Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>


sich, so wie hier, die Grenzen ineinander zu verlieren scheinen. -- --

Der Aufsatz vom Herrn Spatzier im zweiten Stück des dritten Bandes S. 93 bis 114 enthält einige vortrefliche pädagogische Bemerkungen, in wie fern Erzieher der ersten Quelle der öfters sonderbaren Gewohnheiten, Neigungen und Abweichungen nachspüren, und bei der Ausrottung schädlicher und Empfangung guter Neigungen, immer wo möglich, einen Hinblick auf ihr ganzes Selbst, besonders auf die Umstände, die Gesellschaft, und auf die Personen werfen sollen, die sie zuerst umgaben, und von denen sie den ersten Gebrauch ihrer Sinnen lernten.

Herr Sp. führt das Beispiel eines Knaben an, der sich sonst nie durch Reitzbarkeit und Schnelligkeit der Empfindung im mindesten ausgezeichnet hatte, und nun auf einmal durch eine ganz simple Melodie so äußerst lebhaft gerührt wurde, daß er unwillkührlich die größten ihm sonst nie gewöhnlichen Ausschweifungen beging; welches Herr Sp. sich nicht anders zu erklären weiß, als daß in seiner frühesten Kindheit etwa eine ähnliche Melodie, die ihm seine Mutter oder seine Amme vorgesungen haben kann, sich in seiner zarten Seele festgesetzt hatte, und nun durch den Zufall wieder aufgeweckt wurde, und in eine lebhafte Empfindung überging.

Herr Sp. betrachtet nun ferner die Materie von den Erinnerungen aus den frühesten Jahren der


sich, so wie hier, die Grenzen ineinander zu verlieren scheinen. — —

Der Aufsatz vom Herrn Spatzier im zweiten Stuͤck des dritten Bandes S. 93 bis 114 enthaͤlt einige vortrefliche paͤdagogische Bemerkungen, in wie fern Erzieher der ersten Quelle der oͤfters sonderbaren Gewohnheiten, Neigungen und Abweichungen nachspuͤren, und bei der Ausrottung schaͤdlicher und Empfangung guter Neigungen, immer wo moͤglich, einen Hinblick auf ihr ganzes Selbst, besonders auf die Umstaͤnde, die Gesellschaft, und auf die Personen werfen sollen, die sie zuerst umgaben, und von denen sie den ersten Gebrauch ihrer Sinnen lernten.

Herr Sp. fuͤhrt das Beispiel eines Knaben an, der sich sonst nie durch Reitzbarkeit und Schnelligkeit der Empfindung im mindesten ausgezeichnet hatte, und nun auf einmal durch eine ganz simple Melodie so aͤußerst lebhaft geruͤhrt wurde, daß er unwillkuͤhrlich die groͤßten ihm sonst nie gewoͤhnlichen Ausschweifungen beging; welches Herr Sp. sich nicht anders zu erklaͤren weiß, als daß in seiner fruͤhesten Kindheit etwa eine aͤhnliche Melodie, die ihm seine Mutter oder seine Amme vorgesungen haben kann, sich in seiner zarten Seele festgesetzt hatte, und nun durch den Zufall wieder aufgeweckt wurde, und in eine lebhafte Empfindung uͤberging.

Herr Sp. betrachtet nun ferner die Materie von den Erinnerungen aus den fruͤhesten Jahren der 

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0013" n="13"/><lb/>
sich, <hi rendition="#b">so                             wie hier,</hi> die Grenzen ineinander zu verlieren scheinen. &#x2014; &#x2014; </p>
          <p>Der Aufsatz vom <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0079"><note type="editorial">Spazier, Karl</note>Herrn Spatzier</persName></hi> im zweiten Stu&#x0364;ck des dritten                         Bandes S. 93 bis 114 entha&#x0364;lt einige vortrefliche pa&#x0364;dagogische Bemerkungen,                         in wie fern Erzieher der <hi rendition="#b">ersten Quelle</hi> der o&#x0364;fters                         sonderbaren Gewohnheiten, Neigungen und Abweichungen nachspu&#x0364;ren, und bei der                         Ausrottung scha&#x0364;dlicher und Empfangung guter Neigungen, immer wo mo&#x0364;glich,                         einen Hinblick auf ihr <hi rendition="#b">ganzes Selbst,</hi> besonders auf                         die Umsta&#x0364;nde, die Gesellschaft, und auf die Personen werfen sollen, die sie <hi rendition="#b">zuerst</hi> umgaben, und von denen sie den <hi rendition="#b">ersten Gebrauch ihrer Sinnen</hi> lernten.</p>
          <p><persName ref="#ref0079"><note type="editorial">Spazier, Karl</note>Herr Sp.</persName> fu&#x0364;hrt das                         Beispiel eines Knaben an, der sich sonst nie durch Reitzbarkeit und                         Schnelligkeit der Empfindung im mindesten ausgezeichnet hatte, und nun auf                         einmal durch eine ganz simple Melodie so a&#x0364;ußerst lebhaft geru&#x0364;hrt wurde, daß                         er unwillku&#x0364;hrlich die gro&#x0364;ßten ihm sonst nie gewo&#x0364;hnlichen <choice><corr>Ausschweifungen</corr><sic>Ansschweifungen</sic></choice> beging; welches <persName ref="#ref0079"><note type="editorial">Spazier, Karl</note>Herr Sp.</persName> sich nicht anders                         zu erkla&#x0364;ren weiß, als daß in seiner fru&#x0364;hesten Kindheit etwa eine a&#x0364;hnliche                         Melodie, die ihm seine Mutter oder seine Amme vorgesungen haben kann, sich                         in seiner zarten Seele festgesetzt hatte, und nun durch den Zufall wieder                         aufgeweckt wurde, und in eine lebhafte Empfindung u&#x0364;berging.</p>
          <p><persName ref="#ref0079"><note type="editorial">Spazier, Karl</note>Herr Sp.</persName> betrachtet                         nun ferner die Materie von den Erinnerungen aus den fru&#x0364;hesten Jahren der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0013] sich, so wie hier, die Grenzen ineinander zu verlieren scheinen. — — Der Aufsatz vom Herrn Spatzier im zweiten Stuͤck des dritten Bandes S. 93 bis 114 enthaͤlt einige vortrefliche paͤdagogische Bemerkungen, in wie fern Erzieher der ersten Quelle der oͤfters sonderbaren Gewohnheiten, Neigungen und Abweichungen nachspuͤren, und bei der Ausrottung schaͤdlicher und Empfangung guter Neigungen, immer wo moͤglich, einen Hinblick auf ihr ganzes Selbst, besonders auf die Umstaͤnde, die Gesellschaft, und auf die Personen werfen sollen, die sie zuerst umgaben, und von denen sie den ersten Gebrauch ihrer Sinnen lernten. Herr Sp. fuͤhrt das Beispiel eines Knaben an, der sich sonst nie durch Reitzbarkeit und Schnelligkeit der Empfindung im mindesten ausgezeichnet hatte, und nun auf einmal durch eine ganz simple Melodie so aͤußerst lebhaft geruͤhrt wurde, daß er unwillkuͤhrlich die groͤßten ihm sonst nie gewoͤhnlichen Ausschweifungen beging; welches Herr Sp. sich nicht anders zu erklaͤren weiß, als daß in seiner fruͤhesten Kindheit etwa eine aͤhnliche Melodie, die ihm seine Mutter oder seine Amme vorgesungen haben kann, sich in seiner zarten Seele festgesetzt hatte, und nun durch den Zufall wieder aufgeweckt wurde, und in eine lebhafte Empfindung uͤberging. Herr Sp. betrachtet nun ferner die Materie von den Erinnerungen aus den fruͤhesten Jahren der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/13
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/13>, abgerufen am 24.11.2024.