Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.
5. Fortsetzung der Folge meines Lebens. Nun Bruder! hab ich dich wieder. O der Wonne! daß ich dich wieder an meine Brust drücken konnte; wie süß war mir da das Leben! wie seelig, unaussprechlich seelig ergoß sich die Lust in meinen Busen, als ich an deiner Lippe hing, und ich die Freudenthränen von deinen, und du die Freudenthränen von meinen Wangen küßtest. Der seligste Moment meines Lebens, und der eben da erschien, als der Kelch meines Leidens begann voll zu werden!
5. Fortsetzung der Folge meines Lebens. Nun Bruder! hab ich dich wieder. O der Wonne! daß ich dich wieder an meine Brust druͤcken konnte; wie suͤß war mir da das Leben! wie seelig, unaussprechlich seelig ergoß sich die Lust in meinen Busen, als ich an deiner Lippe hing, und ich die Freudenthraͤnen von deinen, und du die Freudenthraͤnen von meinen Wangen kuͤßtest. Der seligste Moment meines Lebens, und der eben da erschien, als der Kelch meines Leidens begann voll zu werden! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0109" n="109"/><lb/> groͤßter Richtigkeit fort, und konnte die laͤngsten Zifferreihen, wie mans haben wollte, vor oder ruͤckwaͤrts hersagen. Er war im Stande, denen ihre Fehler sehr genau zu zeigen, die mit der Feder gerechnet hatten. Er ließ sich von zwei Personen ganz verschiedene Aufgaben unmittelbar hintereinander vorsagen, und gab nachher einem jeden die gehoͤrige Antwort, ohne sich im mindesten dabei zu verirren. Fand sich ja einmahl ein Fehler in seiner Antwort; so wiederhohlte er die ganze Rechnung und aͤnderte seinen Fehler selbst. Sein Gedaͤchtniß war ihm so getreu, daß er eine einmahl ausgerechnete Summe nach zwei Monaten noch voͤllig und ohne Anstoß wieder hersagen konnte.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="3"> <head>5. Fortsetzung der Folge meines Lebens.</head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref6"><note type="editorial"/>Schlichting, Johann Ludwig Adam</persName> </bibl> </note> <p>Nun Bruder! hab ich dich wieder. O der Wonne! daß ich dich wieder an meine Brust druͤcken konnte; wie suͤß war mir da das Leben! wie seelig, unaussprechlich seelig ergoß sich die Lust in meinen Busen, als ich an deiner Lippe hing, und ich die Freudenthraͤnen von deinen, und du die Freudenthraͤnen von meinen Wangen kuͤßtest. Der seligste Moment meines Lebens, und der eben da erschien, als der Kelch meines Leidens begann voll zu werden!<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0109]
groͤßter Richtigkeit fort, und konnte die laͤngsten Zifferreihen, wie mans haben wollte, vor oder ruͤckwaͤrts hersagen. Er war im Stande, denen ihre Fehler sehr genau zu zeigen, die mit der Feder gerechnet hatten. Er ließ sich von zwei Personen ganz verschiedene Aufgaben unmittelbar hintereinander vorsagen, und gab nachher einem jeden die gehoͤrige Antwort, ohne sich im mindesten dabei zu verirren. Fand sich ja einmahl ein Fehler in seiner Antwort; so wiederhohlte er die ganze Rechnung und aͤnderte seinen Fehler selbst. Sein Gedaͤchtniß war ihm so getreu, daß er eine einmahl ausgerechnete Summe nach zwei Monaten noch voͤllig und ohne Anstoß wieder hersagen konnte.
5. Fortsetzung der Folge meines Lebens.
Nun Bruder! hab ich dich wieder. O der Wonne! daß ich dich wieder an meine Brust druͤcken konnte; wie suͤß war mir da das Leben! wie seelig, unaussprechlich seelig ergoß sich die Lust in meinen Busen, als ich an deiner Lippe hing, und ich die Freudenthraͤnen von deinen, und du die Freudenthraͤnen von meinen Wangen kuͤßtest. Der seligste Moment meines Lebens, und der eben da erschien, als der Kelch meines Leidens begann voll zu werden!
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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