Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0080" n="80"/><lb/> solche giebt, wuͤrden, wie ich glaube, mehr in Ruͤcksicht des prophetischen Gefuͤhls unserer Seele wichtig seyn, als in so fern es Traͤume sind. Jch setze mit Vorbedacht hinzu, wenn es wirklich solche giebt. Traͤume, die in den Augen Unwissender und alter aberglaͤubischer Weiber <hi rendition="#b">was bedeuten,</hi> werden gewiß in jeder Nacht viele tausende getraͤumt. Aber obgleich manche davon von Zeit zu Zeit wohl eintreffen, und sie sich daher gewiß noch lange in ihrem Rufe erhalten werden, so verdienen sie, ohne weitere Gruͤnde, wohl eben nicht hieher gerechnet zu werden. Aber auch selbst die merkwuͤrdigen, ungewoͤhnlichen sind und bleiben eben, wie Ahndungen uͤberhaupt, immer unsicher, um so mehr, weil man selbst nicht einmahl der Erzaͤhlung dessen, der sie gehabt hat, als untruͤglich glauben kann. Man weiß, wie sehr wallendes Blut und gereitzte Nerven auf die Einbildungskraft wirken, und wie leicht auch den Vernuͤnftigen eine erregte Einbildungskraft taͤuscht; wie leicht sie halbempfundene Dinge, ohne es zu wissen, weiter ausmahlt, und eine Jdee mehrere andre verwandte erweckt, und ohne sich's bewust zu seyn, mit sich verbindet. Dazu koͤmmt noch, daß meistens solche merkwuͤrdige Traͤume erst dann erzaͤhlt werden, wenn sie schon eingetroffen sind, oder an <choice><corr>dem</corr><sic>den</sic></choice> sind einzutreffen, und wenn man denn den Zwischenraum der Zeit, die leichte Verwechselung der Jdeen, die Taͤuschung unsers Gedaͤchtnisses abrechnet, so wird manches<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0080]
solche giebt, wuͤrden, wie ich glaube, mehr in Ruͤcksicht des prophetischen Gefuͤhls unserer Seele wichtig seyn, als in so fern es Traͤume sind. Jch setze mit Vorbedacht hinzu, wenn es wirklich solche giebt. Traͤume, die in den Augen Unwissender und alter aberglaͤubischer Weiber was bedeuten, werden gewiß in jeder Nacht viele tausende getraͤumt. Aber obgleich manche davon von Zeit zu Zeit wohl eintreffen, und sie sich daher gewiß noch lange in ihrem Rufe erhalten werden, so verdienen sie, ohne weitere Gruͤnde, wohl eben nicht hieher gerechnet zu werden. Aber auch selbst die merkwuͤrdigen, ungewoͤhnlichen sind und bleiben eben, wie Ahndungen uͤberhaupt, immer unsicher, um so mehr, weil man selbst nicht einmahl der Erzaͤhlung dessen, der sie gehabt hat, als untruͤglich glauben kann. Man weiß, wie sehr wallendes Blut und gereitzte Nerven auf die Einbildungskraft wirken, und wie leicht auch den Vernuͤnftigen eine erregte Einbildungskraft taͤuscht; wie leicht sie halbempfundene Dinge, ohne es zu wissen, weiter ausmahlt, und eine Jdee mehrere andre verwandte erweckt, und ohne sich's bewust zu seyn, mit sich verbindet. Dazu koͤmmt noch, daß meistens solche merkwuͤrdige Traͤume erst dann erzaͤhlt werden, wenn sie schon eingetroffen sind, oder an dem sind einzutreffen, und wenn man denn den Zwischenraum der Zeit, die leichte Verwechselung der Jdeen, die Taͤuschung unsers Gedaͤchtnisses abrechnet, so wird manches
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