielen Abwechselungen, die man mit seiner Bildung vornahm, und immer so entgegengesetzt waren, leidend wie ein Ball verhalten mußte? so gings mir. Was mußten nicht da fuͤr Schattirungen, fuͤr Mischungen des Characters entstehen? welcher Wirrwarr, und schiefe, unrichtige, unvollkommene Jdeen mußten das Gehirn durchkreutzen? Jst es ein Wunder, wenn so der Schwaͤrmer erzeugt wird? Soll daraus nicht erklaͤrbar seyn, was sich mit mir von dieser Zeit an zugetragen hat. Diese Veraͤnderung der Lehrer und der Schulform brachte wieder all' die traurigen Anfaͤlle jener ungluͤcklicher Characterstimmungen zuruͤck. Aber oft, wenn das Schicksal schwer uͤber mir lag und meine Seele mit Kummer, Mißmuth und truͤbem Nachdenken erfuͤllte; wenn ich dann mir eine Bewegung machte, die auf etwas anderweitiges als auf den traurigen Pfad dieser alles verbitternden Gedanken fuͤhrte; dann ward mirs so wohl und leicht, und Friede herrschte in meiner Seele, und mit frohem Sinne unternahm ich jedes mir aufstoßende Geschaͤft, wobei mich nur suͤßes, gluͤckliches Wonnegefuͤhl begleitete. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0117" n="117"/><lb/> <p>Nach diesem Lehrer, den ich nun 2 Jahre hatte, kamen wieder andere Lehrer zum Vorschein, die zugleich die alte Schulform wieder aufstellten; was soll nun aus dem Menschen werden, der sich unter so vielen Abwechselungen, die man mit seiner Bildung vornahm, und immer so entgegengesetzt waren, leidend wie ein Ball verhalten mußte? so gings mir. Was mußten nicht da fuͤr Schattirungen, fuͤr Mischungen des Characters entstehen? welcher Wirrwarr, und schiefe, unrichtige, unvollkommene Jdeen mußten das Gehirn durchkreutzen? Jst es ein Wunder, wenn so der Schwaͤrmer erzeugt wird? Soll daraus nicht erklaͤrbar seyn, was sich mit mir von dieser Zeit an zugetragen hat. Diese Veraͤnderung der Lehrer und der Schulform brachte wieder all' die traurigen Anfaͤlle jener ungluͤcklicher Characterstimmungen zuruͤck.</p> <p>Aber oft, wenn das Schicksal schwer uͤber mir lag und meine Seele mit Kummer, Mißmuth und truͤbem Nachdenken erfuͤllte; wenn ich dann mir eine Bewegung machte, die auf etwas anderweitiges als auf den traurigen Pfad dieser alles verbitternden Gedanken fuͤhrte; dann ward mirs so wohl und leicht, und Friede herrschte in meiner Seele, und mit frohem Sinne unternahm ich jedes mir aufstoßende Geschaͤft, wobei mich nur suͤßes, gluͤckliches Wonnegefuͤhl begleitete.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0117]
Nach diesem Lehrer, den ich nun 2 Jahre hatte, kamen wieder andere Lehrer zum Vorschein, die zugleich die alte Schulform wieder aufstellten; was soll nun aus dem Menschen werden, der sich unter so vielen Abwechselungen, die man mit seiner Bildung vornahm, und immer so entgegengesetzt waren, leidend wie ein Ball verhalten mußte? so gings mir. Was mußten nicht da fuͤr Schattirungen, fuͤr Mischungen des Characters entstehen? welcher Wirrwarr, und schiefe, unrichtige, unvollkommene Jdeen mußten das Gehirn durchkreutzen? Jst es ein Wunder, wenn so der Schwaͤrmer erzeugt wird? Soll daraus nicht erklaͤrbar seyn, was sich mit mir von dieser Zeit an zugetragen hat. Diese Veraͤnderung der Lehrer und der Schulform brachte wieder all' die traurigen Anfaͤlle jener ungluͤcklicher Characterstimmungen zuruͤck.
Aber oft, wenn das Schicksal schwer uͤber mir lag und meine Seele mit Kummer, Mißmuth und truͤbem Nachdenken erfuͤllte; wenn ich dann mir eine Bewegung machte, die auf etwas anderweitiges als auf den traurigen Pfad dieser alles verbitternden Gedanken fuͤhrte; dann ward mirs so wohl und leicht, und Friede herrschte in meiner Seele, und mit frohem Sinne unternahm ich jedes mir aufstoßende Geschaͤft, wobei mich nur suͤßes, gluͤckliches Wonnegefuͤhl begleitete.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/117>, abgerufen am 22.07.2024. |