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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.

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Wort der Rechthaberei, des Trotzes, der übeln Laune, des Muthwillens aus meiner Seele auf ewig vertilgen! Nichts quält mich mehr, als daß ich manchmahl ihm eine bittere Minute gemacht habe; nichts kann mich jetzt mehr gegen einen Menschen aufbringen, als wenn ich sehe und höre, daß er gegen seine Eltern - nur gegen ihr Andenken gleichgültig ist, - ich erbebe, wenn ich daran denke: daß es wohl einmahl meine Kinder gegen mich seyn könnten.

Noch einen höhern Grad der Gleichgültigkeit, als ich sonst gegen meine Eltern fühlte, habe ich lange Zeit gegen meine Geschwister empfunden. Sie hatten mich oft, ehe ich mich zur Wehre stellen konnte, hart behandelt, und die Eindrücke davon konnte ich durchaus nicht in meiner Seele verlöschen. Mein Witz fand tausenderlei Lächerlichkeiten an ihnen, und ich beneidete sie wegen der geringsten Vorzüge, ob ich gleich mich manchmahl heimlich freuen konnte, wenn sie von Andern vorgezogen wurden. Nichts habe ich in meiner Jugend mehr gewünscht, als daß meine Schwestern reiche Männer heurathen möchten, und meine Phantasie war geschäftig genug, mir die schönsten Luftschlösser deßhalb aufbauen zu helfen.

B. am Rhein.

(Die Fortsetzung folgt.)



Wort der Rechthaberei, des Trotzes, der uͤbeln Laune, des Muthwillens aus meiner Seele auf ewig vertilgen! Nichts quaͤlt mich mehr, als daß ich manchmahl ihm eine bittere Minute gemacht habe; nichts kann mich jetzt mehr gegen einen Menschen aufbringen, als wenn ich sehe und hoͤre, daß er gegen seine Eltern – nur gegen ihr Andenken gleichguͤltig ist, – ich erbebe, wenn ich daran denke: daß es wohl einmahl meine Kinder gegen mich seyn koͤnnten.

Noch einen hoͤhern Grad der Gleichguͤltigkeit, als ich sonst gegen meine Eltern fuͤhlte, habe ich lange Zeit gegen meine Geschwister empfunden. Sie hatten mich oft, ehe ich mich zur Wehre stellen konnte, hart behandelt, und die Eindruͤcke davon konnte ich durchaus nicht in meiner Seele verloͤschen. Mein Witz fand tausenderlei Laͤcherlichkeiten an ihnen, und ich beneidete sie wegen der geringsten Vorzuͤge, ob ich gleich mich manchmahl heimlich freuen konnte, wenn sie von Andern vorgezogen wurden. Nichts habe ich in meiner Jugend mehr gewuͤnscht, als daß meine Schwestern reiche Maͤnner heurathen moͤchten, und meine Phantasie war geschaͤftig genug, mir die schoͤnsten Luftschloͤsser deßhalb aufbauen zu helfen.

B. am Rhein.

(Die Fortsetzung folgt.)


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[99/0101] Wort der Rechthaberei, des Trotzes, der uͤbeln Laune, des Muthwillens aus meiner Seele auf ewig vertilgen! Nichts quaͤlt mich mehr, als daß ich manchmahl ihm eine bittere Minute gemacht habe; nichts kann mich jetzt mehr gegen einen Menschen aufbringen, als wenn ich sehe und hoͤre, daß er gegen seine Eltern – nur gegen ihr Andenken gleichguͤltig ist, – ich erbebe, wenn ich daran denke: daß es wohl einmahl meine Kinder gegen mich seyn koͤnnten. Noch einen hoͤhern Grad der Gleichguͤltigkeit, als ich sonst gegen meine Eltern fuͤhlte, habe ich lange Zeit gegen meine Geschwister empfunden. Sie hatten mich oft, ehe ich mich zur Wehre stellen konnte, hart behandelt, und die Eindruͤcke davon konnte ich durchaus nicht in meiner Seele verloͤschen. Mein Witz fand tausenderlei Laͤcherlichkeiten an ihnen, und ich beneidete sie wegen der geringsten Vorzuͤge, ob ich gleich mich manchmahl heimlich freuen konnte, wenn sie von Andern vorgezogen wurden. Nichts habe ich in meiner Jugend mehr gewuͤnscht, als daß meine Schwestern reiche Maͤnner heurathen moͤchten, und meine Phantasie war geschaͤftig genug, mir die schoͤnsten Luftschloͤsser deßhalb aufbauen zu helfen. B. am Rhein. (Die Fortsetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0501_1787/101>, abgerufen am 25.11.2024.