Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.
"Doch meine Plagen waren damit noch nicht alle, sondern es war noch die Spitze und der höchste Grad der Anfechtung zurücke. Nun folgten auf die mörderischen und unflätigen Gedanken die gotteslästerlichen. Es fand sich im Herzen wie ein heimlicher Grimm gegen Gott, daß ich selbst nicht wußte, ob es mein Ernst wäre, oder nicht. Ein kleiner Trost, der dabei noch übrig blieb, war, daß ich mich darüber entsetzte, und wünschte, daß dieser Grimm mit allen lästerlichen Gedanken wieder vergehen möchte. Doch das geschahe nicht bald, sondern es währte wohl bis 3 Wochen, daß mir oft wider meinen Willen unversehens einfiel: Verflucht
»Doch meine Plagen waren damit noch nicht alle, sondern es war noch die Spitze und der hoͤchste Grad der Anfechtung zuruͤcke. Nun folgten auf die moͤrderischen und unflaͤtigen Gedanken die gotteslaͤsterlichen. Es fand sich im Herzen wie ein heimlicher Grimm gegen Gott, daß ich selbst nicht wußte, ob es mein Ernst waͤre, oder nicht. Ein kleiner Trost, der dabei noch uͤbrig blieb, war, daß ich mich daruͤber entsetzte, und wuͤnschte, daß dieser Grimm mit allen laͤsterlichen Gedanken wieder vergehen moͤchte. Doch das geschahe nicht bald, sondern es waͤhrte wohl bis 3 Wochen, daß mir oft wider meinen Willen unversehens einfiel: Verflucht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0126" n="124"/><lb/> sicht, so daß ich die eine Hand mit der andern halten mußte, damit es nur nicht wuͤrklich geschehen moͤchte. Jch konnte nicht ohne innerlich Auffahren eine große Ziffer sehen <hi rendition="#aq">v.g.</hi> eine 6 oder 9; ein Spatium, wo drei oder vier Buͤcher gestanden, machte mir schon Aengstlichkeit, und konnte ich nicht ruhen, bis der Raum wieder mit Buͤchern ausgefuͤllt wurde. Jch bebte vor einem Zeddel, wenn derselbe auf einem Fenster lag, wo er sonst nicht zu liegen pflegte, und konnte nicht ruhen, bis ich ihn an seinen ordentlichen Ort wieder gelegt. Jch betete, doch meistens ohne sonderbare Bewegung, und zuweilen, wenn ich dazu schritte und niederkniete, wurde mir das Angesicht wider meinen Willen in eine solche Gestalt gebracht, wie diejenigen haben, denen ein Ding laͤcherlich vorkommt«.</p> <p>»Doch meine Plagen waren damit noch nicht alle, sondern es war noch die Spitze und der hoͤchste Grad der Anfechtung zuruͤcke. Nun folgten auf die moͤrderischen und unflaͤtigen Gedanken die gotteslaͤsterlichen. Es fand sich im Herzen wie ein heimlicher Grimm gegen Gott, daß ich selbst nicht wußte, ob es mein Ernst waͤre, oder nicht. Ein kleiner Trost, der dabei noch uͤbrig blieb, war, daß ich mich daruͤber entsetzte, und wuͤnschte, daß dieser Grimm mit allen laͤsterlichen Gedanken wieder vergehen moͤchte. Doch das geschahe nicht bald, sondern es waͤhrte wohl bis 3 Wochen, daß mir oft wider meinen Willen unversehens einfiel: Verflucht<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0126]
sicht, so daß ich die eine Hand mit der andern halten mußte, damit es nur nicht wuͤrklich geschehen moͤchte. Jch konnte nicht ohne innerlich Auffahren eine große Ziffer sehen v.g. eine 6 oder 9; ein Spatium, wo drei oder vier Buͤcher gestanden, machte mir schon Aengstlichkeit, und konnte ich nicht ruhen, bis der Raum wieder mit Buͤchern ausgefuͤllt wurde. Jch bebte vor einem Zeddel, wenn derselbe auf einem Fenster lag, wo er sonst nicht zu liegen pflegte, und konnte nicht ruhen, bis ich ihn an seinen ordentlichen Ort wieder gelegt. Jch betete, doch meistens ohne sonderbare Bewegung, und zuweilen, wenn ich dazu schritte und niederkniete, wurde mir das Angesicht wider meinen Willen in eine solche Gestalt gebracht, wie diejenigen haben, denen ein Ding laͤcherlich vorkommt«.
»Doch meine Plagen waren damit noch nicht alle, sondern es war noch die Spitze und der hoͤchste Grad der Anfechtung zuruͤcke. Nun folgten auf die moͤrderischen und unflaͤtigen Gedanken die gotteslaͤsterlichen. Es fand sich im Herzen wie ein heimlicher Grimm gegen Gott, daß ich selbst nicht wußte, ob es mein Ernst waͤre, oder nicht. Ein kleiner Trost, der dabei noch uͤbrig blieb, war, daß ich mich daruͤber entsetzte, und wuͤnschte, daß dieser Grimm mit allen laͤsterlichen Gedanken wieder vergehen moͤchte. Doch das geschahe nicht bald, sondern es waͤhrte wohl bis 3 Wochen, daß mir oft wider meinen Willen unversehens einfiel: Verflucht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |