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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

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Nach jenem Gebet wurde sogleich eine kurze Wiederholung der Lectionen des vorigen Tages angestellt. Schack mußte hier unter Anführung seines Vaters eine Uebersicht über den jedesmaligen Zuwachs seiner neuen Jdeen halten. Eine Methode, die gewiß sehr vernünftig war, indem sie nicht nur die Aufmerksamkeit des Schülers beförderte, sondern auch nach und nach einigen Zusammenhang in das Gebäude seiner Begriffe brachte. Fluur war sehr für ein genaues Repetiren des Gelernten; aber gar nicht für jenes unsinnige Zusammenpfropfen von Schulkenntnissen, wobei es im Kopfe selten helle wird. Nichts lag dem guten Vater mehr am Herzen, als seinem Sohne von allen ihm vorkommenden Dingen, so viel möglich, deutliche Begriffe beizubringen, und ihn ans Selbstdenken zu gewöhnen. Um hierin seinen Verstand zu üben, gab er ihm täglich einen oder mehrere körperliche Gegenstände auf, deren einzelne Merkmahle er aufsuchen, und endlich aus den wesentlichsten eine Definition des Ganzen zusammensetzen mußte. Diese logische Uebung, welche auch der Herr von Rochow unter seinen Bauerkindern zur Schärfung ihres Verstandes mit dem glücklichsten Erfolg eingeführt hat, ist von unläugbarem Nutzen, so wenig sie auch in den meisten Schulen gebraucht wird. Sie befördert den Beobachtungsgeist junger Leute, die gemeiniglich Alles nur obenhin ansehen, und lehrt sie nach und nach Selbster-


Nach jenem Gebet wurde sogleich eine kurze Wiederholung der Lectionen des vorigen Tages angestellt. Schack mußte hier unter Anfuͤhrung seines Vaters eine Uebersicht uͤber den jedesmaligen Zuwachs seiner neuen Jdeen halten. Eine Methode, die gewiß sehr vernuͤnftig war, indem sie nicht nur die Aufmerksamkeit des Schuͤlers befoͤrderte, sondern auch nach und nach einigen Zusammenhang in das Gebaͤude seiner Begriffe brachte. Fluur war sehr fuͤr ein genaues Repetiren des Gelernten; aber gar nicht fuͤr jenes unsinnige Zusammenpfropfen von Schulkenntnissen, wobei es im Kopfe selten helle wird. Nichts lag dem guten Vater mehr am Herzen, als seinem Sohne von allen ihm vorkommenden Dingen, so viel moͤglich, deutliche Begriffe beizubringen, und ihn ans Selbstdenken zu gewoͤhnen. Um hierin seinen Verstand zu uͤben, gab er ihm taͤglich einen oder mehrere koͤrperliche Gegenstaͤnde auf, deren einzelne Merkmahle er aufsuchen, und endlich aus den wesentlichsten eine Definition des Ganzen zusammensetzen mußte. Diese logische Uebung, welche auch der Herr von Rochow unter seinen Bauerkindern zur Schaͤrfung ihres Verstandes mit dem gluͤcklichsten Erfolg eingefuͤhrt hat, ist von unlaͤugbarem Nutzen, so wenig sie auch in den meisten Schulen gebraucht wird. Sie befoͤrdert den Beobachtungsgeist junger Leute, die gemeiniglich Alles nur obenhin ansehen, und lehrt sie nach und nach Selbster-

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[69/0069] Nach jenem Gebet wurde sogleich eine kurze Wiederholung der Lectionen des vorigen Tages angestellt. Schack mußte hier unter Anfuͤhrung seines Vaters eine Uebersicht uͤber den jedesmaligen Zuwachs seiner neuen Jdeen halten. Eine Methode, die gewiß sehr vernuͤnftig war, indem sie nicht nur die Aufmerksamkeit des Schuͤlers befoͤrderte, sondern auch nach und nach einigen Zusammenhang in das Gebaͤude seiner Begriffe brachte. Fluur war sehr fuͤr ein genaues Repetiren des Gelernten; aber gar nicht fuͤr jenes unsinnige Zusammenpfropfen von Schulkenntnissen, wobei es im Kopfe selten helle wird. Nichts lag dem guten Vater mehr am Herzen, als seinem Sohne von allen ihm vorkommenden Dingen, so viel moͤglich, deutliche Begriffe beizubringen, und ihn ans Selbstdenken zu gewoͤhnen. Um hierin seinen Verstand zu uͤben, gab er ihm taͤglich einen oder mehrere koͤrperliche Gegenstaͤnde auf, deren einzelne Merkmahle er aufsuchen, und endlich aus den wesentlichsten eine Definition des Ganzen zusammensetzen mußte. Diese logische Uebung, welche auch der Herr von Rochow unter seinen Bauerkindern zur Schaͤrfung ihres Verstandes mit dem gluͤcklichsten Erfolg eingefuͤhrt hat, ist von unlaͤugbarem Nutzen, so wenig sie auch in den meisten Schulen gebraucht wird. Sie befoͤrdert den Beobachtungsgeist junger Leute, die gemeiniglich Alles nur obenhin ansehen, und lehrt sie nach und nach Selbster-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/69>, abgerufen am 22.11.2024.