Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0119" n="117"/><lb/> fast kein Wort mehr reden, absonderlich da sie abscheuliche Gotteslaͤsterungen ausstieß. – Jch fing schon an auf der Gasse zu erschrecken, wenn mir Leute von haͤßlichem Angesichte vorkamen, und zu denken, als ob es der Teufel selbst waͤre. Dienstags fruͤhe konnte ich vor Schwermuth nicht zu Hause bleiben, sondern lief vor Angst in das <hi rendition="#aq">philosophicum,</hi> und die Disputation, so gehalten wurde. Es war mir hoͤchst heiß um den Kopf, und das Herze auf das hoͤchste zusammengepreßt. Jch stehe und hoͤre der Disputation zu, und siehe, ehe ich michs versahe, so kriege ich die Jdee und das Bild eines Messers, das mir an die Gurgel gesetzt wird. Nicht als ob ich, (wie Menschen etwa aus Ungeduld, die des Lebens uͤberdruͤssig sind, zuweilen thun moͤgen) bei guter Ueberlegung gedacht und beschlossen haͤtte: weil du in so schreckliche Noth und Angst gerathen, so willst du dich umbringen, so kommst du von der Marter los! <hi rendition="#b">Keinesweges, sondern dieß begegnete mir schnell, wie ein Pfeil, ohne alles Denken, Raisonniren, ohne allen Schluß und Vorsatz,</hi> und wollte es dir eher muͤndlich erklaͤren und zeigen, wie dies zugeht, als mit Worten beschreiben. Wie einem etwa, der ein Lied oder ein musikalisch Stuͤck gehoͤrt, hernach, ehe er sichs versiehet, ohne Vorsatz und Entschluß daran wieder zu denken, ihm doch solches wider seinen Willen wieder einfaͤllt, so schnell entstund ein dergleichen schreckliches Bild in meinem Gehirne. So stark,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0119]
fast kein Wort mehr reden, absonderlich da sie abscheuliche Gotteslaͤsterungen ausstieß. – Jch fing schon an auf der Gasse zu erschrecken, wenn mir Leute von haͤßlichem Angesichte vorkamen, und zu denken, als ob es der Teufel selbst waͤre. Dienstags fruͤhe konnte ich vor Schwermuth nicht zu Hause bleiben, sondern lief vor Angst in das philosophicum, und die Disputation, so gehalten wurde. Es war mir hoͤchst heiß um den Kopf, und das Herze auf das hoͤchste zusammengepreßt. Jch stehe und hoͤre der Disputation zu, und siehe, ehe ich michs versahe, so kriege ich die Jdee und das Bild eines Messers, das mir an die Gurgel gesetzt wird. Nicht als ob ich, (wie Menschen etwa aus Ungeduld, die des Lebens uͤberdruͤssig sind, zuweilen thun moͤgen) bei guter Ueberlegung gedacht und beschlossen haͤtte: weil du in so schreckliche Noth und Angst gerathen, so willst du dich umbringen, so kommst du von der Marter los! Keinesweges, sondern dieß begegnete mir schnell, wie ein Pfeil, ohne alles Denken, Raisonniren, ohne allen Schluß und Vorsatz, und wollte es dir eher muͤndlich erklaͤren und zeigen, wie dies zugeht, als mit Worten beschreiben. Wie einem etwa, der ein Lied oder ein musikalisch Stuͤck gehoͤrt, hernach, ehe er sichs versiehet, ohne Vorsatz und Entschluß daran wieder zu denken, ihm doch solches wider seinen Willen wieder einfaͤllt, so schnell entstund ein dergleichen schreckliches Bild in meinem Gehirne. So stark,
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