Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.
Der gute Fluur klagte sein Leiden oft den Jnspektor des Kirchsprengels Frosch; aber er wurde nicht gehört. Der Jnspektor war der hohe Gönner aller Schulmeister, die ihm allerlei Neuigkeiten von seinen Predigern brachten, auch P** war sein Spion, und Fluur konnte also nichts ausrichten. -- Der Jnspektor gehörte unter diejenigen verachtungswürdigen Menschen, welche in ihrer Jugend allen Ausschweifungen ergeben sind, und im Alter Heuchler und Pietisten werden. Jn Jena hatte Frosch das liederlichste Leben geführt, war aber demohnerachtet durch das Ansehn seines Vaters gleich nach seiner Zurückkunft von der Akademie Prediger geworden, und hatte bald darauf die Aufsicht über eine wichtige deutsche Schulanstalt erhalten, über
Der gute Fluur klagte sein Leiden oft den Jnspektor des Kirchsprengels Frosch; aber er wurde nicht gehoͤrt. Der Jnspektor war der hohe Goͤnner aller Schulmeister, die ihm allerlei Neuigkeiten von seinen Predigern brachten, auch P** war sein Spion, und Fluur konnte also nichts ausrichten. — Der Jnspektor gehoͤrte unter diejenigen verachtungswuͤrdigen Menschen, welche in ihrer Jugend allen Ausschweifungen ergeben sind, und im Alter Heuchler und Pietisten werden. Jn Jena hatte Frosch das liederlichste Leben gefuͤhrt, war aber demohnerachtet durch das Ansehn seines Vaters gleich nach seiner Zuruͤckkunft von der Akademie Prediger geworden, und hatte bald darauf die Aufsicht uͤber eine wichtige deutsche Schulanstalt erhalten, uͤber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0116" n="116"/><lb/> umknickte, oder wenigstens beschaͤdigte. Seine Zunge war unaufhoͤrlich geschaͤftig, ihn zu verlaͤumden, und die unschuldigsten Vergnuͤgungen, die sich der alte Fluur mit seinen Kindern machte, als Unanstaͤndigkeiten auszuposaunen; — ja er nahm sichs sogar bisweilen heraus, ihm auf eine unschickliche und grobe Art beim oͤffentlichen Gottesdienste zu widersprechen, wenn Fluur uͤber die schlechte Beschaffenheit der Dorfschule klagte, und Mittel zu ihrer Verbesserung vorschlug. Kurz es ist unbeschreiblich und uͤbersteigt allen Glauben, wie sehr dieser boͤse Mensch die Tage seines rechtschaffenen Predigers verbitterte, und wie vielen Schaden sein boͤses Herz in der Gemeine stiftete. — </p> <p>Der gute Fluur klagte sein Leiden oft den Jnspektor des Kirchsprengels Frosch; aber er wurde nicht gehoͤrt. Der Jnspektor war der hohe Goͤnner aller Schulmeister, die ihm allerlei Neuigkeiten von seinen Predigern brachten, auch <hi rendition="#b">P**</hi> war sein Spion, und Fluur konnte also nichts ausrichten. — </p> <p>Der Jnspektor gehoͤrte unter diejenigen verachtungswuͤrdigen Menschen, welche in ihrer Jugend allen Ausschweifungen ergeben sind, und im Alter Heuchler und Pietisten werden. Jn Jena hatte Frosch das liederlichste Leben gefuͤhrt, war aber demohnerachtet durch das Ansehn seines Vaters gleich nach seiner Zuruͤckkunft von der Akademie Prediger geworden, und hatte bald darauf die Aufsicht uͤber eine wichtige deutsche Schulanstalt erhalten, uͤber<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0116]
umknickte, oder wenigstens beschaͤdigte. Seine Zunge war unaufhoͤrlich geschaͤftig, ihn zu verlaͤumden, und die unschuldigsten Vergnuͤgungen, die sich der alte Fluur mit seinen Kindern machte, als Unanstaͤndigkeiten auszuposaunen; — ja er nahm sichs sogar bisweilen heraus, ihm auf eine unschickliche und grobe Art beim oͤffentlichen Gottesdienste zu widersprechen, wenn Fluur uͤber die schlechte Beschaffenheit der Dorfschule klagte, und Mittel zu ihrer Verbesserung vorschlug. Kurz es ist unbeschreiblich und uͤbersteigt allen Glauben, wie sehr dieser boͤse Mensch die Tage seines rechtschaffenen Predigers verbitterte, und wie vielen Schaden sein boͤses Herz in der Gemeine stiftete. —
Der gute Fluur klagte sein Leiden oft den Jnspektor des Kirchsprengels Frosch; aber er wurde nicht gehoͤrt. Der Jnspektor war der hohe Goͤnner aller Schulmeister, die ihm allerlei Neuigkeiten von seinen Predigern brachten, auch P** war sein Spion, und Fluur konnte also nichts ausrichten. —
Der Jnspektor gehoͤrte unter diejenigen verachtungswuͤrdigen Menschen, welche in ihrer Jugend allen Ausschweifungen ergeben sind, und im Alter Heuchler und Pietisten werden. Jn Jena hatte Frosch das liederlichste Leben gefuͤhrt, war aber demohnerachtet durch das Ansehn seines Vaters gleich nach seiner Zuruͤckkunft von der Akademie Prediger geworden, und hatte bald darauf die Aufsicht uͤber eine wichtige deutsche Schulanstalt erhalten, uͤber
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