Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.les Gefühl der Schwermuth blitzschnell; oder die Vorstellung aus diesem Gefühl erst nach und nach entstanden sey? c) Wurde nicht manchmahl eine hypochondrische Grille, die eintreffen, aber auch nicht eintreffen konnte, hinterher durch eine zu lebhafte Einbildung wahr? wie es mehrere Beispiele giebt, daß Leute, die sich den und den Tag, Monat, das und das Jahr zu sterben einbildeten, um die nehmliche Zeit würklich starben, und ein Opfer ihrer angestrengten Phantasie wurden. d) Trägt mancher nicht oft, wenn die Ahndung schon erfüllt ist, in ihr dunkles Vorgefühl durch die Jmagination eine Deutlichkeit hinüber, die vorher nicht mit jenem Vorgefühl verbunden war, oder um mich deutlicher auszudrücken, bildet man sich nicht oft nach einem Unglück eine bestimmte Ahndung davon gehabt zu haben ein, die vorher sehr unbestimmt war? Wir finden überall Leute, die nach einem erlittenen Unglück gleich mit der Sprache fertig sind, das hat mir wohl geahndet, es war mir so bange ums Herz, ich hatte an keinem Orte Ruhe. - e) Welchen nahen oder fernen Einfluß hat der Zufall auf die Erfüllung einer Ahndung gehabt? Ein Umstand, den man aufs genaueste bei der Erklärung der Ahndungen erwägen müßte, selbst da, wo sie auf die pünktlichste Art in Absicht der Zeit und äußerer Situationen in Erfüllung les Gefuͤhl der Schwermuth blitzschnell; oder die Vorstellung aus diesem Gefuͤhl erst nach und nach entstanden sey? c) Wurde nicht manchmahl eine hypochondrische Grille, die eintreffen, aber auch nicht eintreffen konnte, hinterher durch eine zu lebhafte Einbildung wahr? wie es mehrere Beispiele giebt, daß Leute, die sich den und den Tag, Monat, das und das Jahr zu sterben einbildeten, um die nehmliche Zeit wuͤrklich starben, und ein Opfer ihrer angestrengten Phantasie wurden. d) Traͤgt mancher nicht oft, wenn die Ahndung schon erfuͤllt ist, in ihr dunkles Vorgefuͤhl durch die Jmagination eine Deutlichkeit hinuͤber, die vorher nicht mit jenem Vorgefuͤhl verbunden war, oder um mich deutlicher auszudruͤcken, bildet man sich nicht oft nach einem Ungluͤck eine bestimmte Ahndung davon gehabt zu haben ein, die vorher sehr unbestimmt war? Wir finden uͤberall Leute, die nach einem erlittenen Ungluͤck gleich mit der Sprache fertig sind, das hat mir wohl geahndet, es war mir so bange ums Herz, ich hatte an keinem Orte Ruhe. – e) Welchen nahen oder fernen Einfluß hat der Zufall auf die Erfuͤllung einer Ahndung gehabt? Ein Umstand, den man aufs genaueste bei der Erklaͤrung der Ahndungen erwaͤgen muͤßte, selbst da, wo sie auf die puͤnktlichste Art in Absicht der Zeit und aͤußerer Situationen in Erfuͤllung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <list> <item> <list> <item><pb facs="#f0008" n="6"/><lb/> les Gefuͤhl der <hi rendition="#b">Schwermuth</hi> blitzschnell; oder die Vorstellung aus diesem <choice><corr>Gefuͤhl</corr><sic>Sefuͤhl</sic></choice> erst <hi rendition="#b">nach und nach</hi> entstanden sey?</item> <item><hi rendition="#aq">c)</hi> Wurde nicht manchmahl eine <hi rendition="#b">hypochondrische</hi> Grille, die eintreffen, aber auch <hi rendition="#b">nicht</hi> eintreffen konnte, <hi rendition="#b">hinterher</hi> durch eine zu lebhafte Einbildung wahr? wie es mehrere Beispiele giebt, daß Leute, die sich den und den Tag, Monat, das und das Jahr zu sterben <hi rendition="#b">einbildeten,</hi> um die nehmliche Zeit wuͤrklich starben, und ein Opfer ihrer angestrengten Phantasie wurden.</item> <item><hi rendition="#aq">d)</hi><hi rendition="#b">Traͤgt</hi> mancher nicht oft, wenn die Ahndung schon erfuͤllt ist, in ihr <hi rendition="#b">dunkles</hi> Vorgefuͤhl durch die Jmagination <choice><corr>eine</corr><sic>einer</sic></choice> Deutlichkeit hinuͤber, die vorher nicht mit jenem Vorgefuͤhl verbunden war, oder um mich deutlicher auszudruͤcken, bildet man sich nicht oft <hi rendition="#b">nach</hi> einem Ungluͤck eine <hi rendition="#b">bestimmte</hi> Ahndung davon gehabt zu haben ein, die vorher sehr <hi rendition="#b">unbestimmt</hi> war? Wir finden uͤberall Leute, die nach einem erlittenen Ungluͤck gleich mit der Sprache fertig sind, das hat mir wohl geahndet, es war mir so bange ums Herz, ich hatte an keinem Orte Ruhe. –</item> <item><hi rendition="#aq">e)</hi> Welchen <hi rendition="#b">nahen</hi> oder <hi rendition="#b">fernen</hi> Einfluß hat der <hi rendition="#b">Zufall</hi> auf die Erfuͤllung einer Ahndung gehabt? Ein Umstand, den man aufs genaueste bei der Erklaͤrung der Ahndungen erwaͤgen muͤßte, selbst da, wo sie auf die puͤnktlichste Art in Absicht der Zeit und aͤußerer Situationen in Erfuͤllung<lb/></item> </list> </item> </list> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0008]
les Gefuͤhl der Schwermuth blitzschnell; oder die Vorstellung aus diesem Gefuͤhl erst nach und nach entstanden sey?
c) Wurde nicht manchmahl eine hypochondrische Grille, die eintreffen, aber auch nicht eintreffen konnte, hinterher durch eine zu lebhafte Einbildung wahr? wie es mehrere Beispiele giebt, daß Leute, die sich den und den Tag, Monat, das und das Jahr zu sterben einbildeten, um die nehmliche Zeit wuͤrklich starben, und ein Opfer ihrer angestrengten Phantasie wurden.
d) Traͤgt mancher nicht oft, wenn die Ahndung schon erfuͤllt ist, in ihr dunkles Vorgefuͤhl durch die Jmagination eine Deutlichkeit hinuͤber, die vorher nicht mit jenem Vorgefuͤhl verbunden war, oder um mich deutlicher auszudruͤcken, bildet man sich nicht oft nach einem Ungluͤck eine bestimmte Ahndung davon gehabt zu haben ein, die vorher sehr unbestimmt war? Wir finden uͤberall Leute, die nach einem erlittenen Ungluͤck gleich mit der Sprache fertig sind, das hat mir wohl geahndet, es war mir so bange ums Herz, ich hatte an keinem Orte Ruhe. –
e) Welchen nahen oder fernen Einfluß hat der Zufall auf die Erfuͤllung einer Ahndung gehabt? Ein Umstand, den man aufs genaueste bei der Erklaͤrung der Ahndungen erwaͤgen muͤßte, selbst da, wo sie auf die puͤnktlichste Art in Absicht der Zeit und aͤußerer Situationen in Erfuͤllung
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0501_1787/8>, abgerufen am 16.07.2024. |