Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.
1) Streitet ein solches Vermögen mit der natürlichen, einmahl von dem Schöpfer bestimmten Art und Weise, wie unsere Begriffe und Empfindungen entstehen; mit der Jdentität unserer Denkkraft, die durch eingeschobene Jdeen, welche in der natürlichen Folge und Verbindung unserer übrigen Begriffe keinen Grund hätten, auf eine übernatürliche Art aufgehoben werden müßte; folglich auch mit der Natur derjenigen Schlußfolge, vermöge welcher wir nur das Zukünftige durch Vergleichung der Ursach und Würkung, nie aber etwas blos Zufälliges vorhersehen können. 2) Wird dieses Vermögen bei unzähligen Menschen gar nicht bemerkt, am allerwenigsten aber NB bei aufgeklärten, hellen von Vorurtheilen freien Köpfen, so lange sie sich im Zustande des gesunden Denkens befinden. 3) Würde uns ein solches Vermögen von der Gottheit mehr zu unsrer Qual, als zu unsrer Glückseligkeit gegeben worden seyn, wie wir von den Leuten wissen, welche sich ein solches Vermögen zu haben einbilden.
1) Streitet ein solches Vermoͤgen mit der natuͤrlichen, einmahl von dem Schoͤpfer bestimmten Art und Weise, wie unsere Begriffe und Empfindungen entstehen; mit der Jdentitaͤt unserer Denkkraft, die durch eingeschobene Jdeen, welche in der natuͤrlichen Folge und Verbindung unserer uͤbrigen Begriffe keinen Grund haͤtten, auf eine uͤbernatuͤrliche Art aufgehoben werden muͤßte; folglich auch mit der Natur derjenigen Schlußfolge, vermoͤge welcher wir nur das Zukuͤnftige durch Vergleichung der Ursach und Wuͤrkung, nie aber etwas blos Zufaͤlliges vorhersehen koͤnnen. 2) Wird dieses Vermoͤgen bei unzaͤhligen Menschen gar nicht bemerkt, am allerwenigsten aber NB bei aufgeklaͤrten, hellen von Vorurtheilen freien Koͤpfen, so lange sie sich im Zustande des gesunden Denkens befinden. 3) Wuͤrde uns ein solches Vermoͤgen von der Gottheit mehr zu unsrer Qual, als zu unsrer Gluͤckseligkeit gegeben worden seyn, wie wir von den Leuten wissen, welche sich ein solches Vermoͤgen zu haben einbilden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0006" n="4"/><lb/> wenden, wobei ich zugleich auf die vortrefliche Abhandlung von <persName ref="#ref0134"><note type="editorial">Gedike, Friedrich</note>F. G.</persName> im ersten Stuͤck des dritten Bandes dieses Magazins, die <hi rendition="#b">Nichtigkeit</hi> des Ahndungsvermoͤgens etc. betitelt, verweise.</p> <list> <item>1) Streitet ein solches Vermoͤgen mit der <hi rendition="#b">natuͤrlichen,</hi> einmahl von dem Schoͤpfer bestimmten <hi rendition="#b">Art</hi> und <hi rendition="#b">Weise,</hi> wie unsere Begriffe und Empfindungen <hi rendition="#b">entstehen;</hi> mit der <hi rendition="#b">Jdentitaͤt</hi> unserer Denkkraft, die durch eingeschobene Jdeen, welche in der natuͤrlichen Folge und Verbindung unserer uͤbrigen Begriffe keinen Grund haͤtten, auf eine uͤbernatuͤrliche Art <hi rendition="#b">aufgehoben</hi> werden muͤßte; folglich auch mit der Natur derjenigen <hi rendition="#b">Schlußfolge,</hi> vermoͤge welcher wir nur das Zukuͤnftige durch <hi rendition="#b">Vergleichung</hi> der Ursach und Wuͤrkung, nie aber etwas <hi rendition="#b">blos Zufaͤlliges</hi> vorhersehen koͤnnen.</item> <item>2) Wird dieses Vermoͤgen bei unzaͤhligen Menschen <hi rendition="#b">gar nicht bemerkt,</hi> am allerwenigsten aber <hi rendition="#aq">NB</hi> bei <hi rendition="#b">aufgeklaͤrten, hellen</hi> von Vorurtheilen freien Koͤpfen, so lange sie sich im Zustande <hi rendition="#b">des gesunden</hi> Denkens befinden.</item> <item>3) Wuͤrde uns ein solches Vermoͤgen von der Gottheit mehr zu unsrer <hi rendition="#b"><choice><corr>Qual,</corr><sic>Anal,</sic></choice></hi> als zu unsrer <hi rendition="#b">Gluͤckseligkeit</hi> gegeben worden seyn, wie wir von den Leuten wissen, welche sich ein solches Vermoͤgen zu <choice><corr>haben</corr><sic>heben</sic></choice> einbilden.</item><lb/> </list> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0006]
wenden, wobei ich zugleich auf die vortrefliche Abhandlung von F. G. im ersten Stuͤck des dritten Bandes dieses Magazins, die Nichtigkeit des Ahndungsvermoͤgens etc. betitelt, verweise.
1) Streitet ein solches Vermoͤgen mit der natuͤrlichen, einmahl von dem Schoͤpfer bestimmten Art und Weise, wie unsere Begriffe und Empfindungen entstehen; mit der Jdentitaͤt unserer Denkkraft, die durch eingeschobene Jdeen, welche in der natuͤrlichen Folge und Verbindung unserer uͤbrigen Begriffe keinen Grund haͤtten, auf eine uͤbernatuͤrliche Art aufgehoben werden muͤßte; folglich auch mit der Natur derjenigen Schlußfolge, vermoͤge welcher wir nur das Zukuͤnftige durch Vergleichung der Ursach und Wuͤrkung, nie aber etwas blos Zufaͤlliges vorhersehen koͤnnen.
2) Wird dieses Vermoͤgen bei unzaͤhligen Menschen gar nicht bemerkt, am allerwenigsten aber NB bei aufgeklaͤrten, hellen von Vorurtheilen freien Koͤpfen, so lange sie sich im Zustande des gesunden Denkens befinden.
3) Wuͤrde uns ein solches Vermoͤgen von der Gottheit mehr zu unsrer Qual, als zu unsrer Gluͤckseligkeit gegeben worden seyn, wie wir von den Leuten wissen, welche sich ein solches Vermoͤgen zu haben einbilden.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0501_1787/6>, abgerufen am 16.07.2024. |