Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0115" n="113"/><lb/> handelt wird, waren faͤhig meinen traurigen Humeur noch mehr zu erregen; und noch einen groͤssern Eindruck in meine betruͤbte und bekuͤmmerte Seele machte das <hi rendition="#b">verlorne Schaͤflein</hi> des Herrn Scrivers. (Daß doch alle solche abgeschmackte Buͤcher, welche schon manchen Menschen wo nicht ganz, doch halb verruͤckt gemacht haben, auf immer verbrannt werden moͤchten!) Das schreckliche Exempel des Menschen, der sich dem Teufel verschrieben, und kuͤmmerlich wieder zurechte gebracht worden, und doch hernach wieder zuruͤckgefallen, imgleichen die andern Historien von entsetzlichen Suͤndenfaͤllen großer Uebelthaͤter, die zum Theil ein Ende mit Schrecken genommen etc., waren ein rechtes Oehl in das Feuer meines Gewissens. – Wer weiß, wie es dir noch gehen wird, dachte ich, und ob es nicht auch einmahl mit dir ein solches Ende nehmen wird. (Eine fast allgemeine Gewohnheit des Hypochondristen, sich alle die Leiden einzubilden, die Andere gehabt haben.) Eine von meinen Schwestern, faͤhrt er fort, hatte Hochzeit. Mitten unter der hochzeitlichen Freude der andern Gaͤste uͤberfiel mich eine heftigeTraurigkeit. Die Wehmuth nahm je mehr und mehr bei mir zu, ich konnte unmoͤglich laͤnger bei der Compagnie bleiben; sondern stahl mich von den Hochzeitgaͤsten weg, und ging auf das freie Feld, und ließ meinen Thraͤnen freien Lauf, die auch so haͤufig waren, daß ich mich darinnen haͤtte baden koͤnnen. Es war nichts auf<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0115]
handelt wird, waren faͤhig meinen traurigen Humeur noch mehr zu erregen; und noch einen groͤssern Eindruck in meine betruͤbte und bekuͤmmerte Seele machte das verlorne Schaͤflein des Herrn Scrivers. (Daß doch alle solche abgeschmackte Buͤcher, welche schon manchen Menschen wo nicht ganz, doch halb verruͤckt gemacht haben, auf immer verbrannt werden moͤchten!) Das schreckliche Exempel des Menschen, der sich dem Teufel verschrieben, und kuͤmmerlich wieder zurechte gebracht worden, und doch hernach wieder zuruͤckgefallen, imgleichen die andern Historien von entsetzlichen Suͤndenfaͤllen großer Uebelthaͤter, die zum Theil ein Ende mit Schrecken genommen etc., waren ein rechtes Oehl in das Feuer meines Gewissens. – Wer weiß, wie es dir noch gehen wird, dachte ich, und ob es nicht auch einmahl mit dir ein solches Ende nehmen wird. (Eine fast allgemeine Gewohnheit des Hypochondristen, sich alle die Leiden einzubilden, die Andere gehabt haben.) Eine von meinen Schwestern, faͤhrt er fort, hatte Hochzeit. Mitten unter der hochzeitlichen Freude der andern Gaͤste uͤberfiel mich eine heftigeTraurigkeit. Die Wehmuth nahm je mehr und mehr bei mir zu, ich konnte unmoͤglich laͤnger bei der Compagnie bleiben; sondern stahl mich von den Hochzeitgaͤsten weg, und ging auf das freie Feld, und ließ meinen Thraͤnen freien Lauf, die auch so haͤufig waren, daß ich mich darinnen haͤtte baden koͤnnen. Es war nichts auf
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